Gemeinderat, 57. Sitzung vom 25.10.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 80
das nicht, aber es ist meine wirklich zutiefst persönliche Überzeugung, dass a) Christoph Chorherr sich nichts vorwerfen lassen wird müssen - das wird sich herausstellen - und dass b) Sie diese Causa aus niederen politischen Motiven nützen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Fürnkranz. - Bitte.
GR Georg Fürnkranz (FPÖ): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Kollegin Kickert, niemand in diesem Haus hat bis jetzt - zumindest habe ich es nicht gehört - Kritik daran geübt, dass Herr Chorherr eine Schule in Südafrika gegründet hat. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Richtig!) Das hat eigentlich meines Wissens keiner kritisiert, das tue auch ich nicht. Wir kritisieren nicht einmal, dass die Stadt das subventioniert, obwohl das Vergabeverfahren für diese Subvention nicht eingehalten worden ist. Aber wir könnten uns durchaus vorstellen, dass es für solche Projekte aus dem Topf der Entwicklungszusammenarbeit Subventionen geben kann.
Was Sie allerdings vergessen haben, dabei zu erwähnen: Wie gesagt, die Vergabe ist nicht sauber gelaufen, weil einfach, ohne einen entsprechenden Call abzuwarten, entschieden worden ist: Dieses Projekt wird subventioniert! - Und auf der anderen Seite hat die Abrechnung nicht funktioniert beziehungsweise ist in so einem jämmerlichen Zustand gewesen, dass die Beamten gemeint haben, da müssen wir jetzt urgieren, und dann hat man ihnen die Urgenz auf ein einziges Mal reduziert - mittels Weisung der jeweiligen Vorgesetzten - und hat gesagt: So, ein Mal dürft ihr fragen, aber wenn nichts Gescheites kommt, dann müsst ihr es trotzdem akzeptieren! - Meine Damen und Herren, das ist der Kern des Chorherr-Skandals, was den Verein s2arch betrifft. (Beifall bei der FPÖ.)
Das andere ist: Normalerweise, sage ich, ist es ja eine gute Sache, wenn reiche Leute oder potente Firmen Spenden für ein solches Projekt abliefern. Aber der springende Punkt in diesem Fall ist, dass es sehr viele sehr potente Unternehmen gegeben hat, die ziemlich viel gespendet haben, nämlich über die Jahre 3,7 Millionen EUR, und die gleichzeitig Interessen in der Bauwirtschaft in Wien gehabt haben - vielfach nicht direkt, sondern über 3 oder 4 Tochtergesellschaften oder sonstige Konstruktionen, wie sie ja in dieser Branche üblich sind, aber jedenfalls mittelbar ist da ein Zusammenhang eindeutig erkennbar. Und es ist ja wohl kein Zufall, dass sich die Korruptionsstaatsanwaltschaft mittlerweile schon zwei Jahre mit diesem Thema beschäftigt und offensichtlich genug interessante Aspekte gefunden hat, um eine Fast-Hausdurchsuchung durchzuführen - wir haben uns über diese Angelegenheit ja vorige Woche schon einmal ausführlicher unterhalten.
Deswegen ist es dringend notwendig, diese Angelegenheit einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. Und der Aufhänger, um diesen Verein und alles, was mit ihm zusammenhängt, zu untersuchen, ist eben die Subvention, die seitens der MA 27 gewährt worden ist.
Wir sind daran äußert interessiert - darf ich der ÖVP nur zum Trost mitteilen -, und es kann keine Rede davon sein, dass wir auch nur in irgendeiner Weise den Konnex zu den Flächenwidmungen unter den Tisch fallen lassen wollten. Ich sage es Ihnen ehrlich - ich glaube, ich habe an diesem Rednerpult mindestens schon fünf bis zehn Mal zu diesem Thema gesprochen -, ich hätte diesen Antrag nicht unterschrieben, wenn da nicht ein ausreichender Ansatzpunkt, um diesen Chorherr-Skandal aufzudecken, darin enthalten wäre. Das, meine Damen und Herren, können Sie mir glauben. (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenruf von GRin Dr. Jennifer Kickert.)
Kollege Taucher ist jetzt zwar nicht anwesend, aber er hat doch einige ganz bemerkenswerte Dinge von sich gegeben, auf die es sich lohnt, ein bisschen einzugehen. Dass er hier im Haus die Anarchisten vermisst und dass ihm diese abgehen, ist ja schon einmal ein interessanter Aspekt - okay, soll sein, ein Outing der besonderen Art -, aber wenn er dann meint, wir sollen doch froh sein, weil die SPÖ und die ÖVP und die GRÜNEN mit diesen Vereinen die Kultur in die Stadt gebracht hätten und wir quasi ansonsten noch in der Steinzeit leben würden, dann, meine Damen und Herren, muss man, glaube ich, die Dinge doch ein bisschen zurechtrücken: Wien ist eine Kulturstadt trotz Rot-Grün und nicht wegen Rot-Grün! (Beifall bei der FPÖ und von GR Mag. Manfred Juraczka.)
Sie haben ja auch einiges dazu beigetragen, dass das kulturelle Erbe weniger statt mehr geworden ist. Okay, auf der Donauinsel hat es vorher nichts gegeben, weil es die Donauinsel nicht gegeben hat, aber ansonsten hatten wir in der Stadt eine ganze Menge Kulturgüter, die inzwischen verloren gegangen sind oder so beeinträchtigt werden, dass uns die UNESCO zum Beispiel das Weltkulturerbe aberkennen möchte. - Meine Damen und Herren, so viel zum Thema: Die Sozialisten haben die Kultur nach Wien gebracht. - Also das ist doch eine eher eigenartige Sache.
Dann hat er noch gemeint, na ja, also eigentlich versteht er nicht, warum wir etwas dagegen haben, dass die parteinahen Vereine wesentliche Aufgaben der Stadt übernehmen, denn das sei doch so toll, wenn dort ehrenamtliche Arbeit Platz greift. - Ja, das wäre schon ganz toll, meine Damen und Herren, aber das, was Sie machen, ist ja ganz etwas anderes: De facto sind diese Vereine ja Unternehmen, die Aufgaben der Stadt wahrnehmen. Ich sage jetzt einmal: Wie ist das zum Beispiel mit den Kinderfreunden?, um einmal eine andere Einrichtung zu nennen, die in diesem Antrag nicht vorkommt. Wie viele Millionen an Subventionen bekommen die Kinderfreunde jedes Jahr? - Also ich möchte es gar nicht wissen, denn das ist so sehr gesplittet in so viele verschiedene Einzelakte.
So, jetzt kann man sagen, die machen da in den Kindergärten eine Arbeit, gut oder schlecht oder mehr oder weniger gut (GR Kurt Wagner: Was heißt „weniger gut"?!), und dann erinnere ich mich an die Woche vor dem letzten Wahltag: Da kommt, ein paar Tage vor dem letzten Wahltag, ein E-Mail vom Herrn Geschäftsführer der Kinderfreunde Morawek an alle seine Mitarbeiter - nicht nur seine Mitarbeiter, sondern auch noch die zugewiesenen Zivildiener, die wirklich gar nichts damit zu tun
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