Gemeinderat, 55. Sitzung vom 26.09.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 86 von 95
sagt er schon, damit jemand etwas nicht sagt, der wird das sagen, und dann darf man darüber reden, wie viele ÖVPler oder FPÖler verurteilterweise schon im Gefängnis gesessen sind. Das ist dann fad, weil man es schon wieder hört, weil einem wieder die eigenen Sünden vorgeführt werden. Es geht sich aber eh nicht aus, dass wir das alles durchmachen, deshalb fange ich woanders an.
Am Sonntag war ich am Vormittag im Burgtheater, da war eine schöne Veranstaltung zu Ibiza. Sie wurde kurzfristig organisiert, es war einer der beiden Obermaiers da. Es war eine größere Runde, es gab eine lange Diskussion über zwei Stunden, und es war sehr interessant, weil noch ein paar Zusatzgeschichten gekommen sind, neben dem, was man aus den Medien kennt. Eine der Fragen auf dem Podium an alle war dann: Okay, was hat sich jetzt in Österreich durch Ibiza geändert? - Und man hat richtig gesehen, wie im Raum ein Fragezeichen aufgeht und alle einander anschauen und sagen, na ja, eigentlich nichts oder fast nichts, weil das Normalität ist. (Zwischenruf von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) - Na, ich versuche ja über Korruption im Großen und im vermuteten Kleinen zu reden. (Heiterkeit bei der FPÖ. - GR Georg Fürnkranz: Das ist ein gewagter Vergleich!) Und tatsächlich sitzen alle dort und sind sich einig, in einem Land wie Österreich ändert das nicht wahnsinnig viel. Okay, jetzt wird eine Partie dafür ein bisserl gebirnt werden, aber wahrscheinlich schon mehr für die Spesenskandale der letzten Tage, weil das andere wieder Monate zurückliegt und das Gedächtnis in dieser Frage ein kurzes ist. Wir sind es halt auch gewohnt, denn jetzt müsste ich die lange Liste vorlesen - weil man es eben gewohnt ist. Kein Mensch stellt an FPÖ oder ÖVP den Anspruch, dass sie anständig arbeiten. Ich nicht, zum Beispiel, und ich bin ja nicht der Einzige, denn wirklich jedes Mal, wenn ich mit meiner Verwandtschaft zusammensitze, heißt es: Ja, aber das ist ja nichts Neues, das ist ja normal. Übrigens stellen auch Leute, die Sie wählen, keinen Anspruch. Leute, die ÖVP und FPÖ wählen, glauben gar nicht, dass diese sauber arbeiten, das ist gar nicht die Idee dahinter. Die wählen die einen wegen Rassismus und die anderen, weil man vielleicht irgendwann etwas erben könnte. (Heiterkeit bei GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) - Ja, das ist so. Ich kenne solche Leute, da kommt nicht: Ich hätte gerne saubere Politik, deswegen wähle ich die. Die sind ja nicht bescheuert, das wissen sie ja schon, dass sie das nicht bekommen. Jene wählen ja dann etwas anderes.
Seit Ibiza rumpelt es anständig durch Österreich im Sinne zumindest alle anderen, die gesagt haben: Bist du deppert, es ist noch ärger, als wir geglaubt haben! Das Video hat schon alle gerissen. Das haben wir immer geahnt, so ähnlich wird es schon sein, aber es war dann in der Deutlichkeit leider nur sieben Minuten, niemand von uns hat die sieben Stunden gesehen, das würde ich gerne.
Die Ansprüche an die Grünen sind halt viel höher, deswegen wird dort sogar noch wochenlang spekuliert, ob Heinz-Christian Strache nächstes Jahr vielleicht Spitzenkandidat in Wien sein könnte, da ist das wurscht. So ein Video würde jeden Grünen schlagartig erledigen, da braucht man gar nicht darüber nachzudenken. Die Ansprüche an uns sind höher, und das ist auch gut so, daran müssen wir uns auch messen lassen. Deswegen wiegt auch jeder kleiner Fehler, den jemand bei uns macht, natürlich mehr als Ibiza bei einem FPÖler, weil das die Erwartungshaltung ist. Das haben wir auch gemerkt, heute ist die Diskussion viel ruhiger verlaufen, als ich erwartet habe. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass bei den NEOS der Herr Wiederkehr eine Behauptung reparieren musste und sich denkt, ich will das nicht jede Woche machen, weil dann wirkt es irgendwann nicht mehr so gut. Dass die FPÖ schaumgebremst ist, hängt vielleicht damit zusammen, dass sie ganz andere Sorgen als die Flächenwidmungen hat. Ich zähle jetzt nicht alles auf, aber was machen Sie in Zukunft mit diesen 10.000 EUR, die jetzt im Spesentopf übrig bleiben, oder mit den 2.500 EUR Mietunterstützung? Ich kenne nicht einmal jemanden, der 2.500 EUR Miete zahlt - Mietunterstützung. Ich habe zum Beispiel keinen Verwandten, der jeden Monat so viel fürs Wohnen zahlen muss. Aber lassen wir das. Auf jeden Fall war das auch schaumgebremst.
Nicht so schaumgebremst war die ÖVP, und das ist ja der Stil in diesem Wahlkampf, den man jetzt wirklich schon sehr, sehr lange verfolgen kann. Man kann alles nachlesen, auf Twitter, bei Natascha Strobl kann man gut nachlesen, wie das funktioniert. Die ÖVP sagt nicht, das war so, sondern sie sagt, Ich sage ja nicht, dass das so war, aber ich stelle jetzt eine Frage, um genau das Gleiche zu sagen. Sie sagen nicht, das war so, sondern, ob das so war, das weiß ich nicht so genau, aber jetzt schütte ich einmal irgendwohin. Als Nächstes sagt Juraczka, ich weiß genau, was der sagt, der sagt nachher wieder, die ÖVPler waren früher alle korrupt, aber das darf er nicht sagen, weil das hat er uns schon zehn Mal gesagt, also sagt er es nicht. Also traut er es sich nicht zu sagen. Der Stil der ÖVP, nicht nur in diesem Wahlkampf, hat sich über die letzten Jahre derart geändert. Sie haben nicht nur eine neue Farbe, es passt ja auch, innerhalb der ÖVP sagen Sie ja auch, ich bin Türkis, oder, ich bin schwarz. Sie unterscheiden, es gibt schon die anderen auch. (StR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sie kennen sich aus!) Ich rede in Vorarlberg mit vielen ÖVPlern, die sind überhaupt nicht einverstanden mit dem Gesamtkurs. (GR Dr. Wolfgang Ulm: Das ist ein kleines Bundesland, Herr Kollege!) - Ein sehr schönes Bundesland, es ist größer als Wien, Herr Ulm. (Heiterkeit.) Sie haben von klein und groß geredet. Ich weiß schon, dass nicht ganz so viele Leute dort wohnen, das ist mir schon klar. Aber dieser Stil, wie man hergeht und sagt, ich sage nichts, aber … - Ein bisserl handfester wäre besser.
Jetzt komme ich zu den Fakten: Was ist da passiert? 1994, ich kann mir das gut vorstellen, ich habe Christoph Chorherr zu dem Zeitpunkt nicht persönlich gekannt, kommt ein Christoph Chorherr zu Zilk, rennt dort rein - so steht es im „Falter“ zu lesen - und ist in voller Aufruhr, weil das Apartheitssystem in Südafrika endlich weg ist und sagt, da müssen wir etwas machen. - Ich kann mir das gut vorstellen, der Zilk war auch immer „hands on“:
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