Gemeinderat, 74. Sitzung vom 24.09.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 101
Inzwischen - und das hat mich ja besonders empört - hatten wir ja im Sommer einen interessanten Verkehrsausschuss. Da ist im Nachtrag ganz verschämt ein dünnes Heftchen von drei Seiten hereingeflattert. Wenn man dort nachgelesen hat, das ist der Rechenschaftsbericht des Mobilitätsfonds, auch so ein grünes Teufelsding. Dieser Mobilitätsfonds ist eine sehr bemerkenswerte Einrichtung, denn der speist sich aus Beiträgen von Bauträgern, teilweise verpflichtend, teilweise freiwillig, und soll dann für irgendwelche Projekt zur Verfügung stehen, die in irgendeiner Weise eine Mobilitätsinfrastruktur in Neubauvierteln herbeiführen können. So weit so gut. Was heißt das im Klartext? Wenn ich als Behörde, die ja die Stadt ist, die Bauwerber einlade, quasi etwas zu spenden, dann sind wir schon verdächtig nahe an der Bestechlichkeit beziehungsweise auf der anderen Seite an quasi Schutzgelderpressung, wie das Kollege Juraczka seinerzeit diagnostiziert hat. Ich kann mich dem nur anschließen. Das ist tatsächlich von der Struktur her schon einmal eine unerträgliche Konstruktion.
Damit aber nicht genug, jetzt haben wir uns einmal angeschaut: Was haben sie mit diesem Geld laut eigenem Rechenschaftsbericht gemacht? - Sie haben 434.000 EUR an Einnahmen gehabt, ganz ein beachtlicher Betrag, und die haben sie wie folgt verwendet: 10 Prozent oder 44.000 für Personalkosten, Sachkosten im Büro 3,4 Prozent oder 14.781. Tatsächlich an Förderungen ausgeschüttet haben sie 13.469, das macht stolze 3 Prozent von dem Gesamtbetrag, den sie eingehoben haben, aus. Meine Damen und Herren, mit einem solchen Rechenschaftsbericht trauen sie sich überhaupt aus dem Haus? Das ist doch schlicht und ergreifend unerhört: Nur 3 Prozent der gesamten eingesammelten Summe an sachgerechten Förderungen, und fürs Büro in Summe 13 Prozent, also wirklich ein echter Skandal.
Weil Ihnen das offensichtlich jetzt selber unheimlich geworden ist, haben sie ein neues Projekt finanziert, das kostet jetzt richtig viel, nämlich 156.000 EUR für 2 Elektroautos, die sie jetzt im Carsharing vermieten. Jetzt frage ich mich nur eines: 156.000 ist ein satter Betrag, und diese Autos bekommt man jetzt nicht vielleicht gratis, sondern da gibt es einen ganz normalen Tarif wie bei jedem kommerziellen Carsharing-System auch. Warum muss das mit Steuergeldern beziehungsweise in diesem Fall mit, sagen wir jetzt einmal, Schutzgeldern finanziert werden? Diese Konstruktion ist also nicht wirklich nachvollziehbar. Das Ganze ist aber wirklich, glaube ich, durchaus wert, dass sich in absehbarer Zeit der Rechnungshof einmal mit der ganzen Angelegenheit beschäftigt.
Jedenfalls möchte ich von diesem grünen Netzwerk zur Steuergeldverschwendung wieder zum grundsätzlichen Thema des Radfahrens zurückkommen, weil mir das eigentlich ein Anliegen ist und weil ich selbst viele Jahrzehnte sogar ausschließlich mit dem Fahrrad gefahren bin. Es ist mir deswegen ein Anliegen, dass es sich verbessert und nicht, dass es zum ideologischen Grundsatzthema der GRÜNEN wird. Nicht zuletzt möchte ich mich auch nicht als Grüner outen müssen, wenn ich auf ein Fahrrad steige. Manchmal ist es in der Praxis schon so. Da bin ich Ihnen wirklich böse, dass Sie das Radfahren ideologisiert haben.
Mir geht es um die Sicherheit im Radverkehr, und deswegen sind gerade die Lastenfahrräder ein Anlass, sich mit dem Thema verstärkt auseinanderzusetzen, weil sie auf Grund ihrer technischen Gegebenheiten - groß, schwer, sperrig - eben ganz andere Anforderungen als der klassische Radverkehr an die Infrastruktur, aber auch an das Verhalten der Menschen stellen.
Deswegen möchten wir mit zwei Anträgen ein Sicherheitspaket für Fahrräder fordern. Das sieht auf der einen Seite eine Kennzeichnungspflicht für kommerziell genutzte große Lastenfahrräder vor und auf der anderen Seite entsprechende Vorkehrungen, damit diese Fahrzeuge nicht in den Fußgängerzonen, Einbahnen oder auf schmalen Radwegen zu Schwierigkeiten führen. Auf der anderen Seite wollen wir gerne haben, dass die Mobilitätsagentur, wenn sie schon existiert, ihre Öffentlichkeitsarbeit darauf konzentriert, dass man die Sicherheit im Radverkehr bewirbt und nicht irgendwelche reinen Wohlfühlthemen, meine Damen und Herren. Diese beiden Anträge möchte ich als Sicherheitspaket für Fahrräder einbringen und darf mich ansonsten für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Bitte schön.
Berichterstatter GR Siegi Lindenmayr: Werte Damen und Herren!
Meine Vorredner haben sich die meiste Zeit nicht mit dem eigentlichen Aktenstück beschäftigt, daher kann und darf ich als Berichterstatter nicht dazu Stellung nehmen. Ich möchte aufs eigentliche Aktenstück zurückkommen und, weil der Sicherheitsaspekt angesprochen wurde, darauf, was Fahrräder sind. Was Fahrräder sind, ist genau in der Straßenverkehrsordnung definiert, und da ist beispielsweise auch der Unterschied zwischen Fahrrädern oder Fuhrwerken genau festgehalten. Der Vorredner hat möglicherweise von Fuhrwerken gesprochen, das kann ich jetzt nicht so genau beurteilen.
Es gibt auch ein Informationsblatt von der Mobilitätsagentur über die förderbaren Transportfahrräder, und da ist genau festgehalten, was gefördert wird und was nicht. Das sind ganz, ganz genaue Vorschriften. Dass der Fördertopf so rasch ausgeschöpft wurde, ist das beste Beispiel dafür, dass diese Fahrräder benötigt werden.
Ich schlage Ihnen vor, dass wir hier eine Ausweitung dieses Fördertopfes beschließen. Zu den eingebrachten Anträgen kann ich Ihnen nur empfehlen, diese alle abzulehnen, dem Aktenstück aber zuzustimmen.
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke schön.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 62 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die Genehmigung von Verträgen über Infrastrukturmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben in Wien 19., Muthgasse 50, 105 und 107-109 A/B. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, Herrn GR Valentin, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatter GR Erich Valentin: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
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