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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 29.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 93

 

suche, wozu auch immer, fahren, vorrangig diese Garagen nutzen.

 

Dazu ist aber einiges auf die Reise zu bringen. Ich spreche von einem Garagengipfel. Man muss die Betreiber an Bord holen. Ich spreche auch davon, dass man die Wirtschaft im Idealfall an Bord holt. Es gibt ja immer wieder solche Modelle, dass man, wenn man irgendwo einkaufen geht, einen Teil der Parkkosten refundiert bekommt.

 

Das sage ich jetzt einmal ins Blaue hinein, aber natürlich muss man sich solche verkehrslenkenden Maßnahmen auch mit ihren Auswirkungen auf die umliegenden und angrenzenden Bezirke ansehen. Aber diese Idee ist jedenfalls nachvollziehbar, das ist ein Weg, den man gehen sollte.

 

Ich muss aber gestehen, die autofreie Stadt sehe ich anders, nicht als eine Stadt, die zwar primär den Bewohnern gehört, wo es aber doch eine Vielzahl von Ausnahmen gibt. Derzeit sind geplante 27 Ausnahmen der Befahrung möglich. - Das ist der eine Punkt.

 

Der zweite Punkt - und das ist wahrscheinlich noch viel wesentlicher in den Auswirkungen - ist die Verkehrspolitik der Versäumnisse. Frau Stadträtin! Sie haben bei einem medial relativ groß inszenierten Verkehrsgipfel im Herbst letzten Jahres den staunenden und versammelten Medien berichtet, dass es bis Ostern eine Neuordnung der Parkraumbewirtschaftung geben würde. Wir, das heißt, diejenigen, die damals bei diesem Verkehrsgipfel dabei waren, haben bis vor wenigen Tagen nichts mehr gehört! Jetzt haben wir eine zweite Einladung bekommen. Dieser Verkehrsgipfel heißt zwar jetzt nicht mehr Verkehrsgipfel, sondern es geht dabei um Klimapolitik. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass das eine durchaus mit dem anderen etwas zu tun hat. Aber das zeigt doch, dass die Prioritäten ein bisserl von der Parkraumbewirtschaftung weggehen sollen.

 

Man sieht, dass viele Bezirke unter dem Fleckerlteppich zu kämpfen haben. Schauen Sie sich nur einmal die jetzige Situation in Simmering an, wo man nun bis Kaiserebersdorf eine Parkraumbewirtschaftung hat, weil es diesen Verdrängungsmechanismus gibt. Wir haben auch dort eine Problematik, die wir eigentlich schon 2013 prognostiziert haben, und deswegen ist Handlungsbedarf dringend gegeben.

 

Ich kann Ihnen beispielsweise sagen: Ich als Bewohner der Hernalser Seite des Schafbergs kann mich noch gut erinnern, dass, bevor es die Westausdehnung der Parkraumbewirtschaftung gab, der öffentliche Stellplatz bei uns rares Gut war. Wir waren dicht verstellt. Als dann in Hernals, aber nicht am Schafberg, die Parkraumbewirtschaftung kam, gab es bei uns plötzlich überhaupt die Katastrophe: Auto stand an Auto. Zwei bis drei Monate später herrschte wieder der Normalzustand, nämlich dichter Stellplatzdruck, aber nicht anders als sonst. Dann wurden Währing und der gesamte Schafberg parkraumbewirtschaftet, und dann war es plötzlich herrlich: Man fand Parkplätze noch und nöcher, und ich habe mir schon fast gedacht: Vielleicht ist doch etwas dran! Nun ja. Das hat auch nur zwei bis drei Monate gehalten. Jetzt gibt es wieder enges Parkraummanagement, man findet gar nicht so leicht einen Parkplatz, obwohl alles jetzt parkraumbewirtschaftet ist.

 

Ich glaube, dass auch das Modell der Anrainerparkplätze, das ja viel später geschaffen wurden als die Kurzparkzone, in Wahrheit nichts anderes zeigt als die Problematik und die Fehler der Parkraumbewirtschaftung und dass Menschen dennoch keine Parkplätze finden. In diesem Zusammenhang sind Sie säumig, Frau Stadträtin. Das ist wirklich ein Problem, das wir so rasch wie möglich in dieser Stadt lösen müssen!

 

Die ÖVP hat schon seit 2012 ein Modell, das eigentlich hier viel zu wenig auch mit den anderen Fraktionen diskutiert wurde. Mittlerweile haben Automobilklubs nachgezogen. Die Wirtschaftskammer hat ein Modell wie das unsere vorgestellt, und jetzt sagen auch schon vernünftige Bezirksvorsteher wie jener der Donaustadt, dass er eigentlich mit dem Wirtschaftskammerpräsidenten viel lieber die Parkraumbewirtschaftung diskutieren würde als mit der Frau Stadträtin, weil er glaubt, dass dort die konstruktiveren Kräfte zu Hause sind. - Ich glaube, das sagt schon einiges, meine Damen und Herren!

 

Wenn ich von den Versäumnissen rede, dann ist aber mit der Parkraumbewirtschaftung noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Der U-Bahn-Ausbau wurde lange von Grün blockiert. Jetzt gibt es Gott sei Dank einen Schritt bei der U5. Aber wenn wir davon gesprochen haben, an die Stadtgrenze nach Purkersdorf, nach Klosterneuburg, vielleicht in den Süden Richtung Brunn am Gebirge oder weiter nach Mödling zu gehen, zumindest einmal in der Vision, dann hat es immer geheißen: Bei Auhof raus nach Purkersdorf? Purkersdorf hat 9.000 Einwohner, das rechnet sich ja nicht! - Als könnte man dort nicht alle Einpendler auf Park-and-ride-Plätzen fokussieren beziehungsweise sozusagen auffangen und mit hochrangigen öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt bringen! Da ging es um bewusstes Missverstehen und um Versäumnisse.

 

Die Provokation brauche ich, glaube ich, auch nicht länger zu erklären. Wir sehen es ja, wenn wir uns die Pop-up-Radwege ansehen, und zwar auf Straßen, wo es schon einen Radweg gibt. Das hat Kollegin Emmerling bewusst unter den Tisch fallen lassen, als sie ihrer Begeisterung über Pop-up-Radwege Ausdruck verliehen hat.

 

Wir haben ganz unterschiedliche Zugänge bei der Verkehrspolitik. Ich glaube, Kollege Fürnkranz hat in der Diskussion dieses berühmte Zitat von Christoph Chorherr in der ORF-Sendung „Report“ angeführt. Chorherr hat begonnen mit: „Wenn es uns gelingt, die Autofahrer zu zwingen.“ Dann hat er gestoppt und ersucht, man möge das rausschneiden. Das hat man Gott sei Dank nicht getan, darum weiß man, wie die grüne Verkehrspolitik tickt. - Ich bin der Meinung, es muss uns gelingen, den Autofahrern Angebote zu machen, und das ist der fundamentale Unterschied in dieser Verkehrspolitik!

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich weiß, wir werden so schnell nicht zueinander finden. Aber wenn Sie den Dialog wirklich suchen wollen, dann sollten Sie das nicht nur als Medienereignis inszenieren und bei nahenden Wahlterminen machen, sondern dann sollte zwischen

 

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