Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 108 von 114
Ich schätze also Ihre Expertise in diesem Bereich und kann Ihnen versichern, dass Sie mich da als Verbündete haben, denn gerade Online-Glücksspiel ist nicht nur eine Gefahr für Ihre Parteikassen, sondern vor allem für suchtkranke Menschen und ihre Familien. Diese Problematik jedoch mit Inseraten oder sogar einem Inseratenstopp zu verknüpfen, ist natürlich nicht sinnvoll.
Wir haben dieses Thema ja immer wieder im Gemeinderat, und ich sage Ihnen von der FPÖ heute genau das, was ich vor ein paar Wochen auch den Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN gesagt habe, die sehr ähnliche Forderungen hier im Gemeinderat stellen: Als Grundlage für die Inseratenschaltungen gelten nicht irgendwelche Antipathien oder Sympathien, sondern der Rahmenkommunikationsplan der Stadt Wien, dessen Ziel es ist, die Wienerinnen und Wiener möglichst genau mit den für sie relevanten Informationen zu erreichen.
Es ist nämlich die Aufgabe einer Stadt, es ist die Pflicht einer Stadt, diejenigen mit Informationen zu erreichen, die diese Informationen auch brauchen. Um genau das herauszufinden und zielgerecht kommunizieren zu können, gibt die Stadt Wien jedes Jahr die sogenannte Mediendiskurs-Studie in Auftrag, die Sie auch online abrufen können. Diese sagt uns evidenzbasiert, welche Medien wie oft von welcher Zielgruppe konsumiert werden und gibt uns die Möglichkeit, genau und zielgerecht zu schalten, und das Ganze natürlich crossmedial.
Bei einer Kommunikationsstrategie, sehr geehrte Herren und Damen von der FPÖ, liegt das Hauptaugenmerk also nicht auf dem Medium, mit dem man kommuniziert, sondern darauf, mit wem man kommuniziert. Einzelne Medien da auszuklammern, ist dementsprechend nicht sinnvoll. Vielen Dank.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Mag. Juraczka. Ich erteile es ihm.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich freue mich, dass ich zu vorgerückter Stunde auch noch das Wort ergreifen darf und zwar zu einem Thema, das mir durchaus unter den Nägeln brennt. Ich hatte in den letzten Wochen und Monaten schon mehrfach Gelegenheit, mich zur Medienpolitik zu Wort zu melden, und man sieht, ganz offensichtlich gibt es doch noch andere Themen, als die GRÜNEN uns mit der Tagesordnung der letzten Wochen und Monate vorzumachen versuchen.
Zum Poststück selbst darf ich auch nur ganz kurz anmerken: Ja, da wird es von uns eine Zustimmung geben. Viel wichtiger ist mir aber noch der von Klubobmann Krauss eingebrachte Antrag betreffend Inseratenstopp für das Wochenblatt „Falter“. Als durchaus bürgerlich gesinnter Mensch und Beobachter der Medienszene ist man im ersten Moment durchaus geneigt zu sagen: Ja, das hat etwas für sich. Ich verstehe auch die Intention des Antragstellers. Wir werden diesem Antrag dennoch nicht Folge leisten, und ich sage Ihnen auch, warum. (Zwischenruf.) Es ist durchaus vernünftig von meiner Fraktion, gerade mich hier herauszuschicken, denn glauben Sie mir, ich gelte weithin nicht als enger Vertrauter und Befürworter von Medienprodukten wie dem „Falter“. Nur - und das ist jetzt das Wichtige - geht es nicht darum, was ich persönlich vom „Falter“ halte. Ich bin nämlich kein Fan dieser Zeitung. Ich bin auch nicht der Meinung, dass dieses Printprodukt besonders gut informiert, sondern ich meine, dass es sehr oft kampagnisiert.
Finde ich die Entgleisungen, Sie haben es angesprochen, Herr Klubobmann, wie unlängst mit der Lebensgefährtin des Altbundeskanzlers Kurz auf dem Cover geschmacklos und grauslich? - Ja, extrem. Bin ich der Meinung, dass es, wenn es Verfehlungen gibt - ich bin durchaus geneigt, Ihnen sehr gerne zu glauben, dass es dieses illegale Glücksspiel auf der Homepage angeboten gegeben hat -, dem entschieden nachgegangen werden muss? - Ja, selbstverständlich.
Wir sollten nur von einem Denkfehler wegkommen: Dass Inseratenschaltungen irgendeine Belohnung oder eine Gunst sind, und dahin kommen, dass wir versuchen, Informationen mit größtmöglicher Reichweite an relevante Zielgruppen zu geben. Und da bin ich jetzt bei meiner Vorrednerin, die uns plötzlich erklärt, dass man in so einem Medium, das gerade einmal eine Auflage von 50.000 Exemplaren pro Woche hat, also beispielsweise ein Siebentel von der „Ganzen Woche“, gerade einmal ungefähr so viel wie die „Autorevue“, in 10 Jahren fast 3 Millionen EUR seitens der Stadt versenkt hat.
Da sind die Wien Energie, die Wiener Linien und viele andere Unternehmen noch gar nicht eingerechnet. Von der Arbeiterkammer rede ich gar nicht, obwohl wir in den letzten Tagen gehört haben, dass die Arbeiterkammer Geld eher direkt an andere Kommunikationskanäle gibt und nicht unmittelbar nur an den „Falter“.
Meine Damen und Herren, wir werden diesem Antrag der Freiheitlichen Fraktion nicht zustimmen. Wir erwarten uns aber sehr wohl, dass sich auch die Stadt Wien - ich nehme da überhaupt keine Ebene der Öffentlichkeit aus, ich werde das auch im Bund, im Land und auf Kommunenebene einfordern - ganz klar darüber definiert, dass es wirklich Inhalte braucht, die klar definiert sind, die für die Menschen relevant sind, weitergegeben zu werden, und dass man klar definieren soll, durch welche Schaltungen man welche Zielgruppen erreichen möchte. Einfach mit der Gießkanne Medien zu unterstützen, denen man positiv gegenübersteht, wie es natürlich gerade in der Stadt Wien passiert, das kann es nicht sein, meine Damen und Herren.
Ich möchte nur daran erinnern - und darum bin ich jetzt sehr gespannt, wie die GRÜNEN abstimmen werden -: Als es ein Fehlverhalten des Herausgebers der Tageszeitung „Österreich“ gab, gab es einen Antrag der GRÜNEN. Die GRÜNEN haben gesagt: Da braucht es einen Inseratenstopp. Meine Fraktion hat auch damals gesagt: Es geht bei Inseratenschaltungen nicht um das Verhalten einzelner Redaktionsmitglieder, sondern es geht um die Reichweite und die Zielgruppen.
Ich bin gespannt, wie die GRÜNEN das heute sehen, denn eines muss ich Ihnen auch sagen, meine Damen und Herren: Mir ist bei den GRÜNEN heute schon mehrfach aufgefallen, dass der Standort den Standpunkt definiert. Ich glaube, es wäre an der Zeit, Seriosität und
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