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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 28.10.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 92

 

Enzersdorf. Ab Groß-Enzersdorf soll die S1 Nordostumfahrung dann in offener Bauweise über den Knoten Raasdorf bis zum Knoten Süßenbrunn verlaufen.

 

Ebenso bestand Einigkeit darüber, dass das Stadtentwicklungsgebiet Flugfeld Aspern, das später als Seestadt bekannt werden sollte, mit einer Nordostspange anzubinden sein wird. Damals war das, wo heute die Stadtstraße und die S1-Spange geplant sind, der Verlauf der B3d. Beide zusammen verbinden die S1 Nordostumfahrung mit der Südosttangente und erschließen sowohl die Seestadt Aspern als auch andere dort befindliche Stadterweiterungsgebiete wie zum Beispiel Heidjöchl, Hausfeld, Berresgasse und andere. Die Wohnungen für in etwa 60.000 Menschen sind damit angebunden.

 

Zur Umsetzung dieses Vorhabens war es natürlich erforderlich, die entsprechenden gesetzlich vorgeschriebenen Bewilligungen zu beantragen beziehungsweise einzuholen. Von Seiten der Asfinag und auch der Stadt Wien wurden dabei bereits erhebliche Millionenbeträge für Planung und Genehmigung aufgewendet. Würde das Projekt S1 und Stadtstraße gestoppt oder auch nur fahrlässig verzögert werden, wäre das nicht nur eine enorme Verschwendung von Steuergeld, sondern würde auch das Vertrauen in die Rechtssicherheit und in die Bundesverwaltung beispiellos erschüttert werden, zumal es aufrechte Verträge zwischen dem Bund und dem Land Wien zur Finanzierung der Stadtstraße gibt.

 

Darauf aufbauend wurden ja bekanntlich der Bau der Stadtstraße und die damit verbundene Finanzierung seitens der Stadt Wien im Wiener Gemeinderat beschlossen, sodass mit der Ausschreibung und Vorbereitung von Vergaben bereits begonnen wurde. Selbstverständlich steht es einer zuständigen Ministerin grundsätzlich frei, Evaluierungen vorzunehmen. Eine Evaluierung zu diesem Zeitpunkt nach so gründlichen Vorprüfungen und so hohen Investitionen sollte aber schon alleine deshalb auf Sinnhaftigkeit hinterfragt werden.

 

Im Zusammenhang mit dieser konkreten Evaluierung der S1 Nordostumfahrung steht aber auch die rechtliche Zulässigkeit in Frage, da der Verlauf der gegenständlichen S1 im Verzeichnis 2 des Bundesstraßengesetzes aufgelistet ist. Das heißt, es gibt einen gültigen Beschluss des Nationalrates, und aus diesem Verzeichnis des Bundesstraßengesetzes ergibt sich die Pflicht des Bundes, die dort aufgelisteten Straßen zu projektieren und zu errichten.

 

Würde das Infrastrukturvorhaben S1 Nordostumfahrung gestoppt werden, hätte das jedenfalls ernsthafte Folgen für unsere Stadt. So ist in diesem Fall von einem damit verbundenen Baustopp für Wohnungen für zig Tausende Menschen auszugehen, wäre das leistbare Wohnen in Wien generell in Gefahr, ist mit einem deutlichen Plus an Pendlerinnen und Pendlern samt entsprechendem Autoverkehr zu rechnen und könnten auf Grund des Vertrauensverlustes Investoren in andere Großstädte abwandern, um nur einige der möglichen negativen Folgeaspekte zu nennen.

 

Erneut ist an dieser Stelle auch zu betonen, dass mit dem Bau der S1 und der Stadtstraße umfassende Entlastungsmaßnahmen verbunden sind, die sich auch in den Auflagen der UVP-Bescheide wiederfinden. Ich möchte auch davon nur einige besonders herausstreichen und erwähnen, und zwar zunächst die Entlastung im Wiener Stadtgebiet von prognostizierten 18,2 Millionen Kfz-Kilometern pro Tag auf 16,5 Millionen Kfz-Kilometer pro Tag. Weiters ist zu vermerken, dass der Transitverkehr künftig nicht mehr durch die Stadt geführt wird, und es wäre auch in Zukunft widersinnig, den internationalen Transitverkehr, besonders den Schwerverkehr, der weder Ziel noch Ursprung in Wien hat, in die Stadt hineinzuziehen. Außerdem wäre das eine deutliche Entlastung der Bevölkerung des 22. Bezirks, die auch jetzt schon in der Donaustadt unter dem Verkehr zu leiden hat. Insbesondere würde das eine Entlastung der Wohngebiete in Eßling, im Zentrum Aspern, am Biberhaufenweg und anderer extrem belasteter Wohngebiete in der Donaustadt bedeuten. Außerdem wäre ein Rückbau der heutigen Südosttangente möglich, und zwar insbesondere für den schweren Transitverkehr, der jetzt durch die Stadt donnert.

 

Werden die S1 Nordostumfahrung sowie die Spange und die Stadtstraße mit Begleitmaßnahmen wie Verkehrsberuhigung der Wohngebiete, Öffi-Ausbau, et cetera umgesetzt, bedeutet das eine Reduktion von 77.000 Fahrzeugen täglich auf der Südosttangente sowie eine entsprechende Entlastung in der Donaustadt, nämlich ein Minus von 16.000 Fahrzeugen in Aspern und 6.000 Fahrzeugen in Eßling. Mit rund 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist die Donaustadt in Wien die viertgrößte Stadt Österreichs. Viele kleine Städte in unserem Land werden mit teilweise beeindruckenden Umfahrungen, fallweise mit Tunneln, an das Verkehrsnetz angebunden und wird die Bevölkerung dort entlastet. Warum ausgerechnet die Seestadt Aspern, die alleine schon etwa so groß ist wie die Landeshauptstadt Bregenz, und somit in weiterer Folge die Donaustadt ohne direkte Anbindung an das hochrangige Straßennetz bleiben sollen, kann mir gegenwärtig niemand erklären. Leidtragende sind dabei weiterhin die Donaustädterinnen und Donaustädter, die täglich am Kfz-Verkehr in ihren Wohngebieten leiden.

 

Vor dem eben geschilderten Hintergrund wird die Stadt das Ergebnis der angesprochenen Evaluierung jetzt einmal abwarten. Angekündigt ist eine Präsentation dieser Evaluierung noch für den Herbst des heurigen Jahres. Klar ist aber auch, dass sich Wien jedenfalls alle rechtlichen Schritte vorbehalten und dann zu gegebener Zeit die erforderlichen beziehungsweise zweckmäßigen Maßnahmen treffen wird.

 

Ich denke, Sie werden in diesem Zusammenhang verstehen, dass eine nähere Offenlegung von möglichen konkreten rechtlichen Schritten aus verschiedenen Gründen zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zweckmäßig wäre. Auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der hier im Raum steht, möchte ich aber abschließend pochen und diesen noch einmal ganz besonders erwähnen, nämlich: Pacta sunt servanda. Wir in Wien pflegen diesfalls zu sagen: Verträge sind einzuhalten. Das gilt auch für dieses wichtige Infrastrukturprojekt. - Danke.

 

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