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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 103

 

Klasse sind. Für die Lehrerinnen und Lehrer, KollegInnen, mit denen ich gesprochen habe, bedeutet das, dass sie gar nicht ihre Lehrfächerverteilung oder ihre Klassen, die sie unterrichten, fix wissen, weil sie jetzt, vier Tage vor Schulschluss, immer noch keine endgültige Entscheidung dazu haben.

 

Aber lassen Sie mich noch einmal alle drei Schritte dieser neuen Vergabe im Konkreten durchgehen und was da eigentlich passiert ist. Der erste Schritt dieser neuen Vergabe ist ja die sogenannte Berechnung der Basiskontingente. Hier ist nicht mehr nur die Klassenanzahl einer Schule das Entscheidende, sondern die Kinderanzahl, das heißt, bei einer Schule wird durch 25 Schülerinnen und Schüler dividiert, um auf die Anzahl der Lehrerinnen und Lehrer zu kommen. Durch 25, das heißt, alle Schulen, die vorher aus pädagogischen Gründen oder aus Gründen der didaktischen oder pädagogischen Maßnahmen für Inklusionsklassen, für Mehrstufenklassen oder für Integrationsklassen kleinere Klassen haben, werden hier bestraft und müssen in Zukunft größere Klassen machen.

 

Der zweite Schritt in dieser neuen Vergabe betrifft dann Kontingente für Deutschförderklassen, Deutschförderkurse und auch für weitere Projekte, also Schwerpunktprojekte wie, wir haben einen Schulschwerpunkt zu Inklusion, Integration, Sport und Musik. Und dieser Punkt ist besonders heikel, weil er immer noch komplett intransparent ist. Keine einzige Schule weiß, warum sie für Projekte wie Superar-Chöre oder für ihre Schwerpunkte, die sie sich in den letzten Monaten und Jahren erarbeitet haben, keine Stunden mehr bekommt. Hier wird auch Autonomie, die ja von den NEOS immer hochgehalten wird, komplett zerstört oder eingeschränkt. Schulen, die sich in den letzten Jahren durch Fleiß und Engagement hervorgetan haben, zusätzliche Stunden bekommen haben, zusätzliche Projekte gemacht und autonom gehandelt haben, werden hier die Stunden zwei Wochen vor Schulschluss komplett weggekürzt.

 

Der dritte Punkt ist dann der sogenannte Minichancenindex. Nachdem der erste und zweite Punkt quasi die Kontingente vergeben haben, werden dann in einem Minichancenindex noch einmal ein paar Lehrerinnen und Lehrer zugeteilt. Dieser Index basiert auf, unserer Meinung nach, völlig falschen Daten, die drei bis vier Jahre alt sind, und kann daher nicht einmal neu gebaute Schulen berücksichtigen. Das heißt, viele Schulen, die erst in der Zwischenzeit gebaut wurden, kommen in diesem Index gar nicht vor. Ein anderer Punkt dazu ist, die Idee eines Chancenindex ist ja an sich gut, aber ich kann nicht Schulen was wegnehmen, damit ich anderen Schulen mehr geben kann. Es gibt in Wien nämlich nicht so viele Volksschulen, die so im Überfluss leben, dass ich denen was wegnehmen kann, damit ich anderen mehr gebe. Das ist nicht die Idee eines Chancenindex. Und Sie haben hier eine gute Idee, eine richtige Idee genommen und komplett falsch umgesetzt und damit zerstört. Diese Idee ist so nicht umzusetzen.

 

Vielleicht noch kurz zu drei Punkten, die ich ansprechen will. Das Erste: Ist diese Reform gerecht? Nichts ist gerecht daran, Schulen zwei Wochen vor Schulende die Stunden zu kürzen, ohne Vorwarnung, ohne Gespräche mit Direktorinnen und Direktoren. Nichts ist gerecht daran, Mehrstufenklassen, Inklusions- und Integrationsklassen zwei Wochen vor Schulschluss de facto abzuschaffen, weil sie nicht weiterzuführen sind. Nichts ist gerecht daran, die Autonomie der Schulen zu beenden und einzuschneiden, weil man ihnen für Projekte, die sie aufgebaut haben, keine Stunden mehr gibt.

 

Wenn man sich aber kurz Ihre Idee von Chancengerechtigkeit, Herr Stadtrat und liebe NEOS, anschaut und sagt, okay, die sogenannten Brennpunktschulen, Schulen mit großen Herausforderungen bekommen eh mehr, dann muss ich sagen, das geht sich alleine rein rechnerisch nicht aus. Sie sagen, die Hälfte der Schulen verliert, wenn man sich den Chancenindex der Arbeiterkammer anschaut, die das berechnet hat mit sieben Kategorien, dann sind mehr als die Hälfte der Volksschulen - und bei den Mittelschulen sowieso mehr als die Hälfte - in diesen obersten, in der 6. und 7. Kategorie. Das heißt, es müssen auch Schulen mit großen Herausforderungen rein rechnerisch verlieren. Ihre Idee der Chancengerechtigkeit ist nicht unsere, das ist keine chancengerechte Verteilung von Ressourcen.

 

Die Transparenz - diese Reform soll transparent sein - habe ich schon kurz angesprochen. Im Punkt 2 fehlt es absolut an Transparenz, die Schulen wissen es nicht. Wir stellen daher auch heute hier einen Antrag und fordern Sie als Transparenzstadtrat auf, diese angebliche transparente Reform wirklich einmal transparent zu machen und uns darzulegen, warum wo welche Ressourcen hingehen.

 

Diese Reform ist also weder chancengerecht noch transparent, noch bringt sie mehr Planbarkeit. Ich glaube, das ist überhaupt der absurdeste Punkt, jetzt Schulen zu sagen, in der Woche vor den Sommerferien, ja, es ist planbarer für euch im Herbst, wir haben euch zwar viele Stunden gestrichen, aber ihr könnt es besser planen.

 

Dann noch kurz zu diesem Antrag, der von den Regierungsparteien eingebracht wird. Wir werden dem Antrag zustimmen, weil die Idee ganz gut ist, aber dieser Antrag reiht sich ein in Anträge, die meinen, „Der Bund, der Bund, der Bund muss es machen.“ Erlauben Sie mir vielleicht kurz eine Anmerkung dazu: Da drüben in der Wienbibliothek kann man alles, alle Original- und auch Sekundärschriften zu Otto Glöckel lesen. Der war Stadtschulratspräsident in den 1920er Jahren, und wenn man sich da durchlesen kann, was er in der Bildungspolitik gemacht hat, dann war das kein „Der Bund, der Bund muss machen, der Bund schafft es nicht, wir machen nicht.“, sondern er ist selbstbewusst aufgetreten, er hat gesagt: Ich will machen, ich setze um, ich fordere das ein, ich verhandle das und nehme eigenes Geld in die Hand.

 

Und das würde ich mir von der Regierung auch wünschen, ein bisschen mehr Selbstbewusstsein, ein bisschen mehr stärkeres Auftreten und zu sagen, wir wollen das in die Hand nehmen, anstatt die Verantwortung jedes Mal nur auf den Bund zu schieben.

 

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