Gemeinderat, 4. Sitzung vom 28.01.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 100
privaten Kindergartenträger scheinbar viel effizienter arbeiten, viele Kosten müssen leider auch an die Eltern weitergegeben werden. Der Kampf Stadt gegen Private äußert sich auch dabei, wenn es darum geht, wohin denn die wenigen Pädagogen, die sich wirklich dafür entscheiden, gehen.
Da setzt die Stadt sämtliche Maßnahmen, um sie den Privaten abzugraben, zum einen über ein Ausbildungssystem, bei dem man sich verpflichtet, nachher direkt bei der Stadt zu arbeiten, oder mein persönliches Highlight, dass man jetzt seitens der Stadt die Einstiegsgehälter um 300 EUR erhöht hat, was wir natürlich toll finden, aber den Privaten gibt man überhaupt nicht die Chance, da mitzuziehen. Die Förderungen habe ich vorher schon angesprochen: Da ist es natürlich relativ klar, wohin der Weg für den Bewerber geht, wenn er vor der Entscheidung steht, ganz zu Beginn seines Erwerbslebens 300 EUR mehr oder 300 EUR weniger im Monat zu verdienen. Das wird bei der nächsten Pensionierungswelle gerade die privaten Kindergartenträger enorm treffen.
Wir würden uns über jede Maßnahme freuen, die tatsächlich mehr Fachkräfte und kleinere Gruppen in unsere Kindergärten bringen würde. Alles andere, ich habe es vorher ein bisschen ausgeführt, ist natürlich auch nett, wird aber definitiv die Herausforderungen, die wir im Bildungssystem haben, gerade in den Kindergärten definitiv nicht lösen.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Vielen Dank. Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Mag. Gremel. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag. Marcus Gremel (SPÖ): Geschätzte Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Zierfuß!
Mit Wordings wie Kampfabgaben und dem Auseinanderdividieren von städtischen und privaten Trägern werden wir sicher keinen Fortschritt im Kindergartenbereich erzielen, das geht nur gemeinsam und nicht mit dem Verbreiten von Halbwahrheiten. Wir sind uns hier glücklicherweise mittlerweile alle einig, dass die Kindergärten nicht nur eine Betreuungseinrichtung, sondern die erste Bildungsinstitution im Leben unserer Kinder darstellen. Wir wissen aus Studien, dass alles, was man in diesen jungen Jahren nicht lernt, später nur unter viel höherem Aufwand aufzuholen ist.
Gleichzeitig ist aber ein dichtes Netz an Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen auch die Voraussetzung dafür, dass Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelingen kann. Eltern sind schlicht darauf angewiesen, einen Platz im Kindergarten zu haben. Das haben wir gerade in den letzten Monaten ganz, ganz eindringlich vor Augen geführt bekommen.
Diese zwei Aufgaben, die die Kindergärten zu erfüllen haben, nämlich Platz für alle zu bieten, die ihn brauchen, und gleichzeitig aber dort auch die beste Qualität in der Bildung anbieten zu können, die stehen natürlich auch in einem ständigen Spannungsfeld zueinander, weil finanzielle Ressourcen nun mal nicht unendlich vorhanden sind. Besserer Platz auf der einen Seite und bessere Rahmenbedingungen auf der anderen Seite darf aber kein Entweder-oder sein, dass muss ein Sowohl-als-auch sein. Wir müssen Platz für alle, die es brauchen, schaffen und die bestmögliche Qualität in den Plätzen sicherstellen. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.
Wenn ich gemeinsam sage, dann meine ich Bund und Land, weil es da natürlich auch geteilte Zuständigkeiten gibt. Nur so werden wir das Angebot, das in Wien eh schon mit weitem Abstand das Beste in ganz Österreich ist, weiter verbessern können. In Wien stocken wir dafür die Sprachförderkräfte von 300 auf 500 auf, verdoppeln die Assistentinnen- und Assistentenstunden, wie wir es gehört haben, schaffen somit schnelle Verbesserungen im Betreuungsschlüssel, und wir bauen auch bei den Unter-3-Jährigen weiter aus, damit auch alle einen Platz bekommen, die einen brauchen.
Es freut mich auch wirklich sehr, dass sich die Bundesregierung nun durchgerungen hat, endlich eine ganz, ganz wesentliche Forderung, die Wien seit vielen Jahren gestellt hat, umzusetzen, nämlich die PädagogInnenausbildung um einen Collegekurs oder um Collegekurse zusätzlich zu erweitern, weil das einfach der wichtigste Puzzlestein ist, wenn es darum geht, auch nachhaltig für eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels zu sorgen. Es freut mich wirklich sehr, dass es offensichtlich damit doch einen Punkt gibt, bei dem sich die GrüneN gegenüber der ÖVP im Sinne der Kinderrechte in der Bundesregierung durchsetzen konnten.
Aber das Recht auf Bildung ist nicht das einzige Kinderrecht. Herr Kollege Stadler, ich kann Ihnen das heute leider nicht ersparen, denn Sie sind nun mal Teil der Bundesregierung, Sie sind mitverantwortlich dafür, wie mit Kindern auch in unserer Stadt umgegangen wird. Wie Sie da mitspielen, ist wirklich bedrückend. Die Kinderrechte beinhalten auch ein Recht auf besonderen Schutz. Heute in der Nacht sind während der Pandemie Kinder, die in Österreich geboren sind, hier aufgewachsen sind, kein anderes Zuhause kennen, von einer Hundertschaft an Polizisten mit scharfen Hunden aus dem Schlaf gerissen worden, in einen Bus gesetzt und abgeschoben worden. Das ist wirklich, wirklich beschämend. Werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, es gibt sowas wie ein humanitäres Bleiberecht, es ist zum Schämen, was da passiert. Mit Christlichkeit und Nächstenliebe hat das überhaupt nichts zu tun.
So, nochmal zurück zu den Kindergärten: Wer wirklich Tag für Tag - und nicht nur in Sonntagsreden - an der Umsetzung der Kinderrechte beteiligt ist und daran arbeitet, sind unsere großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Wiener Kindergärten, die gerade in den letzten Monaten der Pandemie Unglaubliches geleistet haben. Ohne sie hätten wir volle Mistkübel, hätten wir fehlendes Krankenhauspersonal, und so weiter, und so fort, weil einfach viele Wienerinnen und Wiener ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen könnten.
Ein herzliches Danke dafür, dass Sie in der Pandemie durchgehalten haben, weiter durchhalten und den Wiener Kindern die bestmögliche und hochprofessionelle Betreuung sichern. - Danke.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Herr Gemeinderat, darf ich Sie noch bitten, das Pult zu
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