Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 127
zu 80 Prozent durch Mutterschaft begründet werden kann. Vaterschaft hat in der Regel aber keine Auswirkungen auf das Einkommen, da ist nur Schweden eine Ausnahme. In Österreich ist diese Child Penalty sozusagen die Strafe dafür, Kinder zu haben, für Frauen doppelt so hoch wie in skandinavischen Ländern. Man sieht immer wieder, dass auch in bis zum Zeitpunkt des Kinderkriegens gleichberechtigten Partnerschaften sich dann traditionelle Rollenbilder einschleichen. Frauen gehen meist länger in Karenz, gehen länger in Teilzeit, bleiben auch in Teilzeit, machen dadurch ein Mehr an unbezahlter Arbeit. Daraus ergeben sich dann langfristig Einkommensunterschiede und Frauenarmut im Alter durch geringere Pensionen. Und ja, was können wir von Seiten der Politik dagegen tun? Eine langjährige Forderung von NEOS, die aber die Bundesebene betrifft, sind individuelle Ansprüche an Karenz, Kündigungsschutz und Kinderbetreuungsgeld je Elternteil. Nur so können wir dazu kommen, dass beide Elternteile im gleichen Ausmaß in Karenz gehen können. Also der wichtigste Hebel ist hier eindeutig die Väterbeteiligung.
Ein zweiter großer Hebel ist die Unternehmenskultur. Der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen, wo die Stadt Wien österreichweit gesehen absolute Vorreiterin ist, ist unumgänglich, damit Eltern nach der Karenz wieder arbeiten gehen können. Aber auch, was in Skandinavien gang und gäbe ist, dass der Vater am späten Nachmittag die Kinder abholen geht und nicht grundsätzlich die Mutter, weil es die Unternehmenskultur zulässt, ist ganz, ganz wichtig. Ja, und da möchte ich jetzt einen Aufruf starten an die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, zu schauen, dass man die Meeting-Kultur ändert, dass man nach 15 Uhr keine Meetings mehr ansetzt, dass man schaut, dass man Dienstpläne familienfreundlich gestaltet. Das wäre wirklich ein riesen Hebel zu einer partnerschaftlichen Aufteilung der Kinderbetreuung. Und letztlich ist es auch ein Vorteil für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, weil sie sich so für die Arbeitnehmerin und den Arbeitnehmer attraktiv machen können. In diesem Sinne: Packen wir es gemeinsam an, Politik, Wirtschaft, ArbeitgeberInnen, Gesellschaft als Ganzes! Danke schön.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste zu Wort gemeldet ist StRin Pühringer.
StRin Mag. Judith Pühringer: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Applaus ist nicht genug, ist das Thema der Aktuellen Stunde, die wir eingebracht haben. Dieser Applaus, der uns zu Beginn der Pandemie noch im Ohr war, den wir alle gehört haben, dieser Applaus ist mittlerweile verhallt. Und dieser Applaus hat etwas sehr Wesentliches sichtbar beziehungsweise hörbar gemacht, nämlich dass wir alle gemerkt haben, dass die Menschen, die wir jetzt KrisenmeisterInnen und SystemerhalterInnen nennen, tatsächlich jene sind, die das Leben am Laufen halten, die dafür sorgen, dass alles funktioniert, dass alles reibungslos verläuft in der Pflege, im Gesundheitssystem, im Sozialbereich, in der Wirtschaft, in der sozialen Wirtschaft, im Homeschooling und im Bereich der Sorgearbeit, also ganz generell. In der Krise sind die SystemerhalterInnen also LebenserhalterInnen gewesen. Und ja, das sind die Frauen. Es sind vorwiegend Frauen und das nicht nur seit Corona, weil das von den Kollegen und Kolleginnen der FPÖ jetzt öfter eingebracht worden ist. Es sind Frauen, die am Arbeitsmarkt, und das eigentlich schon immer, durchgehend und ihr ganzes Leben lang, vom Berufseinstieg bis zur Pension, strukturell benachteiligt sind.
Und das wird nicht zuletzt durch die zahlreichen Gaps klar, die wir kennen, den Gender Pay Gap, den Gender Pension Gap, den Gender Time Gap. Das sind nicht nur Gaps, das sind nicht nur Abstände, sondern das sind in Wirklichkeit Fallen für Frauen. Und was bedeuten diese Gaps ganz konkret? Frauen verdienen in den ersten beiden Monaten des Jahres kein Gehalt. Frauen bekommen nur die halbe Pension. Frauen können gar nicht mehr arbeiten, weil sie zu Hause auch noch den Haushalt erledigen müssen, der sich bekanntlich doch nicht ganz von alleine macht. Und das ist alles nichts Neues. Aber solange diese Ungleichheit besteht, müssen wir sie aufzeigen und muss sie aufgezeigt werden. Solange diese Ungleichheit besteht, müssen wir alle Feministinnen und Feministen sein!
Und, Kollegin Schwarz, nein, den Feminismus, den ich meine, da gibt’s keine zwei, da gibt’s nur einen. Der ist solidarisch, der ist auch parteiübergreifend solidarisch. Und es ist vor allem einer, der sich der eigenen Privilegien auch bewusst ist, diese Privilegien sieht und diese Privilegien anerkennt.
Ich habe Ihnen auch eine Frau mitgebracht, Eva-Maria, die systemrelevante Krankenschwester, die auf die Frage sagt, wie sie denn den Applaus und die Wertschätzung beim ersten Lockdown empfunden hat: „Ich fand das damals unglaublich wertschätzend. Ich dachte mir, jetzt beginnen sich die Dinge wirklich zu verändern. Aber davon ist einfach nicht sehr viel übrig geblieben.“
Was unternehmen wir also politisch, nachdem dieser Applaus verhallt ist? Die Arbeit am und die Arbeit mit Menschen muss endlich adäquat bezahlt werden. Das heißt, wir brauchen bessere Entlohnung, wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, wir brauchen endlich eine Arbeitszeitverkürzung. Wir könnten in der Stadt Wien beim Gesundheits- und Pflegepersonal sofort mit einer 35-Stunden-Woche beginnen, wie meine Kollegin Vicki Spielmann das schon eingebracht hat. Gut, dass es das Programm der Wiener Pflegestiftung jetzt neu gibt. Gut, dass es dieses Programm gibt, denn wir werden Menschen brauchen und es sind wiederum viele Frauen, die in diese Pflegeberufe gehen. Wir werden sie in den Pflegeberufen auch dringend brauchen. Aber wenn wir diesen Applaus wirklich ernst meinen, wenn wir den ernst gemeint haben, wenn wir diese Anerkennung ernst meinen, dann sind wir diesen Frauen auch schuldig, dass sie auch unter den besten Bedingungen ihren Job machen können, unter fairen Arbeitsbedingungen und mit guter Bezahlung.
Und wenn wir den Applaus ernst nehmen, dann schauen wir uns auch an, was sich gerade am Arbeits
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