Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 100
kommunalen Wohnbau auch große Teile des öffentlichen Bodens privatisiert, alles, um kurzfristige Budgeteffekte zu erzielen. Das ist im hohen Ausmaß unvernünftig. Diese Städte werden zum Spielball von Immobilienspekulanten und sie haben überhaupt keinen Einfluss mehr auf Leistbarkeit von Mieten und Wohnraum. Die Grundstücke im kommunalen Eigentum sind Voraussetzung dafür, dass die Stadt ein starker Akteur im Bereich des Wohnbaus ist und dass sie es bleibt. Der Wohnfonds Wien leistet einen wichtigen Beitrag zu diesem langfristigen strategischen Ziel. Mit dem Instrument des Wohnfonds kann städtischer Grund und Boden für öffentliche Zwecke wie leistbares Wohnen mobilisiert werden. Der Wohnfonds hat den Auftrag, langfristig strategisch wichtige Grundstücke für den Wohnbau zu sichern und zur Verfügung zu stellen. Deshalb ist die Übertragung von Grundstücken an den Wohnfonds wie in vorliegender Post auch sinnvoll und unterstützenswert.
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle auch die Kritik des Rechnungshofes an der Wohnbauinitiative ansprechen. Unser Ziel muss es sein, nicht nur kurzfristig leistbaren Wohnraum zu schaffen, der dann langfristig teuer vermietet wird. Unser Ziel muss es sein, leistbaren Wohnraum langfristig abzusichern. Deshalb sind die Gemeindebauten und der gemeinnützige Wohnbau das zentrale Mittel einer städtischen Wohnungspolitik. Und deshalb ist die unter dem damaligen Wohnbaustadtrat, jetzt Bürgermeister Ludwig initiierte Wohnbauinitiative kritisch zu sehen. Wir sehen in Hamburg, was es bedeutet, wenn die Sozialbindung von Wohnungen nach 30 Jahren abläuft. Dann werden diese Wohnungen bei der Neuvermietung teurer und langfristig findet eine laufende Verdrängung der bisherigen Wohnbevölkerung aus diesen sozialen Wohnbauten statt. Und auch bei der Wohnbauinitiative sind die Mieten nur auf eine bestimmte Zeit begrenzt, in den meisten Fällen auf zehn Jahre. Danach können bei der Neuvermietung wieder deutlich höhere Mieten verlangt werden. Deshalb ist die Wohnbauinitiative nicht nachhaltig. Wir sollten daher die Kritik des Rechnungshofes ernst nehmen und andere Instrumente nutzen und fördern, die zu einem besseren Ergebnis führen, den Gemeindebau, den gemeinnützigen Wohnbau. Und wir sollten vergünstigte Liegenschaften der Stadt nicht an gewerbliche Bauträger vergeben, sondern an gemeinnützige. Ich hoffe und bin vorsichtig optimistisch, dass die aktuelle Wohnbaustadträtin, wie schon bei der Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“, auch hier einen anderen Weg geht als ihr Vorgänger. Nur mit einer langfristigen Absicherung von Miethöchstgrenzen im Wohnbau, die wir fördern, schaffen wir eine Stadt, in der Wohnen für alle leistbar bleibt.
Ich möchte im Zuge dieser Debatte aber auch noch ein weiteres brennendes wohnungspolitisches Thema ansprechen. Auf Grund der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik haben viele MieterInnen Probleme, ihre Mieten zu bezahlen. Wohnraumsicherung wird uns in den nächsten Jahren beschäftigen und beschäftigen müssen. Die Möglichkeit, Mieten zu stunden und der damit verbundene Schutz vor Delogierungen bis Mitte 2022 sind wichtige Maßnahmen, um Delogierungen auf Grund der Corona-Krise zu verhindern. Delogierungen sind nicht nur sozialpolitisch inakzeptabel, sie haben auch finanziell deutlich schlimmere Folgen für den Einzelnen. Und Delogierungen sind für die öffentliche Hand budgetär die schlechteste aller Varianten im Umgang mit Mietrückständen. Deshalb müssen wir alles tun, um Delogierungen zu verhindern und den Wohnraum der Wienerinnen und Wiener abzusichern.
Wir müssen als Träger der Sozialhilfe, als soziale Stadt, jetzt geeignete Unterstützungsinstrumentarien schaffen, um eine Delogierungswelle zu verhindern. Das bedeutet auch, jene zu unterstützen, die die gestundeten Mieten nicht oder nur zum Teil zurückzahlen können. Deshalb bringe ich einen Antrag ein, mit dem wir die zuständigen StadträtInnen für Soziales und Wohnen mit der Erarbeitung solcher Unterstützungsinstrumentarien beauftragen. Wir haben mit der Hilfe in besonderen Lebenslagen Erfahrungen, solche Hilfeleistungen zur Verfügung zu stellen, aber die Strukturen und Voraussetzungen der Leistung müssen auf ihre Eignung für das vor uns liegende Problem geprüft werden. Wir haben mit der Fachstelle für Wohnungssicherung und der sozialen Wohnungssicherung Institutionen mit viel Erfahrung. Aber es müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, mit der großen Zahl von Fällen, die zu befürchten ist, umzugehen. Ich bin überzeugt, dass wir jetzt handeln müssen, damit wir vorbereitet sind, wenn die Stundung der Mieten ausläuft und die Mieterinnen und Mieter unsere Hilfe brauchen. Insofern hoffe ich darauf, dass Sie unseren Antrag unterstützen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und einen angenehmen Abend noch.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen, der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Georg Niedermühlbichler: Frau Vizebürgermeisterin! Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ja, lieber Georg Prack, du hast ja in deiner Wortmeldung festgestellt, dass Wien mit Grund und Boden seit jeher sorgsam umgeht. Deswegen haben wir nicht zuletzt den Wohnfonds. Über drei Millionen Quadratmeter Baufläche ist dort versammelt und gehört der Stadt Wien. Zur Wohnbauinitiative von unserem Bürgermeister, die du kritisiert hast, möchte ich schon darauf verweisen, dass diese nach der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise gestartet wurde, wo einfach wenig Geldmittel vorhanden waren und es hier darum gegangen ist, möglichst rasch auch Wohnraum zu schaffen. Insofern war das eine sehr gute und erfolgreiche Aktion. Es war aber damals schon klar, dass das natürlich eine einmalige Aktion ist und nicht prolongiert wird. Und zu deiner Sorge, dass mit Grund und Boden nicht sorgsam umgegangen wird, dass das seitens der Stadt Wien verkauft wird, hast du als damals Landessprecher der GRÜNEN, aber auch in den letzten Jahren durchaus miterlebt, dass wir immer mehr in Baurecht vergeben haben, dass wir das auch weiter so machen wollen, weil wir eben möglichst viel Grund und Boden auch im Besitz der Stadt Wien und der Kommune behalten wollen.
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