Gemeinderat, 60. Sitzung vom 25.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 100
legte Budget mit den 430 Millionen Zugriff auf Rücklagen hält, das dürfen Sie dem gelernten Wiener auch nicht vorhalten, Herr StR Hanke, wenn man sich ansieht, wie es da zuletzt zugeht. Ich kann mich noch erinnern, vor wenigen Tagen hatten wir in diesem Raum eine Aktuelle Stunde zum Wien Museum. Da hatte man gemerkt, wenn man das wirkliche Engagement der Kulturstadträtin gesehen hat - die ist ja auch mit Ihnen zeitgleich gekommen -, das ist ihr ein Herzensanliegen. Und ich glaube durchaus, dass sie daran denkt, dass man das gut über die Bühne bringt. Aber wir haben aus einem internen Papier zitiert, wo schon mit Kostenüberschreitungen gerechnet wird.
Wir wissen, wie es in dieser Stadt gelaufen ist, beim Krankenhaus Nord, bei der Semmelweisklinik, bei der Zentralfeuerwache, beim Prater-Vorplatz, bei der Albert-Schultz-Halle, und, und, und. Und, meine lieben Damen und Herren, das ist ja nichts, das sich die Opposition aus den Fingern saugt, dass Bauprojekte in dieser Stadt fast routinemäßig wesentlich teurer sind, als sie prognostiziert und geplant sind. Wenn wir heute und dieser Tage Ähnliches vom KAV und gerade erst aktuell am Wochenende von den Wiener Linien, Stichwort U-Bahn-Bau, hören, dann braucht man kein böser Oppositioneller sein, der keine Erfolge gönnt. Dann reicht es, einfach Steuerzahler in dieser Stadt sein, um zu wissen, das könnte wieder verdammt teuer werden. (Beifall bei der ÖVP.) Jetzt weiß ich schon, dass sowohl KAV als auch die Wiener Linien ihre eigenen Budgets haben, nur, Herr Stadtrat, glauben Sie mir, am Ende des Tages werden Sie es sein, der Löcher zu stopfen hat. Und glauben Sie mir, diese Löcher werden sich bald auftun.
Aber es gibt neben dieser Thematik, neben dem grundsätzlichen Befund zu diesem Budget noch das eine oder andere Thema, das mir ganz wichtig ist und das ich deshalb separat betonen möchte. Es gibt beispielsweise - und Sie haben das auch in Ihrer Rede explizit erwähnt - 25 Jahre EU-Mitgliedschaft. Bei uns wird noch die Kollegin Hungerländer dann ganz explizit zur Europapolitik reden, ein Thema, das ja in dieser Stadt leider Gottes auch ein bisschen sträflich vernachlässigt wird. Aber um Europa und Wirtschaft hier eine Brücke zu spannen, ich sage Ihnen ganz offen: Europa ist Gott sei Dank neben dem großen Projekt einer Friedensgemeinschaft auch ein großartiges, eine Wirtschaftsgemeinschaft. Es freut mich, wenn es hier beispielsweise Freihandel gibt. Dieser US-Protektionismus, der gefällt mir gar nicht. Hier müssen wir auch viel stärker schauen, dass Dinge vorangehen, ebenso wie bei einer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik beispielsweise.
Ein zweites Thema, auch heute schon mehrfach gefallen, ist der Tourismus in Wien. Ja, auch hier läuft vieles in eine gute Zukunft. Auch die Nächtigungszahlen sind durchaus positiv zu sehen, wir hatten erst kürzlich eine Diskussion darüber. Und hier ist es, Kollege Ornig hat es auch gesagt, und ich freue mich - auch wenn er jetzt gerade nicht da ist, egal -, dass da auch die NEOS das Machbare mittlerweile im Blick haben. Denn ich weiß noch, als wir anfänglich Tourismuszonen gefordert haben, hat es geheißen, nein, wir wollen keine Tourismuszonen, wir wollen gleich eine andere Ladenöffnungspolitik. Mittlerweile sehen auch die NEOS, dass die Politik die Kunst des Machbaren ist. Und wenn es in anderen Bundesländern Tourismuszonen gibt, dann macht es Sinn, so etwas auch in Wien zu etablieren. Und auch hier gibt es durchaus erfreuliche Signale, auch beispielsweise erst unlängst in einer Fragestunde.
Dritter Punkt, den ich noch ganz kurz abhandeln möchte, ist der Arbeitsmarkt. Nachdem wir leider Gottes Jahr für Jahr eine Zeit lang ganz großen Rekorden nachgelaufen sind und die Entwicklung am Arbeitsmarkt wirklich schon ganz große Sorge bereiten musste, sind die Zahlen, so wie in ganz Europa, generell rückläufig. Und das ist auch gut so. Wir sollten uns nur gemeinsam Gedanken darüber machen, wenn wir uns ansehen, welche Menschen in Wien derzeit nicht am Arbeitsmarkt unterzubringen sind, welche Menschen in Wien arbeitslos sind. Das sind sehr oft sehr schlecht ausgebildete Menschen, das sind sehr oft Menschen mit Migrationshintergrund. Wir wissen das. Wir wissen, dass über 50 Prozent der Mindestsicherungsbezieher beispielsweise auch aus Drittstaaten kommen. Da müssen wir uns wirklich überlegen, aus einem Schulterschluss des Finanzressorts, des Wirtschaftsressorts mit der Integration, wie man diese Menschen am Arbeitsmarkt unterbringt, denn sonst wird das eine Bombe in der sozialen Politik, die nicht zu schultern ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein vierter Punkt, den ich noch streifen möchte, der auch angesprochen wurde, sind die Unternehmensansiedelungen. Und ich freue mich wirklich, dass da auch die Wirtschaftsagentur gemerkt hat, die anderen schlafen nicht in der Pendeluhr. Es war ja eine Zeit lang so, während die ecoplus in Niederösterreich wirklich proaktiv Investorenansiedler gesucht hat, hat man in Wien darauf gewartet, kontaktiert zu werden. Das hat sich geändert, sage ich ganz offen. Das ist gut so, denn es geht darum, einer wachsenden Stadt nämlich auch Beschäftigung entgegenzusetzen. Ich hätte nur eine Bitte, und die passt bei diesem Punkt so wunderbar, wenn wir davon reden, dass uns der Arbeitsmarkt, wenn wir davon reden, dass uns die Beschäftigung in dieser Stadt so wichtig ist: Wir haben in diesem Gesamtbudget gerade einmal 1,6 Prozent für die Bezirke reserviert. Nehmen wir doch Anreize in diese Bezirksbudgets auf, dass auch die Vorsteher, die Bezirkspolitik ganz bewusst schaut, dass Unternehmen in ihren Bezirken ansässig werden. Das würde etwas sein, was ich mir sehr wünsche, was im Kleinen auch positive Effekte zeigen könnte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ja, meine Damen und Herren, wie anfänglich schon gesagt, wenn ich höre, keine neuen Schulden, bin ich ja fast begeistert und könnte frohlocken, was ist aus dem Wien geworden. Wenn man sich die Zahlen ansieht, sieht man natürlich ganz deutlich, na ja, das sind einmal Bilanztricks, aber man ist sich offensichtlich zumindest einmal der Problematik bewusst geworden und schämt sich schon ein bisschen, wenn es darum geht, Schulden zu machen. Schon das ist für mich eine beeindruckende Systemwende innerhalb der Wiener Sozialdemokratie.
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