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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 103

 

Wie gesagt, diese Reform ist weder transparent, noch bringt sie mehr Chancengerechtigkeit, noch bringt sie irgendeine Form der Planbarkeit für die Schulen nächstes Jahr. Wir fordern, wie Kollegin Malle schon gesagt hat, dass sie zurückgenommen wird oder zumindest, dass wir transparent darlegen können, warum welche Schulen welche Ressourcen bekommen. - Vielen Dank.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war neun Minuten. Die Restredezeit für die GRÜNEN ist daher zehn Minuten, ich darf die beiden nachfolgenden Redner bitten, darauf Rücksicht zu nehmen. Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Zierfuß. Selbstgewählte Redezeit sieben Minuten. Bitte schön.

 

13.30.24

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Die Bildungsdebatte der letzten Wochen war durchaus geprägt von der neuen Lehrerverteilung in Wien, und wir spüren das auch heute. Ich mag vielleicht mit zwei positiven Aspekten beginnen, die mir dann doch ein bisschen untergegangen sind in der Debatte. Nämlich zum einen - und ich glaube, das ist ganz wichtig -, die Stadtregierung gesteht jetzt offenbar ganz offen ein, dass in den letzten Jahrzehnten die Ressourcen komplett intransparent, komplett ungerecht und nach Gutdünken der SPÖ-Wien verteilt worden sind. Eine Kritik, die die Opposition in den letzten Jahren wiederholt geäußert hat, und jetzt scheinbar gesteht es die SPÖ auch ein.

 

Jetzt finden wir es also grundlegend gut, dass hier mit dem System SPÖ im Bildungsbereich ein bisschen aufgeräumt wird, aber jetzt kommen wir zum Wie. Und das ist der Knackpunkt bei der Reform. Es ist vorher schon erwähnt worden, zwei Wochen vor Schulschluss bekommen Schulleitungen teilweise wirklich drastische Kürzungen mitgeteilt. Davor werden dann noch von der Bildungsdirektion, die in Wien ja bekanntlich rot ist, Hoffnungen gemacht, dass man Projekte einreichen soll, dass man zusätzliche Mittel bekommt. - Ja, zusätzliche Mittel, die waren dann sehr spärlich. Und jetzt ist es natürlich schon verständlich, dass die Enttäuschung enorm groß ist bei den Betroffenen, dass sich die Eltern, die Lehrer, die Schüler und auch die Schulleitungen massiv gepflanzt fühlen, wenn sie eine Woche vor Schulschluss noch immer nicht wissen, wie es nächstes Jahr weitergeht.

 

Aber vielleicht noch viel wesentlicher, was bedeutet dieses Modell jetzt auch konkret für die einzelnen Schulstandorte? In Kombination mit den Schülerstromlenkungen, die von der Stadt vorgenommen werden, werden unliebsame Schulformen, nämlich dort, wo sich Eltern dafür entscheiden, dass sie selbst die Entscheidung haben wollen, was ihre Kinder am Nachmittag tun können, ganz schamlos ausgehungert, die OVS und die Halbtagsschulen. Warum sage ich das? Auf der einen Seite - und das haben wir jetzt schon dieses Jahr häufig hier diskutiert -, bei den GTVS, werden die Betreuungskosten, die Essenskosten seit diesem Jahr von der Stadt übernommen und auf der anderen Seite, wenn sich die Eltern entscheiden für eine OVS oder - Gott bewahre - für einen Hort mit einer Halbtagsschule, dann müssen sie bis zu 2.000 EUR Strafe im Jahr zahlen. Und ich kenne nicht wenige Eltern, die jetzt gesagt haben, dass sie sich wegen dieser 2.000 EUR jährlich - und das ist nicht wenig Geld für eine Familie, gerade wenn sie mehrere Kinder haben - für das Modell der Ganztagsvolksschule entschieden haben, und nicht, weil es ihnen so gut gefallen würde. Jetzt wissen wir aus der Schlussfolgerung, dass die OVS und die Halbtagsschulen in den nächsten Jahren massiv viel weniger Schüler haben werden, die Klassen nicht mit 25 Kindern vollfüllen werden können, und dann streicht die Stadt ihnen auch noch die Lehrerstunden weg. Wir haben tolle offene Volksschulen, wir haben tolle Halbtagsschulen, und die haben es sich nicht verdient, dass sie von der Stadt so schamlos ausgehungert werden.

 

Vielleicht abschließend zum Schulthema zur erwartbaren Exit-Strategie der Stadtregierung: Jetzt soll der Bund mehr zahlen. Das ist von der Dramaturgie dann schon ein bisschen lachhaft. Ich hab‘ Anfang Juni gelesen, großer Erfolg der Stadtregierung, der Bund gibt Wien mehr Ressourcen als jemals zuvor. Und jetzt, wo bei der Wiener Reform wirklich alle Betroffenen auf Basis dessen, wie diese Reform umgesetzt werden soll, wirklich auf die Barrikaden steigen, ist auf einmal der Bund schuld. Und ich glaube, da muss man echt vor der eigenen Tür beginnen zu kehren, gerade als die Partei, die sich immer Bildung auf die Plakate schreibt, mehr Geld selbst in die Hand nehmen für die Bildung in Wien und nicht die Mittel vom Bund zweckentfremdet für ganz andere Sachen ausgeben.

 

Jetzt auch noch zum Thema Kindergärten: Auch diese Debatte hatten wir jetzt schon ein paar Mal auch im Ausschuss - auch bilateral nebenbei -, dass Kinder in privaten Kindergärten von dieser Stadtregierung massiv benachteiligt werden. Und weil es dazu keine transparenten Zahlen gibt, rechnen wir uns regelmäßig im Rechnungsabschluss aus, wie viel die Stadt ein privater Kindergartenplatz und wie viel ein städtischer Kindergartenplatz kostet. Wir haben gesagt, das ist ein Verhältnis von 6.000 EUR zu 15.000 EUR, dann hat es immer geheißen, das stimmt alles nicht, die Zahlen stimmen nicht. Und ich habe da nicht schlecht gestaunt, als ich eine Beantwortung vom Stadtrat bekommen habe mit den maximalen Teilbeträgen, aus denen sich die Förderungen für private Kindergärtenträger zusammensetzen. Wir haben uns die Mühe gemacht, wir haben diese maximalen Teilbeträge zusammengerechnet, uns angeschaut, wie viel kann denn maximal ein Kind, das sich für einen privaten Kindergartenplatz entscheidet, oder respektive die Eltern, an Förderung von der Stadt bekommen. Wir kommen auf maximal 8.500 EUR gegenüber den - auch aus dem Rechnungsabschluss zu entnehmen - 15.000 EUR, die die Stadt für einen städtischen Kindergartenplatz verwendet.

 

Wir bleiben also dabei, die Stadt benachteiligt hier mehr als die Hälfte der Kinder, nur, weil sie sich für einen anderen Kindergartenplatz entscheiden. Und für uns ist klar: Schluss mit der Benachteiligung, der Stadt muss jedes Kind gleich viel wert sein.

 

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