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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 30.03.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 94

 

Stellen wir fest, meine Damen und Herren, Punkt 1: Wir erleben einen Angriffskrieg, darüber brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren. Wir erleben eine Katastrophe für die Menschen in der Ukraine, wir erleben einen Wahnsinn, den Wahnsinn des Krieges. Viele von uns haben geglaubt, dass uns das nie wieder beschäftigen wird, ein paar wenige von uns haben vielleicht anders gedacht, und zwar nicht nur, weil sie es wollen, sondern weil sie vielleicht realistischer sind. Dieser Angriffskrieg hat auch einen Namen, und auch den muss man sagen, das ist ganz klar, das sind die Eliten der Russischen Föderation rund um Wladimir Putin, keine Frage, das ist die Verantwortung dieser Herrschaften.

 

Dieser Angriffskrieg findet mitten in Europa statt. Das ist nicht weit weg von uns. Es gibt in Lemberg Beschuss - das hat einmal zu Österreich-Ungarn gehört, das ist uns also nicht fremd, ganz im Gegenteil. Viele, also so viele meiner Vorredner waren es noch nicht, aber manche meiner Vorrednerinnen, vor allem, haben gemeint, wir hatten in Europa das Privileg, jetzt lange keinen Krieg zu haben.

 

Ich erzähle Ihnen eine Geschichte aus meiner Familie. Mein Bruder ist um zweieinhalb Jahre älter als ich, das heißt, er ist dieses Jahr 50 geworden und hat vor gar nicht allzu langer Zeit, sage ich einmal, einen Orden des Österreichischen Bundesheeres für den Einsatz im Krieg bekommen. Das heißt, in Europa hat es sehr wohl kriegerische Auseinandersetzungen gegeben. Darum ist es auch die Frage, wie man Europa definiert. Was gehört alles dazu? Da gibt es großzügigere Definitionen und kleinere.

 

Ich erzähle das nicht, weil ich meinen Bruder herausstreichen will, ich möchte Ihnen nur sagen, ich habe das miterlebt habe: Krieg in Europa, an der österreichischen Grenze. Mein Bruder war in seiner Präsenzzeit in Zeltweg bei der Fliegerabwehr und hat die österreichische Grenze während des Jugoslawien-Krieges gesichert. Krieg ist leider Gottes eine Tatsache, der man sich nicht verschließen darf. Wir alle stehen dafür, dass es das nicht geben soll, nur sollten wir realistisch bleiben.

 

Zweitens, das wurde schon von einer Vorrednerin angesprochen: Die Wehrhaftigkeit der Ukrainer ist erstaunlich und beeindruckend. Überlegen Sie mal kurze Zeit, wie das bei uns in Österreich sein würde. Die Wehrhaftigkeit der Ukrainer ist erstaunlich und bewundernswert, ich unterstreiche das drei Mal.

 

Wir haben, das wurde schon angesprochen, in Europa die Entwicklung nicht verschlafen - dies vielleicht zur Korrektur -, wir haben sie so gewollt. Da blicke ich vor allem in die linke Reichshälfte, es war gewollt, dass unser Bundesheer finanziell dasteht, wie es dasteht, es war gewollt, dass die verfassungsmäßige, umfassende Landesverteidigung, die wir uns selbst auferlegt haben, zur Lächerlichkeit verkommt. Das muss man so, wie es ist, deutlich sagen. Wenn das jetzt ein Umdenken bringt, ist es einer der sehr wenigen und sehr traurigen Ergüsse dieses Krieges, die vielleicht einen Fortschritt in unserem Selbstverständnis bringen können.

 

Inzwischen sind sogar die GRÜNEN - zumindest im Nationalrat, ich weiß nicht, wie es die Kollegen hier in Wien sehen - sehr wohl dafür, dass unser Bundesheer besser dotiert wird, dass da auch ausgebaut wird, dass die Miliz wieder gestärkt wird. Also vor drei Monaten undenkbar, dass das von einem grünen Politiker gesagt wird. Vielleicht gibt es da ein Umdenken, schauen wir mal. Tatsache ist, nehmen wir uns ein Beispiel an den Ukrainern. Ich habe Hochachtung vor den Herren und auch den Damen, die im Krieg stehen und verteidigen.

 

Drittens: Es wurde betont, dass die Ukrainer unsere Werte verteidigen. Ich habe den Eindruck, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ukrainer verteidigen ihre Heimat, ihr Volk, ihre Familie und ihre Freiheit und ihre Staatlichkeit. Ob das Werte sind, die die NEOS vor sich hertragen, wage ich zu bezweifeln, meine Damen und Herren. Staatlichkeit, Heimat, ich weiß es nicht. Ob die wirklich die Werte verteidigen, die Sie zu verkörpern glauben, sei dahingestellt, meine Damen und Herren, darüber kann man treffend diskutieren und sich das überlegen.

 

Viertens, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommen wir zur Neutralität: Österreichische Neutralität hat inzwischen eine lange Geschichte, wir haben uns das selbst auferlegt. Die immerwährende Neutralität, Sie kennen das, wurde damals sicher nicht so verstanden, dass man sie halt flexibel anpassen kann. Ich glaube nicht, dass das damals, zum Zeitpunkt der Verkündung der Neutralität und des Beschlusses - das ist ja ein Bundes-Verfassungsgesetz - wirklich die Idee war, dass man das flexibel auslegt, wie man es gerade will.

 

Die Neutralität ist also innerstaatlich verfassungsrechtlich verankert, hat aber natürlich auch völkerrechtliche Konsequenzen, nachdem wir das auch allen Staaten, mit denen wir damals Beziehungen gehabt haben, mitgeteilt haben. Ja, die Neutralität der Republik Österreich hat sich geändert, ob das jetzt gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Ja, es hat eine Änderung gegeben, das sagen zumindest die allermeisten Verfassungs- und Völkerrechtler. Spätestens mit dem Beschluss des 23j B-VG wurde beschlossen, dass man sich eben auch an der Europäischen Sicherheitspolitik beteiligen kann, das beinhaltet auch mögliche militärische Einsätze. Über die konkreten Sichtweisen, wie weit das geht, darüber streiten die Experten. Ich bin kein Völkerrechtler, ich habe Rechtswissenschaften studiert, bin aber da wahrscheinlich kein Spezialist.

 

Was Neutralität aus meiner Sicht nicht bedeutet, ist Beliebigkeit oder Unehrlichkeit oder falschverstandener Moralapostel, meine Damen und Herren. Das sei vor allem der ersten Rednerin in der vorigen Runde mitgeteilt. Wenn wir uns da jetzt herstellen und sagen, ja, Neutralität ist gut und ist ganz wichtig, aber wenn völkerrechtlich was passiert, dann gibt es keine Neutralität mehr, dann sind wir militärisch: Nicht bös’ sein, militärisch bringen wir gar nichts zusammen. Also wir könnten, auch wenn wir auch wollten, nicht einmal.

 

Militärisch sind wir natürlich neutral, aber politisch auf keinen Fall. Das hört sich sehr toll an, wenn man das hier mit der vollsten Überzeugung vorträgt, Kollege Kraus hat das ja auch getan, wie das halt so ist, da kann man sehr groß Moralapostel spielen. Das hält aber dem

 

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