Gemeinderat, 16. Sitzung vom 29.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 98
nen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream!
Ja, ich habe heute schon in der Generaldebatte darüber gesprochen, dass wir es uns angesichts der Dringlichkeit der Herausforderungen beim Klima, beim Arbeitsmarkt, beim Thema Wirtschaft schlicht nicht leisten können und es aus dem Prinzip der Verantwortung, über die ich heute schon gesprochen habe, auch nicht zulassen dürfen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, aber in den letzten beiden Jahren hat sich die Art und Weise, wie wir kollektiv über Wirtschaft, wie wir über die Rolle der Daseinsvorsorge, die Rolle der öffentlichen Hand, die soziale Infrastruktur, die Gesundheitsvorsorge nachdenken, die hat sich geändert. Und die neoliberale Mär, das Märchen, das hinter jedem Problem auf der Welt die böse öffentliche Hand vermutet, dieses Märchen ist ein Stück weit verstummt. Auch die NEOS verteidigen hier flammend die notwendige Gesundheitsinfrastruktur, die soziale Infrastruktur, die Daseinsvorsorge bis hin zu arbeitsmarktpolitischen Programmen für langzeitarbeitslose Menschen, und in Wirklichkeit zu Recht. Denn wir haben deutlich gesehen, dass die Länder, die einen starken Sozialstaat, die ein starkes und gut ausgebautes System an Arbeitsmarktpolitik haben, da, wo Menschen in allen Lebenslagen gut abgesichert sind, auch die Länder sind, die am besten durch die Krise kommen, weil sie resilienter sind. Und das wird mit Sicherheit eine der allergrößten Herausforderungen für Städte der Zukunft sein, Resilienz.
Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit in Zeiten von Krisen. Das Wien von morgen, meine Damen und Herren, das Wien von morgen, das Wien von 2030 wird heute gebaut, und das bedeutet, dass wir heute schon an einer Stadt arbeiten müssen, in der wir anders leben und anders arbeiten werden als heute. StR Hanke hat es in seinen Ausführungen auch genauso gesagt. Wir werden auch an und mit anderen Dingen arbeiten als wir es heute noch tun. Ich glaube, was essenziell ist, dass wir die richtigen Schlüsselstellen dafür identifizieren, zum Beispiel soziale Unternehmen, in der langzeitarbeitslose Menschen wieder einen Job finden, aber auch eine wirkliche grüne und nachhaltige Wirtschaft, die auch eine Alternative aufzeigt zu ständigem reinen quantitativen Wirtschaftswachstum. Nachhaltige Politik machen, heißt nicht unbedingt, eine Politik machen, um sich danach einen grünen Stempel zu geben. Nachhaltige Politik machen, heißt, eine Politik zu machen, die ein Wien 2030 und darüber hinaus im Blick hat und genauso das Wien 2022 und 2023 schon politisch aufstellt. Ich bin überzeugt, Wien braucht eine Zukunftsklausel. Gefördert und unterstützt wird, wer Wien für die Anforderungen der Zukunft auch tatsächlich stärkt, eine soziale Stadt, eine resiliente Stadt, eine nachhaltige Stadt mit Klimaschutz in ihrer Mitte. Eine Zukunftsklausel braucht es für einen wirklichen sozial-ökologischen Wandel für die Wirtschaft, die Vergabepolitik der Stadt, für den Tourismus, die Forschung und die Arbeitsmarktpolitik. Heute war schon sehr oft die Rede oder wurde schon sehr oft die Frage gestellt, was denn das Visionäre an dem vorgelegten Doppelbudget ist, wo eigentlich die Visionen sind, wo die Leuchttürme sind, wo die wirklichen spielverändernden großen Schrauben sind, an denen wir drehen. Ich glaube, diese spielverändernden Schrauben, die müssen wir drehen. Wir müssen neue, innovative Wege gehen und wir müssen Wien zu einem wirklichen Vorbild für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit machen. Um auch nicht in der Theorie zu bleiben, würde ich gerne drei wirkliche Leuchttürme hier in dem Raum stellen und Ihnen vorschlagen:
Ein erster Leuchtturm könnte ein echter Green New Deal für Wien sein. Was ist ein Green New Deal? Ein Green New Deal heißt, dass man als Antwort auf die doppelte Krise von einerseits extremer, globaler Ungleichheit und Ungerechtigkeit und andererseits der Klimakrise eine wirkliche Transformation von der Wirtschaft und vom Arbeitsmarkt vorantreibt, indem wir zum Beispiel eine Arbeitsplatz- und eine Jobgarantie mit dem Thema der ökologischen Jobs verbinden und zum Beispiel für langzeitarbeitslose Menschen im Bereich der Green Jobs, der ökologischen Jobs, der Sozialwirtschaft und auch der Kreislaufwirtschaft Arbeitsplätze schaffen.
Ein zweiter Leuchtturm, und mein Kollege Ellensohn hat sich heute schon leidenschaftlich dafür eingesetzt, ist das Thema der gerechten Verteilung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit, und Wien kann hier vorangehen. Wien kann mit einer Arbeitszeitverkürzung für das Pflege- und Gesundheitspersonal der Stadt zeigen, welche positiven Auswirkungen auf den Bereich der Pflege, auf unsere Versorgung, aber vor allem auf die Arbeitsbedingungen von Frauen das hat. Es ist längst an der Zeit, diese Arbeitszeitverkürzung endlich auf den Weg zu bringen, sehr geehrten Damen und Herren.
Als dritter Leuchtturm eine revolutionäre, sozial-ökologische Vergabepolitik der Stadt. Was meint das? Indem man tatsächlich bei der Vergabe der öffentlichen Aufträge soziale und ökologische Kriterien einfließen lässt. Das ist ein riesiger Hebel hin zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft, hin zu einer nachhaltigen Wiener Wirtschaft. Ich muss Ihnen sagen, ich habe im Koalitionsvertrag der Stadt Graz nachgelesen. Dort ist das eines der großen Leuchtturmprojekte. Graz wird jetzt leider als erste Stadt, ich hätte mir gewünscht, dass Wien hier vorausgeht, nach dem Vorbild der Stadt Straßburg einen wirklichen riesigen Hebel im Bereich der sozial-ökologischen Vergabe ansetzen.
Das sind also drei von unzähligen Leuchttürmen, die ich in dem Doppelbudget vermisse, die aber alle etwas gemeinsam haben, nämlich Mut zu Veränderung, den Mut, sich nicht zufrieden zu geben mit dem Status quo, den Mut, auch die eigenen getroffenen Entscheidungen zu hinterfragen und zu verändern. Was wir außerdem brauchen, davon bin ich überzeugt, ist, wir brauchen Zuversicht, wir brauchen Innovation, wir brauchen UnternehmerInnengeist, wir brauchen Zusammenarbeit, Zusammenhalt und Solidarität. Jetzt ist definitiv nicht Zeit für Scheuklappen und auch nicht Zeit für die immer gleichen Lösungen. Was wir brauchen, sind innovative Wege in der Wirtschaft, in der Arbeitsmarktpolitik, damit wir Wien zu dem Vorbild für Klimaschutz und soziale Ge
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