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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 26.09.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 95

 

dehnt werden soll. In diesem Sinne hoffe ich auf eine Zustimmung. Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Kunrath. Ich erteile es ihm. Das ist heute seine erste Rede im Gemeinderat. Bitte schön.

 

13.08.43

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE)|: Danke, Frau Vorsitzende! Danke auch für diese Ebene, das mir mitzuteilen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer!

 

Eigentlich wollte ich meine Rede, meine erste Rede zu einem positiveren Anlass in diesem Haus halten. Viele kennen mich ja von verschiedensten Tätigkeiten oder Anlässen als Mitbegründer von SOS Mitmensch und anderen Menschenrechtsorganisationen. So war ich einer der Organisatoren der größten Manifestation in Österreich, dem „Lichtermeer“, und bin da auch manchen bekannt. Aber auch meine Arbeit im Menschenrechtsbeirat des Innenministeriums und zu einigen erinnerungskulturellen Aktivitäten wie etwa dem Deserteur-Denkmal am Ballhausplatz hat Spuren gelassen. Bei meiner Angelobung am 26. Juni wurde ich freundlichst von Herrn Bgm Ludwig, meinen KlubkollegInnen, aber auch von VertreterInnen der anderen Parteien begrüßt. Eine Grundhaltung von mir ist, ich möchte möglichst mit allen Menschen ein Gespräch auf Augenhöhe führen und immer den Menschen in den Mittelpunkt stellen. In meiner Arbeit trägt mich immer der Versuch, für Gerechtigkeit, gegen Diskriminierung und Rassismus sowie Antisemitismus einzutreten und mich hierfür einzusetzen.

 

Ich dachte, das wäre auch die oberste Maxime in diesem Haus und in der Stadtregierung. Doch am 7. September musste ich wieder Neues erfahren: Ein weiterer Einzelfall durch eine Repräsentantin der FPÖ von inzwischen weit über 100, wie das Mauthausen-Komitee Österreich feststellte. Jeder weitere Einzelfall kann einen aber wirklich müde machen. Ich finde es als jemand, der mit viel Idealismus hier seine neue Funktion begonnen hat, erschreckend, wie Frau Stenzel nach einem Auftritt bei den rechtsextremen Identitären reagiert hat.

 

Ursula Stenzel war ja in meiner Jugend Moderatorin der wichtigsten Nachrichtensendung dieses Landes, hat immer konsequent recherchiert gearbeitet. Was ist denn da plötzlich passiert, wenn jemand, der immer konsequent und recherchierend arbeitet, plötzlich nicht mehr in diese Richtung etwas machen kann? Ich glaube, eine der notwendigsten Aufgaben hier in diesem Haus wäre es, manchen Kollegen, wie eben auch leider Frau Stenzel, wieder die Chance auf entsprechende Aus- und Weiterbildung sowie Österreichs Geschichte zu geben. Bei mir löst es gemischte Reaktionen bei politischer Ungebildetheit aus, wenn der einzige Satz als Antwort und Reaktion auf solche Einzelfälle - für mich ist jeder einzelne zu viel - entweder ein Gegenangriff von Seiten der FPÖ ist oder eben Unwissenheit wie: Ach, ich habe das gar nicht gewusst, ich kannte das nicht, das muss alles Zufall sein. Nein, Einzelfälle passieren meines Erachtens nicht durch Zufall.

 

Übrigens: Dass die nicht amtsführende Stadträtin einer Millionenstadt nicht täglich ins Internet schaut, wie es FPÖ-Chef Norbert Hofer zu ihrem Einzelfall des 7. September argumentierte, darüber wundere ich mich schon und könnte mir einiges denken. Ich unterstelle nämlich schon, dass die FPÖ und Frau Stenzel genügend MitarbeiterInnen haben, um entsprechende Recherchen durchzuführen, zu welchen Anlässen die nicht amtsführende Stadträtin die TeilnehmerInnen mit „Meine Freunde“ anspricht. Mich nervt es und es beschäftigt mich ja. Immer wenn ich oder andere die Vertreterin der FPÖ zu ihren Einzelfällen anspreche … Alleine, weil das jetzt gerade Herr Krauss ja angesprochen hat seit 9. September, ich kann sagen, seit 7. September waren es vier Einzelfälle in der FPÖ neben dem nicht ganz unbekannten fünften Einzelfall Herr Strache mit seinem Spendenkonto. Also wenn ich mit dieser Vertreterin der FPÖ spreche, löse ich immer regelmäßig gewissen Widerstand aus: Reinhard Teufel hat ja nur SMS gesendet. Der 20. April ist ja ein ganz zufälliger Tag wie jeder andere und der damals Geborene hat ja nur zufällig auch Eiernockerl als Leibspeise gehabt. Es wird alles immer nur zur Zufälligkeit. Und die 2012 gegründeten Identitären waren ja vor fünf Jahren noch gar nicht so in der Kritik, wie Jenewein meint und dann sich gleich ein T-Shirt dazu in den Kasten hängt.

 

Wenn ich also meinen eigenen Emotionen freien Lauf lasse, löse ich Widerstand bei der FPÖ aus, statt dass sie daraus lernt und sich verändert, nicht nur, weil es ich sage, sondern weil es auch viele andere sagen. Öffentlich wird es dann zum Hickhack und niemand hört auf den Inhalt. Und doch muss ich mich äußern. Mag ich mich nicht dauernd gepflanzt und provoziert fühlen, darf ich nicht zur Normalität übergehen. Wenn ich Ihnen heute sage, dass Herr Strache monatlich - monatlich! - so viel Spesen bezahlt bekommen hat wie eine Vollmindestsicherungsbezieherin jährlich erhält, gibt es maximal ein Schulterzucken Ihrerseits, und Herr Strache diese 10.000 EUR nur als Spesen von seiner Partei bekommen hat, obwohl er pro Monat ein ganz ordentliches Gehalt als Vizekanzler hatte und obwohl er als Vizekanzler sonstige Spesen gesetzlich abschreiben konnte! Das sind Sie also, die Partei für die armen Leute, wenn der ehemalige Chef dieser Partei, und ich vermute, es wird sich beim jetzigen und bei Ihnen in den Führungsetagen der Partei nicht anders verhalten, so viel Spesenersatz bekommt wie eine VollmindestsicherungsbezieherIn in einem Jahr! In einem Monat 10.000 EUR! Ich verstehe Ihre Systeme nicht!

 

Frau Stenzel hat sich in ihrem Leben ja auch immer mehr dieser Partei zugewandt, die das tut: Von der ORF-Journalistin zur EU-Abgeordneten der ÖVP, von der EU-Abgeordneten der ÖVP zur Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, dann aus einem persönlichen Gram, weil ein Enkel eines verdienstvollen ehemaligen ÖVP-Politikers ihr Nachfolger geworden ist, nicht amtsführende Stadträtin in Wien, und nun als Rednerin der Identitären. Das sind ganz schreckliche Karrieren! Die Identitären, die im Verfassungsschutzbericht 2018 ausdrücklich genannt werden, denen ein Nahverhältnis mit dem Christchurch-

 

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