Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 101
öffentlich diskutiert. Für mich, die ich mich sozusagen neu in die Materie einarbeite, war er wirklich sehr hilfreich und sehr erhellend, mitunter auch bestürzend, weil wir eigentlich erst jetzt, 2020, über sehr viele Lücken Bescheid bekommen oder hinsichtlich der Finanzströme informiert werden.
Ich muss wirklich sagen, wie groß die Unterschiede in der Versorgung, in der Kostenstruktur, in der Vergabe, aber auch in der Kompetenzverteilung, in der Organisationsform sind, war wirklich sehr erhellend, zu lesen, wie ungenau mit der Begrifflichkeit umgegangen wird. Interessanterweise gibt es nicht einmal einen klaren Begriff für Pflege. Also was vergleicht man da eigentlich? - Ich hoffe wirklich, dass es hier zu stärkeren Auseinandersetzungen dahin gehend kommt, wo Vereinheitlichungen und Gemeinsamkeiten sinnvoll sind.
Ich glaube aber, die wirklich große Bedeutung dieses Berichts liegt darin, dass der Prüfbericht aufgezeigt hat, wie dramatisch, wie wirklich dramatisch der Bedarf an Pflegekräften zukünftig sein wird. Sie haben aufgezeigt, dass es nicht nur an der positiven Entwicklung, dass wir alle älter werden, liegt, sondern auch daran, dass viele, die derzeit pflegen, sich der Pension nähern, und dass auch weniger pflegende Angehörige auf Grund der demographischen Veränderung zur Verfügung stehen. Ich meine, auch aus grüner Sicht sagen zu dürfen, es ist auch nicht unbedingt sinnvoll, wenn man das nicht will, dass die Angehörigen pflegen, sondern es braucht da Alternativen.
Der Prüfbericht hat ganz deutlich davor gewarnt, dass in den Ländern bei Weitem nicht ausreichend auf diesen Pflegebedarf, der vorhanden ist, bislang reagiert oder vorausschauend geplant wurde. Den Bedarf an professioneller Pflege, und das finde ich ganz wichtig, streicht der Prüfbericht heraus. Es ist die professionelle Pflege, die wir aufbauen müssen. Das ist natürlich nicht die Aufgabe des Rechnungshofberichts, zu sagen, wie das geht. Sondern das ist unsere politische Aufgabe, gemeinsam mit den ExpertInnen, mit dem Pflegepersonal, aber natürlich auch mit den PatientInnen, den zu Pflegenden und auch ihren Angehörigen.
Gesundheitsminister Anschober hat als große Konsequenz aus diesem Bericht die Pflegereform in die Wege geleitet. Er will im Jänner schon die ersten Berichte der Taskforce der Öffentlichkeit präsentieren. Was wir jetzt in letzter Zeit aus den Medien aber schon erfahren durften, ist, dass eine große Ausbildungsoffensive seitens des Bundes gestartet wird, dass dem Minister ganz wichtig ist, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, dass in die Weiterbildung und Qualifizierung investiert wird und insgesamt für alle Pflegenden auch die gesundheitsfördernden Maßnahmen stärker in den Vordergrund treten.
Ich glaube, bei all den Reformbemühungen muss immer - und ich glaube, das hat auch Minister Anschober deutlich gesagt - das Ziel, warum Menschen pflegen wollen, in den Vordergrund gerückt werden. Es geht darum, Zeit für Menschen, die man pflegt, zu haben. Ich glaube, dass die Digitalisierung für gewisse Dinge eine Hilfe sein kann, aber gerade was die Zeit für die Pflege der Älteren betrifft, da muss man, glaube ich, sehr vorsichtig sein.
Der Bund verspricht 7.000 zusätzliche Ausbildungsplätze für Pflege. Sehr positiv zu vermerken ist, dass Wien auch neue Pflegeausbildungsmöglichkeiten finanziert, ermöglicht und auch über den FH-Campus die Ausbildung sozusagen vorangetrieben wird. Ich denke aber, dass bei all diesen Bemühungen, mehr Menschen in die Pflege zu bringen, auch immer ein Auge darauf gelegt werden muss, wie die Arbeitsbedingungen ausschauen. Denn sonst kann man Menschen nicht rekrutieren. Man muss sich auch wirklich fragen, wie es sein kann, dass 7 Prozent aller Menschen, die eine Pflegeausbildung haben, nicht in diesem Beruf arbeiten wollen. Diese gesamten Erfahrungen einzubeziehen, wird also notwendig sein. Es wird eine Herkulesaufgabe. Wir brauchen an die 100.000 neue zusätzliche Pflegekräfte. Es ist unbestritten eigentlich ein Zukunftsjob, aber diesem Zukunftsjob fehlt der Nimbus der Attraktivität und der Coolness. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten.
Ich denke, neben der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die als Konsequenz daraus abzuleiten ist, ist es wichtig, dass Bund und Länder, wie in Prüfberichten mehrmals betont wurde, dringend umfassende Verbesserungen in die Wege leiten und für das Gelingen die gemeinsame Zusammenarbeit verbessern. Das erhoffe und erwarte ich mir auch von Wien. Nicht Ansagen machen, dass der Bund in Vorlage gehen müsse, sondern sich selbst auch konstruktiv einbringen. Ich glaube, das ist mit all der guten Erfahrung und Expertise, die wir in Wien haben, einfach auch sinnvoll.
Der Prüfbericht Pflege in Österreich ist, wie viele andere Prüfberichte des Rechnungshofes, natürlich auch ein ganz besonders wichtiger und notwendiger und ein sehr erhellender. Das kann ich gar nicht oft genug betonen. Vielen Dank an Sie, Frau Rechnungshofpräsidentin Kraker. Und auch danke an Ihr Team für diese qualitätsvolle Arbeit. Denn sie hilft uns als Politikerinnen und Politiker, die Pflegeversorgung für die Menschen in Österreich beziehungsweise auch speziell hier in Wien besser zu machen. - Danke.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Frau Kollegin, bitte desinfizieren! - Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Kieslich. Sobald das Pult frei ist, erteile ich es ihm.
GR Wolfgang Kieslich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Passend zu meinem Bereich, dem Verkehr, der Mobilität, habe ich mir den Bericht zur Sanierung der U4 durchgeschaut und möchte auf diesen eingehen. Ich selbst bin seit 25 Jahren im Bundesdienst im Bereich Hochwasserschutz für die Donau tätig und habe auch schon einige oder viele Rechnungshofprüfungen mir zuteil werden lassen dürfen, sagen wir es einmal so. Man ist meistens nicht großartig erfreut, wenn vier, fünf Beamte des Rechnungshofes kommen, aber es ist unbedingt notwendig, weil man eine Innensicht hat und die Außensicht des Rechnungshofes immer wieder sehr befruchtend ist. Dementsprechend vielen Dank an Sie,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular