Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 116
Und damit sind wir beim Kernproblem: Wir wissen bis heute nicht, wer unsere entscheidungsbefugten Vertreter der Österreichischen Gesundheitskasse in dem System der gemeinsamen Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung sind. Mir macht das ein bisschen Sorgen, denn wenn wir letzten Endes auf die zentrale Zielsetzung schauen, die in der politischen Diskussion rund um diese Reform erzählt worden ist, dann ging es um Einsparungen. Es wurde eine Patientenmilliarde versprochen. Wir wissen, dass die Patientenmilliarde, die aus - das hat eh nie jemand nachvollziehen können - irgendwelchen Einsparungen erzielt werden soll, dann zusätzlich zur Verfügung stehen sollte. Es kann keine Milliarde herauskommen, wenn man gleichzeitig die Erlöse vermindert, und Faktum ist, dass wir jetzt schon wissen, dass die Fusionskosten jedenfalls 300 bis 400 Millionen EUR kosten werden.
Das sind Sachen, die wir mit Argusaugen beobachten müssen, wo wir sehr aufmerksam sein werden und wo wir mit großer Aufmerksamkeit schauen, ob das eine Auswirkung auf die Patientenversorgung hat, oder nicht. Es hat mich sehr skeptisch gemacht, dass im Zuge dieses Paketes beschlossen wurde, Versichertengeld, Versicherungsbeiträge in der Höhe von über 14 Millionen in den PRIKRAF zu verschieben - und das steht drinnen, wörtlich, kann man nachlesen in den Erläuterungen -, um damit über die Privatkrankenanstaltenfinanzierung eine Schönheitsklinik in Währing zu unterstützen. Das sind die Dinge, wo ich sagen muss, da werden wir sehr skeptisch hinschauen müssen, sehr aufmerksam sein müssen, damit gewährleistet ist, dass durch diese Reform oder die sogenannte Reform - das werden wir erst sehen, ob es wirklich eine ist, denn am Ende einer Reform soll eine Verbesserung sein - wirklich tatsächlich die Gesundheitspolitik einen Fortschritt macht oder einen Rückschritt macht. Ich kann Ihnen nur versprechen, ich werde mit großer Aufmerksamkeit diese Entwicklung verfolgen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Die 1. Zusatzfrage hat Herr GR Dipl.-Ing. Gara.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS): Guten Morgen, Herr Gesundheitsstadtrat, danke für diese ausführliche Beantwortung ausgehend von der Grippethematik!
Wie Sie wissen, ist mir gerade das Thema der Kinder- und Jugendgesundheit ein besonderes Anliegen, denn dort haben wir auch sehr starke soziale Verwerfungen, die tatsächlich ausgeräumt gehören. Ein Thema, das hat man jetzt am Beispiel Innsbruck gesehen, ist auch das Thema Grippe bei Kindern, generell das Thema Grippe. Österreich ist europaweit fast Schlusslicht, was die Durchimpfungsrate bei Grippe betrifft, es ist deutlich unter 10 Prozent. Die bisherigen Maßnahmen, Anreize zu schaffen, Grippe zu impfen, fruchten offensichtlich nicht. Das heißt, hier ist das Thema niederschwelliger Zugang, vereinfachter Zugang zur Grippeimpfung ein großes Thema. Ich höre sehr oft von KinderärztInnen, die Kinder behandeln, die eine chronische Erkrankung haben - diese Kinder brauchen eine Grippeimpfung -, dass sie mit den ChefärztInnen in der Kasse verhandeln müssen, ob man eine solche Impfung geben kann. Oftmals sagt die Kassa: Nein, das gehört zu Prävention! Meine konkrete Frage ist: Was gedenkt die Stadt Wien in diesem Bereich zu tun, damit wir die Durchimpfungsrate bei Grippe tatsächlich erhöhen, denn im Endeffekt ist das die wichtigste Prävention und damit können wir auch vermeiden, dass Spitalsambulanzen überlaufen werden, dass auch der niedergelassene Bereich überlaufen wird? Also welche konkreten Maßnahmen könnte die Stadt Wien bezüglich Vorbeugung bei Impfungen, speziell jetzt alle Jahre wieder für die Grippeimpfung treffen?
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Herr Stadtrat. - Bitte.
Amtsf. StR Peter Hacker: Wir sind gerade dabei - das ist kein Geheimnis, daher verrate ich jetzt auch keines -, unsere eigene Strategie in der MA 15 zu überarbeiten, damit das Impfen kundenorientierter und leichter zugänglich wird. Sie erinnern sich an die Debatte, die wir über das Thema Wartezeiten im Bereich der Impfungen der MA 15 hatten. Ich habe damals schon gesagt, wir werden einen Plan ausarbeiten, und wir sind dabei, den werden wir auch, meiner Einschätzung nach, im Jänner/Februar wirklich öffentlich vorstellen können. Wir sind da gerade bei ein paar Probeläufen, um das Wartezeitmanagement zu verbessern.
Das ist das, was wir selbst tun können. Aber natürlich ist das Impfen einer der zentralen Aufgaben einer Versicherung, und da werden wir gemeinsam präziser hinschauen müssen. Ich jedenfalls tue das und sage das auch in aller Klarheit und Öffentlichkeit: Ich glaube, dass das Impfen einer der vernachlässigten Bereiche ist. Wir reden zwar ständig über Verbesserungen, aber es ist nicht sehr prickelnd, was nach der Rede wirklich operativ herauskommt. Eines der großen Probleme ist nach wie vor ungelöst, nämlich die Komplexität im Kundenprozess selbst: Sie müssen heute zum Arzt gehen, kriegen ein Rezept, gehen in die Apotheke und holen sich den Impfstoff und gehen wieder zum Arzt zum Impfen. Sie haben drei Termine. Ehrlich gesagt, wer tut sich das an? Also dieser Prozess muss eindeutig verbessert werden.
Bei der Frage der Kinder ist an sich ein guter Weg, das Impfen über die Schulärzte ganz anders zu organisieren. Dazu wird es den Bund brauchen, nur der kann das regeln. Das kann die Gesundheitsministerin gemeinsam mit dem Unterrichtsminister regeln. Die müssen das auch regeln, wenn wir es dort geändert haben wollen. Und da hilft es nicht, wenn wir sagen, wir wollen, dass die Kinder mehr geimpft werden. Das ist der Grund, warum ich mich auch in großer Klarheit und Bestimmtheit gegen die Impfpflicht ausgesprochen habe, da erstens einmal unser System eh nicht in der Lage sein wird, eine Impfpflicht in irgendeiner Form durchzuführen. Das wird dann also wieder eine Sonntagsrede gewesen sein, am Ende des Tages, da sich bekannterweise die Ärzte nach wie vor nicht mit großer Euphorie an der elektronischen Dokumentation des Gesundheitsaktes beteiligen, es noch immer große Diskussionen gibt, ob wir einen E-Impfpass österreichweit einführen und nicht einmal die dazu notwendigen Grundsatzgesetze vom Bund bis jetzt beschlossen worden sind.
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