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Gemeinderat, 70. Sitzung vom 24.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 147

 

dass mehr als die Hälfte der LGBTIQ-Jugendlichen an ihrer Ausbildungsstätte Diskriminierung, Beschimpfung und Beleidigungen erfahren und wir wissen - und das ist erschreckend -, dass all das einen Teufelskreis auslöst, der letztendlich dazu führt, dass LGBTIQ-Jugendliche eine vier- bis sechsfach höhere Selbstmordrate haben als alle anderen Jugendlichen.

 

Angesichts dieser Tatsache empfehlen nahezu alle Expertinnen und Experten die Errichtung eines queeren Jugendzentrums mit speziellen Fachkräften und spezifischen Angeboten für LGBTIQ-Jugendliche. Das gibt es heute in Wien noch nicht, andere Städte wie Berlin, München, Paris, Köln haben das aber zum Beispiel bereits. Es freut mich daher ganz besonders, dass wir heute hier einen gemeinsamen Antrag von SPÖ, GrüneN und NEOS an den Start bringen, mit dem wir genau das Thema queeres Jugendzentrum adressieren, denn ich weiß aus meinem Lebensumfeld und auch aus meiner eigenen Lebenserfahrung, wie wichtig es ist, dass eine solche Einrichtung geschaffen wird. Dabei soll es keinesfalls darum gehen - das möchte ich auch betonen -, dass wir die bestehenden Infrastrukturen diskreditieren oder ersetzen, sondern das soll das bestehende Angebot ergänzen beziehungsweise ersetzen.

 

LGBTIQ-Jugendarbeit kann jedenfalls nicht allein vom Ehrenamt getragen werden. Vielmehr braucht es ausgebildete und hauptberufliche Fachkräfte, die auch regelmäßige Fortbildungen in diesem Bereich absolvieren, damit wir gemeinsam ein niederschwelliges und jugendgerechtes Angebot etablieren können.

 

Ich freue mich, wie gesagt, über den gemeinsamen Antrag und über die gemeinsame Initiative, und ich lade Sie alle ein, diesem Antrag heute zuzustimmen. - Vielen Dank.

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Peter Kraus. Bitte.

 

14.54.31

GR Peter Kraus, BSc (GRÜNE)|: Ich muss ehrlich sagen: Ich bin heute unglaublich stolz und glücklich. Für mich ganz persönlich ist das ein wirklich schöner Zwischen-Step - denn es ist ja kein Abschluss - in einem Projekt, das mir sehr am Herzen liegt.

 

Ich gehe jetzt kurz zurück: Das, was vor fünf Jahren in Gesprächen rund um die Regierungsverhandlungen als Idee und gemeinsames Vorhaben aufgetaucht ist und im Regierungsprogramm noch unter dem Schlagwort „Demokratiewerkstatt“ - tatsächlich unter Anführungszeichen - steht, ist in den letzten Jahren einfach toll gewachsen und ist jetzt zu einem dermaßen schönen Ergebnis gekommen, dass dieser Tag für mich ein guter ist, der mich stolz macht. Ich bin stolz auf die tolle Zusammenarbeit in den letzten Jahren.

 

Was ist geschehen? - Ich hätte mir das nie träumen lassen! Werfen wir noch einen kurzen Blick zurück, was seit 2019 im Rahmen der „Werkstadt Junges Wien“ passiert ist: In 1.300 „Werkstädten“ haben über 22.000 Kinder und Jugendliche die Zukunft unserer Stadt gemeinsam besprochen. Nur damit man sich das vorstellen kann: Mit diesen Kindern und Jugendlichen könnten wir diesen Saal hier über 220 Mal bis auf den letzten Platz füllen! Dieser Gemeinderatssaal wäre 220 Mal gefüllt! Und die Debatten und die Ideen, die dabei entstanden sind, sind gut für die Zukunft unserer Stadt.

 

Ich konnte mit dem Stadtrat und mit Kollegin Marina Hanke auch bei einigen „Werkstädten“ und Termine mit dabei sein, und es war großartig. Es wurden hochpolitische Diskussionen aus der Lebensrealität junger Menschen heraus geführt. Ich war bei einem Termin im „Spacelab kreativ“ in Favoriten. Dabei ging es um den Arbeitsmarkt, um Zukunftschancen und Ausbildungschancen, aber auch darum, wie neue Stadtentwicklungsgebiete entstehen. „Spacelab kreativ“ ist ja im Sonnwendviertel, in einem Stadtentwicklungsgebiet, wo ein neuer Park entsteht, und es wurde besprochen, wie man diese öffentlichen Räume und Freiräume nutzen kann.

 

Wir waren gemeinsam bei der Lehrlingskonferenz im 15. Bezirk, wo es vor allem um Lehrstellen und Jobchancen ging. Es wurden überall aber auch andere Themen diskutiert, quer durch von Kriminalität bis Klimaschutz.

 

Es gab dann im Festsaal, also auf der anderen Seite des Rathauses, die Konferenz der Kinder und Jugendlichen. Wir sind damals noch auf dem Boden gesessen. Das war noch eine Nicht-Corona-Phase, und wir sind eng gedrängt mit hunderten Kindern auf dem Boden auf Teppichen im Festsaal gesessen, um die Zwischenergebnisse zu diskutieren und eine Schleife zu ziehen.

 

Wir waren sogar gemeinsam im Kindergarten, haben die Schuhe ausgezogen und sind, wie es sich im Kindergarten gehört, auf Socken hineingegangen und haben mit den Kleinsten gesprochen.

 

Jetzt ist das Ergebnis da. Jürgen Czernohorszky hat es schon gesagt. Es gibt 196 Maßnahmen. Und die Ergebnisse zeigen aus meiner Sicht ganz klar, dass die nächste Generation eigentlich weiß, wohin die Reise geht. Wenn man es so formulieren will: „The kids are alright.“ Sie wissen ganz genau, wie die Stadt der Zukunft ausschauen soll. Sie wissen ganz genau, wohin die Reise gehen soll.

 

Ein Hauptpunkt ist auch schon angesprochen worden: Für den Bereich Natur, Umwelt und Klimaschutz sind 2.600 Anregungen gekommen. Aus meiner Sicht ist das ein gutes Beispiel dafür, dass Kinder und Jugendlich sich nicht nur Gedanken darüber machen, was ihren unmittelbaren Lebensbereich betrifft, also dass sie in die Schule gehen, zu Hause sind und vielleicht Freunde treffen, sondern dass sie sich Gedanken über alle Lebensbereiche machen und natürlich auch darüber, wie ihre eigene Zukunft ausschauen wird. Selbstverständlich finden sich in dieser Strategie dann auch Aufträge für uns als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. Diese Ergebnisse sollten nämlich für uns eine Leitschnur sein.

 

Natürlich ist das jetzt ein Auftrag an die Regierung. Aber wir treffen in diesem Haus weitreichende Entscheidungen, und ich glaube jedenfalls, dass diese Kinder- und Jugendstrategie auch für uns eine gute Leitschnur ist, dass wir jedes Mal, wenn wir hier in diesem Haus die Hand heben oder nicht heben, im Blick haben müssen, was die jungen Menschen der nächsten Generation wollen, die nicht mitstimmen und die teilweise auch noch nicht wählen gehen können, solange sie nicht 16 oder aus anderen Gründen nicht wahlberechtigt sind. Wir

 

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