Gemeinderat, 61. Sitzung vom 19.12.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 116
Definiert wird auch das konkrete Zusammenwirken der Akteurinnen und Akteure in diesem Zusammenhang. Maßgebend ist dabei das Zusammenwirken aller Stakeholder innerhalb der Stadt Wien, um ein größtmögliches gemeinsames Commitment betreffend Ziele, Strategien und Maßnahmen beim Umgang mit dem Weltkulturerbe zu schaffen. Das steht im Wesentlichen in Form des Managementplans verschriftlicht zur Verfügung. Selbstverständlich werden auch relevante Akteurinnen und Akteure auf nationaler und internationaler Ebene in den Entwicklungsprozess mit eingebunden.
Im gegebenen Zusammenhang ist überdies in Erinnerung zu rufen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. April 2019 entschieden hat, dass für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren durchzuführen ist. Wie Ihnen vermutlich auch bekannt ist, wurde dagegen Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, wobei das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. Juni 2019 der Revision die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Aus Sicht der hiesigen Expertinnen und Experten steht das einer Baubewilligung zwar nicht zwingend entgegen, es kann aber die Frage, ob eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegt, damit heute noch nicht mit Sicherheit beantwortet werden.
Auch wann konkret mit einer Baubewilligung zu rechnen ist, ist noch nicht abzusehen. Die entsprechenden Fachdienststellen befinden sich gemäß allen einzuhaltenden Vorschriften in Bearbeitung des Verfahrens.
Bei Erörterung der gegenständlichen Thematik sollte zudem nicht übersehen werden, dass der von UNESCO und ICOMOS übermittelte Report auch einen klaren Handlungsauftrag an die Bundesregierung umfasst. Diese solle - ich zitiere: „Verhandlungen mit dem Projektentwickler aufnehmen, um weitere mildernde Maßnahmen für das Projekt zu entwickeln.“ - Bis dato sind mir keine konkreten Ergebnisse solcher Gespräche bekannt.
Unabhängig davon kann ich Ihnen versichern, dass die Stadt Wien jedenfalls zeitgerecht über die Ergebnisse des laufenden Gestaltungsprozesses des Heumarkt-Areals informieren wird, denn der Erhalt des Weltkulturerbe-Status für das Historische Zentrum Wiens hat - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ganz besonders und auch zum wiederholten Male erwähnen - nicht nur für mich, sondern für die gesamte Stadt oberste Priorität.
Gleichzeitig besteht aber ebenso unbestritten die Notwendigkeit, dass der Bereich am Heumarkt saniert und entwickelt werden muss, insbesondere auch, um die Existenz des Wiener Eislaufvereins nachhaltig zu sichern, aber auch, um den Kongresstourismus im Zentrum der Stadt zu stärken. Und von daher ist das sicherlich ein Projekt, das im Spannungsfeld der Interessen steht. Es ist aber, wie ich meine, auch ein Projekt, das zeigt, dass Wien kein Museum ist, sondern Rücksicht auf die Bewahrung der bestehenden Bausubstanz nimmt. Das zeigt auch der Umstand, dass wir gerade im innerstädtischen Raum in den letzten Jahrzehnten ungeheuerlich viele Objekte mit finanzieller Unterstützung der Stadt saniert haben. Gleichzeitig muss es aber auch darum gehen, eine kontinuierliche Entwicklung der Stadt vorzunehmen, denn dort ist ja jetzt auch nicht grüne Wiese, sondern ein Areal, mit dem nicht nur die Anrainerinnen und Anrainer unzufrieden sind, sondern von dem wir insgesamt den Eindruck haben, dass das ein Teil unserer Stadt ist, der ganz gezielt entwickelt werden muss, und zwar aus den verschiedensten Gründen, die wir im Detail dann noch besprechen können, wenn Sie das wollen. Aber prinzipiell ist es notwendig, diesen Teil der Stadt auch mit einer entsprechenden kontinuierlichen, sehr sanften, schrittweisen, aber doch beherzten Entwicklung zu begleiten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 1. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. - Bitte, Herr GR Fürnkranz.
GR Georg Fürnkranz (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bürgermeister.
Ich muss zugeben, es erstaunt mich immer wieder, wenn ich sehe, dass die Klubobfrau der ÖVP sich neuerdings als Retterin des Weltkulturerbes aufspielt, zumal es doch in der Hand von ÖVP-Politikern gewesen wäre, Ihnen eine entsprechende Weisung zu erteilen, dieses Problem endlich aus der Welt zu schaffen. Minister Blümel hatte diese Möglichkeit, und sein Nachfolger ist ebenfalls eindeutig der ÖVP zuzurechnen.
Mich würde deswegen interessieren: Was hat Herr Bundesminister Blümel und was hat Herr Bundesminister Schallenberg Ihnen gegenüber in dieser Angelegenheit, abgesehen von dem bekannten Brief, den Sie bekommen und in eher nichtssagender Weise beantwortet haben, ansonsten unternommen?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr. Michael Ludwig: Ich darf sagen: Wir stehen in intensivem und laufendem Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesdienststellen. Es geht uns, unabhängig von den parteipolitischen Auseinandersetzungen, um Inhalte. Man kann sich wohl noch an die gemeinsame Pressekonferenz von Vizekanzler und Bundesminister mit der Androhung erinnern, mir eine Weisung zu erteilen. Ich wäre ein schlechter Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann, wenn mich Weisungen oder die Androhung von Weisungen stark beeindrucken würden! Vielmehr ist es mir wichtig, dass es unabhängig von solchen Drohgebärden eine inhaltliche Diskussion gibt. Und im Hinblick darauf darf ich sagen, dass wir auf Ebene der Beamtinnen und Beamten, unabhängig vom parteipolitischen Diskurs, sehr konstruktiv zusammenarbeiten, um eine Lösung zu finden.
Worum geht es? - Es geht darum, dass wir einen Stadtteil, mit dem wir nicht zufrieden sind, entwickeln und gleichzeitig auch die von uns selbst gewählten und sehr strengen Rahmenbedingungen der UNESCO einhalten. Das ist zugegebenermaßen ein schwieriges Unterfangen, aber es ist lösbar, wenn man bereit ist, sich mit den Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen. Und ich bin nach wie vor überzeugt, dass es gelingen wird, dass ein attraktives Projekt bei gleichzeitigem Schutz des Weltkulturerbes realisiert wird.
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