Gemeinderat, 11. Sitzung vom 23.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 109
man sich eben aus der Krise herausinvestieren wollte, und damals schon war eine massive Preissteigerung spürbar. Es kamen dann die Boom-Jahre, die relativ gut abgefedert mit nicht so hohen Verteuerungen Hand in Hand gehen, und jetzt aktuell haben wir hier wirklich dunkle Wolken am Himmel, die nämlich unglaublich hohe Zuwachsraten kurzfristig einmal zeigen.
Und warum sage ich das Ganze? Wenn wir uns jetzt die Corona-Situation 2020 hernehmen, dann ist ja der Rückgang der Wirtschaft ein viel massiverer, als wir ihn damals zur Finanz- und Wirtschaftskrise gesehen haben und bei rund 6,5 Prozent für Wien ausgefallen ist in diesem letzten Jahr. Und natürlich ist dieser Aufhol- und Nachzieheffekt einer, den wir jetzt spüren. Wenn uns die Wirtschaftsforscher noch dazu klar sagen, dass das 2. Halbjahr 2021, über das wir uns sehr freuen, mit einem starken Konjunkturaufschwung kommen wird, wo die unterschiedlichsten Bandbreiten genannt werden, von 1,5 bis 3,5 Prozent, und auch für die Folgeperioden 22 und 23 ähnlich hohe Wirtschaftsentwicklungen anstehen, dann bedeutet das meistens, dass man hier davon auszugehen hat, dass auch eine Teuerungsrate Hand in Hand geht. Covid-19 hat natürlich auch zur Folge, dass alle Lieferthemen entsprechend schwierig wurden, die Lieferketten, die auf Grund der internationalen Warenströme in der Form nicht so funktioniert haben, und diese Lieferengpässe führen natürlich auch zu einer reduzierten Verfügbarkeit, und reduzierte Verfügbarkeit macht ein knappes Gut, macht die Sache teuer. Und dort, glaube ich, sollte möglicherweise dann schon auch wieder dieses Beruhigungsthema kommen, dass mit der Verfügbarkeit der Preisanstieg, den wir derzeit sehen, in dieser Massivität nicht fortzuschreiben ist, sondern, glaube ich, diesem Pandemiethema der letzten 14 Monate geschuldet ist.
Dennoch, und darum sage ich auch diese Indikatoren dazu, wenn man sich die Österreichische Nationalbank mit den aktuellen Statistiken anschaut, dann gibt es in den USA und in China derzeit in den einzelnen Quartalen unglaublich hohes Wirtschaftswachstum, teilweise im zweistelligen Prozentbereich. Das kann auch zu einer Überhitzung der Wirtschaft führen. Wir wissen auch, dass wir mit vielen Rohstoffen in diesem Bereich ja auch eine Abhängigkeit Richtung China haben, das Batteriethema ist so eines, wo wir ja auf diese Mobilitätsform setzen, aber auch aufpassen müssen, dass wir hier nicht vollständig abhängig werden.
Ein weiterer Indikator, den man momentan in dieser Pandemie noch nicht wirklich so spüren kann, ist die Frage der Inflation. 1,8 Prozent sagt das WIFO für dieses Jahr 2021 voraus, im Mai alleine haben wir über 3,5 Prozent gesehen. Da schwingen also viel Unsicherheit und viel Unklarheit mit, und wenn man sich die Statistik der Europäischen Zentralbank ansieht, gibt es die Prognose, dass wir ab 2022 wieder einen Rückgang der Inflation auf 1,2 Prozent zu erwarten haben. Also hier spielt manches, glaube ich, noch Covid-bedingt unrhythmisch mit, dort wird man noch sehen müssen, wie sich das in den nächsten fünf bis sechs Monaten wirklich abarbeiten lässt oder wie das gesunden kann.
Nimmt man die Baudirektion bei uns im Haus her, dann wurde für das 1. Quartal 2021 eine Baupreissteigerung von 5 Prozent angegeben. Das ist unglaublich viel und entspricht auch dieser Befürchtung, die Sie hier ausgesprochen haben. Ich habe Ihnen auch einige Zahlen zu diesen Veränderungen und Verfügbarkeiten mitgebracht. Im Bereich des Stahls haben wir einen sprunghaften Anstieg des Preises pro Tonne von 600 auf 920 EUR gesehen. Wir haben beim Dämmmaterial eine Preissteigerung von bis zu 30 Prozent gesehen. Wir haben bei der Elektroleerverrohrung keine Verfügbarkeit, eine banale Angelegenheit in Wirklichkeit, Elektroleerverrohrung, keine Verfügbarkeit und deshalb auch ein Preisanstieg. Oder das Thema Holz. Holz wird knapp und hat ebenfalls einen Preisanstieg, bis zu 30 Prozent.
Das bedeutet natürlich, um jetzt auf den Punkt zu kommen, dass das für zukünftige Projekte eine gewisse Verteuerung erwarten lässt. Und diese Verteuerung, würde ich sagen, wenn ich jetzt genau auf Ihre Fragestellung eingehe, nein, trifft uns jetzt aktuell noch nicht, weil natürlich eine Vielzahl an Fixpreisen vereinbart wurde. Diese Fixpreise bedeuten, dass es hier ein Commitment gibt zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, das der Auftragnehmer zum Zeitpunkt des Zuschlages mit einer entsprechenden Kalkulation abgegeben hat, und hier das Risiko verteilt ist. Das bedeutet auch, dass bei PPP-Projekten, die wir ja auch haben, auch hier eine Zuordnung der Kostenthematik gegeben ist. Das macht mir, so gesehen, kurzfristigst jetzt noch keine Sorgen, mittelfristig macht es mir Sorgen, mittelfristig werden wir darauf achten müssen, dass wir natürlich unsere Investitionsprojekte entsprechend gut und sicher finanzieren können.
Und eines, sehr geehrte Damen und Herren, ist mir auch wichtig, wir sprechen ja in Wien über große Infrastrukturprojekte. Dort müssen wir schon auch darauf achten, dass es diesen Schulterschluss am Ende zwischen Land und Bund auch in Zukunft geben wird müssen. Denn große Infrastrukturprojekte machen wir in guter Gewohnheit gemeinsam, und es wird nicht möglich sein, dass sich dann der eine oder andere Partner über politisches Kleingeld darüber unterhält, ob es dann eine Bremse gibt oder ob man gemeinsam nach vorne geht. Prinzipiell steht diese Stadtregierung für Investitionen, prinzipiell wollen wir diesen Turbo auch in dieser Stadt sehen, aber natürlich auch mit Hirn, weil wir natürlich dieses Preisthema auch im Auge haben müssen und weil wir ja bei vielen Projekten auch bewiesen haben, wenn wir da nicht eine Umsetzung, eine Machbarkeit, eine Finanzierung eines Projektes sehen, dass wir dann einen Schritt zurückgehen, uns das noch einmal anschauen, noch einmal in eine Ausschreibung gehen. Das ist, glaube ich, der Weg, den wir auch in Zukunft zu gehen haben, und auch hier nochmals: Bitte einen Schulterschluss zwischen allen Interessensorganisationen, um dieses Krisenthema gut zu bewältigen!
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Danke schön. Die 1. Zusatzfrage kommt von den GRÜNEN. GR Dipl.-Ing. Margulies, bitte.
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