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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 26.05.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 73

 

gen deshalb, da es eigentlich von Anfang an klar war, dass der Kunst- und Kulturbereich von den Maßnahmen besonders hart betroffen sein wird, die zur Abfederung der Corona-Krise getroffen wurden. Der Hintergrund, vor dem wir heute über Kunst und Kultur sprechen, ist natürlich ein Albtraumszenario.

 

Viele Statements in den letzten Jahren, die ich so verfolgt habe, haben immer mit den Worten begonnen: Österreich ist eine Kulturnation! Ich weiß zwar nicht, was mit dem Begriff Kulturnation gemeint ist, und ich habe mich immer ein bisschen geärgert darüber, weil ich in den letzten Jahren in Österreich einen kulturpolitischen Konzept- und Reformstau gesehen habe, jetzt freut es mich aber, dass wir alle gemeinsam Kunst und Kultur und Kulturpolitik als grundlegend wichtige Säulen unserer Gesellschaft sehen.

 

Bis gestern war es für mich so, dass ich in der Woche 10 eigentlich immer noch auf Bundesebene relativ wenig zum Thema Kunst und Kulturpolitik gehört habe. Das hat man mit den Worten Konzept- und Perspektivenlosigkeit zusammengefasst, eine Perspektiven-, Konzept- und Planlosigkeit, die ich nicht verstehe, weil es auf der einen Seite eine Staatssekretärin gegeben hat, oder immer noch gibt, die dafür verantwortlich ist, aber auch einen Minister, nämlich den Vizekanzler, der den Kunst- und Kulturbereich eigentlich zu verantworten hätte. Ich war sehr erstaunt und bin immer noch sehr erstaunt über diese Konzept- und Reformlosigkeit, da eigentlich sehr früh klar war, was es hier im Kunst- und Kulturbereich braucht. Eine Erhebung der IG Kultur hat uns gezeigt, dass im Mai wahrscheinlich ein Drittel der Kunst- und Kulturinstitutionen zahlungsunfähig sein wird und ein weiteres Viertel nur mehr eingeschränkt zahlungsfähig sein wird. Der befürchtete Gesamtschaden im Kunst- und Kulturbereich durch die Absage von Veranstaltungen österreichweit ist bis Mai mit 10,7 Millionen EUR beziffert worden. Ich hätte mir hier von Anfang an das gewünscht, was ich mir eigentlich immer in der Politik wünsche, nämlich, dass wir aus Betroffenen Beteiligte machen, dass wir uns zusammensetzen, dass wir gemeinsam reden, zuhören, und mit der Kunst- und Kulturszene einen Plan entwickeln.

 

Bis gestern war da relativ wenig zu sehen, auch keine Planbarkeit etwa im Bereich der Proben, und die Herausforderungen, die wir heute im Kunst- und Kulturbereich sehen, sind meiner Meinung nach Herausforderungen, die eigentlich nicht nur von Anfang an offenkundig waren, sondern die deutlich machen, was im Kunst- und Kulturbereich seit Jahren nicht funktioniert: Stichwort „prekäre Verhältnisse“ der Menschen, die in diesem Bereich tätig sind. Wir sehen in diesen Tagen, wie ich meine, sehr deutlich, wo unser soziales System gut funktioniert und wo es Nachbesserungsbedarf gibt. Wir haben seit Jahren schon in der Diskussion das Modell einer Grundsicherung damit verbunden, vor allem eines: Eine Grundsicherung macht Menschen nicht zu Bittstellern, sondern zu Anspruchsberechtigten, was ich persönlich als sehr wichtig sehe, und ich vermisse, wenn wir über Kunst und Kultur sprechen, die Diskussion über das Thema Grundsicherung. Und ganz wichtig dabei: Eine Grundsicherung hat auch noch den Vorteil, dass du nebenbei arbeiten gehen kannst, weil es eine Einschleifregelung gibt, ohne dass du gleich den Rechtsanspruch komplett verlierst.

 

Ich möchte noch einen kurzen Blick auf das Thema Wien werfen. Am 24. März gab es eine gemeinsame Pressekonferenz von Ihnen, Frau Stadträtin, mit dem Herrn Bürgermeister unter dem Motto „niemanden alleine lassen“. Das Motto unterstütze ich natürlich, begrüße ich natürlich, möchte aber anhand der Maßnahmen aufzeigen, wo ich glaube, dass wir im Kunst- und Kulturbereich Nachschärfungsbedarf haben: Wir haben gesagt, in Wien sollen vorgezogene Ratenzahlungen seitens der Stadt ermöglicht werden. Das finde ich super, das ist ganz wichtig, absolut notwendig, alles andere wäre auch absurd aus meiner Sicht. Allerdings, diese kurzfristige Maßnahme würde natürlich dazu führen, dass das Geld nachher auch fehlen wird, wenn wir die Ratenzahlungen vorziehen, nämlich dann, wenn wir den Regelbetrieb im Kulturbereich wieder aufnehmen.

 

Dann haben wir zum Thema Umgang mit Subventionen in Zeiten der Corona-Krise gesagt, wir nehmen von Rückzahlungsforderungen Abstand. Auch das halte ich für absolut wichtig und sinnvoll und natürlich auch für unterstützenswert.

 

Wir haben gesagt, die Stadt Wien steht zu ihren Fördervereinbarungen, es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, das Förderwesen auch aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang möchte ich auch den Kolleginnen und Kollegen der Magistratsabteilung dafür meinen Dank aussprechen, möchte aber auch sagen - da es bei der Pressekonferenz als Maßnahme erwähnt worden ist -, das halte ich natürlich schon auch für eine Selbstverständlichkeit, dass Politik und Verwaltung hier ihren Aufgaben nachkommen und ihre Zusagen auch tatsächlich einhalten.

 

Das Thema Arbeitsstipendium, über das wir heute hier reden - gleich vorweg, da werden wir natürlich zustimmen -, ist eine ganz wichtige Geschichte und, wie ich meine, auch eine sehr gelungen Maßnahme, die es auch tatsächlich verdient, als Maßnahme bezeichnet zu werden, vor allem deshalb, weil es eine wichtige und richtige Entwicklung ist, weg von den Projektförderungen, hin zur Förderung der Arbeitsprozesse. Die Idee dahinter ist begrüßenswert, denn sie zwingt keine Künstlerinnen und Künstler dazu, digitale Ausweichprojekte zu machen, sondern sie sagt, der Arbeitsprozess wird gefördert. Das ist im Übrigen auch eine alte Forderung der freien Szene, der IG Freien Theater, ich finde es gut, dass wir diese Forderung auch umsetzen. Und wir werden da natürlich auch heute zustimmen.

 

Ich möchte zum Schluss noch einen Blick auf die Frage werfen - wenn wir jetzt die Maßnahmen, die wir in Wien getroffen haben, hernehmen und wenn wir die Maßnahmen, die auf Bundesebene getroffen worden sind, hernehmen -, was aus meiner Sicht fehlt und wo wir aus meiner Sicht einen akuten Handlungsbedarf haben: Das ist das Thema Kulturvereine. Und ich präzisiere: All jene Kulturvereine, die nicht im üblichen Geschäft des Gemeinderates um Förderungen ansuchen und Förde

 

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