Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 103
Herausforderungen gegenüber. Es sind die immer komplizierter werdenden Staatsbürgerschaftsverfahren, Aufenthaltsverfahren, aber auch allgemein die internationale Zuwanderung nach Wien, die heurigen Brexit-Verfahren, die eine deutliche Steigerung der Anträge auf Aufenthaltstitel zur Folge hatten. Jährlich sind es insgesamt 150.000 Anträge, die gestellt werden. Und gerade auch die Corona-Krise hat den Druck auf diese Behörde weiter verstärkt. Es waren persönliche Termine kaum bis gar nicht möglich, die Folge war natürlich auch eine große Flut an Anfragen per E-Mail und Telefon. Und dieser dadurch entstandene massive Aufwand für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist keine Kleinigkeit, sondern natürlich auch eine Überlastung für alle.
Schon im Regierungsprogramm haben wir deshalb verankert, dass die MA 35, als zentrale Anlaufstelle für Einwanderung und Staatsbürgerschaft, effizienter und serviceorientierter werden soll. Und nach knapp mehr als 100 Tagen haben wir den Startschuss für einen strukturierten Weiterentwicklungsprozess für diese Behörde gesetzt. Die MA 35 erhält zusätzliches Budget, um das Personal um mehr als 10 Prozent aufzustocken, und noch ein eigenes telefonisches Servicecenter. Das sind riesengroße Schritte für die Kunden und Kundinnen, um diese zu entlasten, um tatsächlich auch Serviceorientiertheit in den Fokus zu stellen, und vor allem auch, um die Verfahren zeitnah bearbeiten zu können. Mit diesen zusätzlichen Ressourcen wollen wir gerade auch diesen Kapazitätsengpässen entgegensteuern und sie beseitigen. Die Einrichtung eines telefonischen Servicecenters soll zudem vor allen Dingen das vermeiden, was momentan passiert, nämlich, dass teilweise niemand abheben kann, weil einfach so viel zu tun ist.
Wir haben weiters, abgesehen von der MA 35, einen eigenen Integrationsrat geschaffen, ein Gremium bestehend aus zehn Experten und Expertinnen aus den Fachbereichen Integration und Migration, die regelmäßig zu zentralen Fragestellungen betreffend die Integrations- und Diversitätspolitik in einen Diskurs treten sollen, heuer etwa zum Schwerpunktthema, welche Auswirkungen die Pandemie auf Integration dieser Stadt hat. Und ja, Frau Kollegin Hungerländer, ja, die Integrationspolitik ist verfahren und ideologisiert, aber gerade mit diesen Schritten wollen wir das entflechten, und dafür stehen wir auch. Wir wollen zukunftsorientierte und vor allen Dingen fachlich orientierte Integrationspolitik betreiben, und darauf bin ich wirklich sehr, sehr stolz.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich natürlich auch den Förder-Call, den wir gemacht haben. Im Rahmen dieses Förder-Calls hat die Abteilung Integration und Diversität Organisationen, Vereine und Initiativen dazu motiviert, Projekte einzureichen, um innovative Ideen im Bereich Elternarbeit zu forcieren. 16 Projekte werden nun auch mit rund 350.000 EUR gefördert, denn in Wien hat tatsächlich rund die Hälfte der Kinder unter 15 Jahren mindestens einen Elternteil, der/die keine eigenen Erfahrungen mit dem Schul- und Bildungssystem in Österreich gemacht hat. Da können auch scheinbar wirklich kleine Dinge, wie ein Mitteilungsheft und darin mitgeteilte Dinge, zu Verständnisschwierigkeiten führen. Umso wichtiger ist es, Eltern über diese gezielte Bildungsarbeit abzuholen und auch in den Schulalltag besser zu integrieren. Davon profitieren alle, vor allen Dingen natürlich die Kinder. Und nur so, davon sind wir alle überzeugt, kann ein wichtiger Grundstein für den erfolgreichen Bildungsweg und die Chancengerechtigkeit von Kindern gelegt werden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die Redezeit war elf Minuten, die Restredezeit für NEOS ist daher zwölf Minuten. Als Nächster gelangt GR Stadler zu Wort. Selbstgewählte Redezeit ist sieben Minuten. Bitte.
GR Felix Stadler, BSc (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!“, das haben gestern hunderte und wahrscheinlich sogar tausende Kinder, Eltern und Lehrerinnen und Lehrer am Ring, am Weg zur Bildungsdirektion, am Weg zum Ministerium, gerufen. Sie alle waren von Schulen und von Klassen, die in den letzten zwei Wochen die Hiobsbotschaften der massiven Kürzungen an ihren Schulen von Lehrerinnen und Lehrern und Stunden erfahren haben.
Ich möchte noch einmal, weil das vielleicht ein bisschen in der Debatte untergegangen ist, darauf hinweisen oder kurz erzählen, was das wirklich bedeutet. Wir haben zum Beispiel eine Mittelschule im 10. Bezirk, die verliert über 20 Stunden nächstes Jahr, die bekommt keine Zusatzstunden mehr für Sozialprojekte, bekommt ein bisschen was bei diesem Minichancenindex, das macht aber nicht wett, was sie vorher verliert. Oder eine Volksschule im 14. Bezirk, die wahrscheinlich drei bis vier Lehrerinnen und Lehrer verliert und ihre Mehrstufen- und Integrations- und Inklusionsklassen daher nicht mehr fortführen kann. Und ich weiß, der Punkt ist diskussionswürdig, denn natürlich sagt die Stadtregierung nicht, ihr müsst eure Integrationsklassen zu machen, aber sie können die Integrationsklassen mit den Stunden, die sie bekommen, nicht mehr fortführen. Diese Schulen bekommen, wie Kollegin Emmerling richtig gesagt hat, noch eine Volksschullehrerin und eine Inklusions- oder Integrationslehrerin, aber nicht mehr die Stunden für die Mehrstufenklassen, daher ist es für diese Schulen de facto unmöglich, die Mehrstufenklassen weiterzuführen. Und hier sich dann hinzustellen und zu sagen, die können das eh machen, die haben halt nur ein Drittel weniger Stunden, zeigt für mich, wie wenig Sie wirklich verstehen, was Sie hier an den Schulen tatsächlich angerichtet haben.
Eine 3. Schule vielleicht noch, eine Volksschule im 3. Bezirk, verliert über 40 VolksschullehrerInnenstunden, und die Direktorin muss wahrscheinlich bis zum Schulschluss am Freitag noch drei Kolleginnen und Kollegen gehen lassen. Viele dieser Schulen stehen also nur noch vor den Erinnerungen dessen, was sie sich in den letzten 10 bis 15 Jahren aufgebaut und erarbeitet haben, und es ist wirklich, wirklich unverständlich und absurd, dass ihnen das weggekürzt wird.
Für die Kinder bedeutet das, dass sie jetzt nicht wissen, ob sie im Herbst noch in ihre Klasse kommen, dass sie nicht wissen, mit wem sie überhaupt noch in einer
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