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Gemeinderat, 13. Sitzung vom 22.09.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 118

 

reden, über Hilfe vor Ort zu reden. Ein paar Sätze später machen Sie das, was Sie immer machen, Sie fangen dann an, über Wien zu reden, und Sie sagen, eigentlich geht’s um Wien, in Wien ist alles voll arg, wir sind schon viel zu massiv belastet, es gibt viel wichtigere Sicherheitsprobleme als das, was in Afghanistan passiert, weil Wien, Wien, Wien, irgendwas - dieselbe Geschichte, die wir immer schon kennen. Das ist der erste Punkt, warum ich Ihnen das nicht abkaufe, dass Sie diesen Dringlichen Antrag eingebracht haben, um eigentlich über Afghanistan zu reden und um eigentlich über die Situation vor Ort zu reden.

 

Aber schauen wir uns an, was Sie noch gesagt haben, und ordnen wir es auch ein in das, was die letzten Wochen passiert ist. Denn was hier gesprochen wird, ist die eine Sache, was zum Teil Politiker und Politikerinnen auf Bundesebene machen, ist dann oft auch noch eine ganz andere Sache. Sie stellen sich da hin in ganz rührseligen Reden, Sie sagen, ja, es ist alles arg, man muss den Frauen helfen, man muss die Frauen auch dort behalten, damit wir sie dort unterstützen können, es braucht Hilfe vor Ort, es ist alles ganz wichtig. Aber eigentlich, liebe KollegInnen von der ÖVP, und das ist heute schon angesprochen, ist das, was Sie machen, nicht nur hier und jetzt, sondern seit vielen Wochen, auch schon bevor es um das Thema Afghanistan überhaupt in der Dimension gegangen ist, dass Sie sich einen Wettbewerb liefern mit der FPÖ. Einen Wettbewerb, wenn es darum geht, Menschen auszugrenzen, einen Wettbewerb, wenn es darum geht, möglichst viele Menschen auszuschließen, über diese schlecht zu reden, zu sagen, die wollen wir da nicht haben, sie als minderwertige Menschen dazustellen. Das ist das, was Sie eigentlich machen, und genau das haben Sie heute auch gemacht. Und wenn die Kollegin Keri sich da hinstellt und sagt, wir bewerten Menschen und dass Sie das stört, dann würde ich wirklich nicht laut reden, wenn ich von der ÖVP wäre.

 

Ich stelle einmal eine Sache richtig: Niemand von meinen VorrednerInnen von den GRÜNEN oder von den NEOS oder von der SPÖ hat behauptet, dass es keine Hilfe vor Ort gibt. Das ist nicht der Fall. Das Einzige, was gesagt worden ist, und das können Sie auch nicht abstreiten, ist, dass Sie sich immer hinstellen und sagen, wir machen so viel Hilfe vor Ort, wir machen so viel Entwicklungszusammenarbeit, Österreich ist Vorreiterin. Und ich kann da nur noch einmal meinen Kollegen Weber zitieren, der es Ihnen vorher in Zahlen aus 2020 gesagt hat: 0,7 Prozent ist die Vorgabe. Was geben Sie aus? - 0,29 Prozent! Das sind einfach Fakten, das ist das, was gesagt worden ist, und hören Sie auch genau zu, wenn es um Diskussionen hier geht.

 

Sie stellen sich da hin, Sie sagen, es braucht Hilfe vor Ort, es ist ganz arg, was in Afghanistan passiert. Was ist passiert, werte Kolleginnen und Kollegen? Was ist passiert, wenige Tage, man mag sagen, wenige Stunden, nachdem die Taliban in Kabul gewaltsam die Macht an sich gerissen haben? Was ist passiert? Ihr Innenminister Nehammer hat sich hingestellt und hat gesagt: Wir werden weiter nach Afghanistan abschieben! Ohne irgendein Wort des Mitgefühls, ohne irgendein Wort darüber, dass die Situation in Afghanistan einfach untragbar ist. Ihr Innenminister hat gesagt, da werden wir weiterhin abschieben, ist ja überhaupt keine Frage. Dann reden Sie da davon, dass man irgendwas vor Ort leisten muss, wenn Sie genau so agieren? Das ist ja lächerlich, wie können Sie sich da rausstellen und irgendwas sagen? Das ist wirklich unglaublich!

 

Auf der anderen Seite kriegen Sie hysterische Schnappatmung, wenn unser Bürgermeister, der Bürgermeister der Menschenrechtsstadt Wien, sagt, wir wollen Menschen hier her holen, wir wollen Menschen Hilfe leisten. Das halten Sie dann überhaupt nicht aus, denn dann sagen Sie: Wir haben ja eh schon total viel gemacht, jetzt müssen einmal die anderen. Was ist denn das für eine Logik? Wenn eine alte Frau auf der Straße hinfliegt, dann sage ich, ich habe vor drei Wochen einer geholfen, das soll jetzt einmal wer anderer machen. Meinen Sie das ernst? Das ist ja wirklich unglaublich!

 

Sie sind die Partei, die hier immer von der stolzen europäischen Gemeinschaft spricht, von den europäischen Grundwerten, von Menschenrechten. Sie sind eine Partei, die irgendwann einmal tatsächlich eine staatstragende Partei war, eine Partei mit einer Außenpolitik, die vielleicht auch irgendwie ein bissel was von Verantwortung gehabt hat. Und heute? Vor wenigen Wochen richten über 90 Staaten weltweit einen Appell nach Afghanistan und sagen, bitte, lasst Menschen weiterhin ausreisen, bitte, macht das. Und wer macht nicht mit? Österreich, unter einer ÖVP-geführten Regierung. Sie, die die europäischen Menschenrechte hochhalten, die Menschenrechte insgesamt, die sagen, es geht um Zivilisation, es geht um Kultur, es geht um Werte, Sie haben einen Innenminister, der sagt, na ja, dort, wo die Europäische Menschenrechtskonvention Grenzen setzt, da muss es halt schon Alternativen geben. - Ist das Ihr Ernst? Und dann stellen Sie sich da heraus und wollen ernsthaft über das Thema Afghanistan reden? Ich kann es Ihnen nicht glauben, wenn ich mir anschaue, was Ihre Bundespolitiker in den letzten Wochen so von sich gegeben haben. Es ist wirklich unerträglich.

 

Sie reden von all dem, Sie reden von Menschen, die nicht integrierbar sind, weil sie per se alle - davon gehen Sie einmal aus - eine andere Kultur haben, keine Werte haben, irgendwie eh nicht richtig sind und das alles nicht können. Das machen Sie, und dann, wenn es darum geht, ein Minimum, ein wirklich absolutes Minimum an Humanismus, an zivilisatorischen Werten zu zeigen, wenn es darum geht, Menschen, die wirklich um ihr Leben fürchten, zu helfen und zu sagen, ja, wir haben Platz, wir können welche aufnehmen, wenn es um dieses Minimum geht, dann ist es auf einmal aus bei Ihnen. Und auch deswegen kann ich es Ihnen nicht abkaufen, dass Sie ernsthaft über das hier reden wollen, liebe KollegInnen.

 

Und Herr Kollege Wölbitsch, Sie sind extra raufgekommen, haben sich beschwert und haben gesagt, man will uns da das Recht nehmen, über irgendwas zu reden. Niemand nimmt Ihnen das Recht und niemand will es Ihnen nehmen, vor allem nicht der Kollege Florian

 

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