Gemeinderat, 60. Sitzung vom 25.11.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 100
eigentlich nur unverantwortlich! Eine echte Trendwende würde es schaffen, auch nachhaltig den Schuldenberg abzubauen.
Schauen wir auf den Schuldenberg der Stadt, allein im Kernhaushalt über 7 Milliarden EUR. In den letzten 10 Jahren hat sich der Schuldenberg der Stadt vervierfacht und das ist nur der offiziell bekannte Kernhaushalt der Stadt. Darüber hinaus gibt es Schulden im Krankenanstaltenverbund, bei Wien Kanal, bei Wiener Wohnen. In vielen Bereichen der Stadt gibt es versteckte Schulden, die gar nicht transparent sind. Das heißt, wir wissen, der Schuldenstand der Stadt ist weit über 7 Milliarden EUR und viel zu hoch. Mit diesem Budget werden Sie es auch mittelfristig nicht schaffen, den Schuldenberg abzubauen. Ich sehe keinen Plan, der umsetzbar wäre, wie wir auch langfristig dort hinkommen, dass wir die hohen Schulden dieser Stadt auch endlich abbauen. Es gelingt ja nicht einmal in Zeiten der Hochkonjunktur. Die Konjunktur brummt, der Motor der Konjunktur läuft richtig gut im letzten Jahr, aber auch heuer. Und in diesen Zeiten der Hochkonjunktur sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, Schulden abzubauen. Aber wenn man es nicht einmal in Zeiten der Hochkonjunktur schafft, dann wird es schwierig, wenn die Konjunktur auch ein bisschen abnehmen wird. Das sehen wir ja schon am Horizont der Konjunktur, dass sich die Zahlen verschlechtern werden. Die Zeit, die wir jetzt mit so einer brummenden Konjunktur hatten, war wirklich außergewöhnlich. Aber die Vorzeichen trüben sich schon. Die Konjunktur wird schlechter. Und vor allem in Zeiten von schlechterer Konjunktur wird es natürlich noch wesentlich schwieriger, ein ausgeglichenes Budget auch vorzulegen. Hier haben wir es verabsäumt, in den letzten Jahren ambitionierter vorzugehen und ambitioniert Schulden auch abzubauen. (Beifall bei den NEOS.)
Der finanzielle Spielraum wird kleiner und kleiner. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass die Zinslage, so wie sie jetzt ist, auch langfristig sein wird. Wir zahlen zur Zeit sehr, sehr wenige Zinsen für unsere Schulden. Es kann leicht sein, dass auch dieser Zins...
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl (unterbrechend): Entschuldige bitte kurz. Darf ich Sie bitten, die Kollegin, die beim GR Woller sitzt, die Bank zu verlassen. Sie sind nicht Abgeordnete dieses Hauses. Danke schön. Bitte fortzufahren.
GR Christoph Wiederkehr, MA (fortsetzend): ... zum Budget. Weiters kann es das Budget in Zukunft natürlich auch belasten, wenn die Zinsquote steigen sollte und wir für die horrenden Schulden, die wir aufgenommen haben, wieder mehr zurückzahlen müssen.
Oder ein weiteres Szenario einer Finanzkrise. Auch so etwas ist nicht ausgeschlossen, dass in den nächsten Jahren auch wieder eine Finanzkrise auf uns zukommen wird. Dafür sind wir nicht gut gerüstet, weil wir es nicht geschafft haben, in den Zeiten der guten Konjunktur auch Rücklagen aufzubauen und Schulden zurückzuzahlen, um dann in Zeiten der Finanzkrise zu investieren. Wenn eine Krise kommen sollte, haben wir eigentlich keinen Finanzspielraum, um auch dagegen zu arbeiten, was natürlich nötig wäre, wenn es eine Krise auch gibt. (Beifall bei den NEOS.)
Was vollkommen verabsäumt wurde, das sind Strukturreformen. Das hat mir auch in den Erörterungen von Ihnen gefehlt, Herr Stadtrat, weil in den letzten Jahren vor allem Ihre Vorgängerin immer wieder darauf gepocht hat, dass Wien jetzt Strukturreformen angehen wird. Es wurde öfters davon gesprochen, dass die größte Verwaltungs- und Strukturreform der Geschichte in dieser Stadt losgetreten wurde. Wo ist diese Strukturreform? Wo ist diese Verwaltungsreform? Ich sehe sie zumindest im Budget nicht! Und auch auf unsere Anfragen, was „Wien neu denken“, was WiStA gebracht hat, kommen eigentlich nichtssagende Antworten. Uns kann nicht klar gemacht werden, wo denn jetzt eigentlich wirklich in der Verwaltung auch effizient gespart wurde. Das ist schade, weil wir sehen großen Handlungsbedarf in dieser Struktur dieser Stadt. Wir sehen großen Handlungsbedarf bei Strukturreformen, um auch langfristig auf einen guten Budgetpfad zu kommen. Hier bringen wir Jahr für Jahr immer wieder gute Vorschläge, wie man denn Geld bei der Politik, bei den aufgeblähten Politikapparaten, aber auch in der Verwaltung einsparen kann, ohne, wie Sie sagen, dass der einzelne Wiener, dass die einzelne Wienerin dadurch Nachteile haben.
Da gibt es viele Möglichkeiten, wie man Geld einsparen kann. Schauen wir auf die nicht amtsführenden Stadträte, die in dieser Stadt bezahlt werden, ohne ein Portfolio zu haben! Schauen wir auf die Bezirksvorsteher-Stellvertreter, die reine Proporzjobs sind, die niemand in dieser Stadt braucht! Schauen wir auf die hohe Anzahl an Bezirksräten in den Bezirken, die unverhältnismäßig hoch ist, auch im Vergleich zu anderen Städten! Hier könnte man ganz leicht einsparen, wenn man denn einen politischen Willen hätte, um Postenschacher, um Proporzjobs auch abzuschaffen. Dass Sie von der FPÖ daran kein Interesse haben, ist mir klar! Man hat an der letzten Regierung gesehen, worum es Ihnen geht, um Posten, um Posten, um Posten, und sonst um gar nichts! (Beifall bei den NEOS.)
Das Verhalten, nämlich nicht in der Verwaltung, im Politikapparat und generell bei den Strukturen zu sparen, ist fahrlässig, weil es uns langfristig nicht den Spielraum gibt, den es bräuchte. Da bin ich bei Ihnen, Herr Stadtrat. Wir brauchen einen Spielraum für Investitionen in der Zukunft. Wir brauchen einen Spielraum in dieser Stadt, vor allem im Bereich von Gesundheit und Bildung. Wir sehen in diesen Bereichen der Gesundheit und der Bildung, dass das System kracht, dass die Patienten immer länger auf Termine warten müssen, dass die Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern klagen und - wir haben es jetzt schwarz auf weiß gehabt - dass das Risiko im Krankenanstaltenverbund irrsinnig hoch ist, dass nicht einmal offene Dienstposten nachbesetzt werden können. Hier sehen wir eklatante Missstände. Hier müsste man investieren, um auch die Gesundheitsversorgung der Zukunft zu gewährleisten. (Beifall bei den NEOS.)
Das Gleiche sehen wir im Bereich Bildung. Ja, die Stadt investiert in neue Schulen. Das ist notwendig, weil die Stadt auch so stark wächst. Aber wir sehen auch
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