Gemeinderat, 54. Sitzung vom 26.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 99
in Wien die Kindergärten und Schulen sehr darum bemüht sind, das auch tatsächlich zu leisten.
In der Sexualerziehung beziehungsweise Sexualkunde scheint es bundesweit allerdings andere Schwerpunkte zu geben. Nach öffentlicher Kritik am Verein TeenSTAR hat die ÖVP-FPÖ-Mehrheit im Bildungsausschuss des Nationalrates nun einen Erlass beschlossen, der jeglichem externen Verein verbieten will, Sexualkundeunterricht an österreichischen Schulen abzuhalten. Damit gefährden FPÖ und ÖVP eine wichtige Säule der Sexualpädagogik! Und Sie wollen damit professionelle externe Fachkräfte an den Schulen verbieten!
Außerschulisch bieten in Wien zum Beispiel die First Love Ambulanzen Informationen und Aufklärung, was Sie, liebe Kollegen von der FPÖ, ja auch gerne ablehnen, obwohl dort genau die Aufklärung geschieht, die Sie eigentlich wollen! Es wird geholfen, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern, es wird auch bei ersten Erfahrungen mit der Sexualität geholfen, und gerade dann, wenn sexuelle Gewalt passiert sein sollte, ist das auch eine erste Anlaufstelle, an die man sich wenden kann.
Ganz klar ist aber, dass eine Institution wie First Love nicht die gesamte Jugend in Wien täglich beraten kann. Es geht hier um individuelle und nicht um flächendeckende Angebote. Solche Institutionen sind eher eine Vorsorgeeinrichtung und nicht ein Gesamtpaket. Wir werden das noch bei einer anderen Postnummer diskutieren.
Aber für Basisinformation in Sachen Sexualität für Kinder und Jugendliche sollen natürlich die Bildungseinrichtungen sorgen, und diese Basisbildung ist, wie gesagt, durch Ihren Erlass massiv gefährdet. (GR Armin Blind: Haben Sie zum Poststück auch etwas zu sagen?)
Ja! All das betrifft den Bildungsbereich. Wir alle wissen, dass man intime Themen wie erste sexuelle Erfahrungen nicht ernsthaft mit Lehrern und Lehrerinnen besprechen kann, sondern besser mit Personen bespricht, die einem nicht am nächsten Tag eine Note geben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Deshalb werde ich nun einen Resolutionsantrag gemeinsam mit den Kollegen von der SPÖ einbringen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, auf der Beibehaltung und dem Ausbau einer qualitätsvollen Sexualpädagogik unter Einbindung von Expertinnen und Experten zu bestehen. Die Bundesregierung und die Bildungsdirektion Wien sollen für alle Schulen eine Liste von zertifizierten, professionellen, sexualpädagogisch geschulten Anbietern und Vereinen zur Verfügung stellen, und zwar nach festgelegten Qualitätsstandards. Natürlich ist es notwendig, dass es qualitätssichernde Maßnahmen dabei gibt, etwa die Überprüfung des Sexualpädagogikkonzeptes und auch eine Überprüfung der Informationsmaterialen - an diesen ist TeenSTAR ja letztlich gescheitert - durch Schulpsychologen, um einen Schutz vor ideologisch verzerrter Sexualpädagogik zu haben. Die den Schulen empfohlenen Vereine und Fachkräfte sollen in einer vom Bildungsministerium geführten Liste eingetragen und regelmäßig überprüft werden.
Ich bitte Sie alle, diesen Resolutionsantrag zu unterstützen! - Herzlichen Dank. Das war schon das Ende für heute. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. - GR Armin Blind: Ging es jetzt auch um eine Containerklasse? Diese Rede war eine Provokation!)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Schwarz, und ich erteile es ihr.
GRin Sabine Schwarz (ÖVP): Vielen herzlichen Dank, sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Werte Damen und Herren!
Ich hoffe, Sie verzeihen mir, wenn ich gleich auf den Antrag und auf das Anliegen meiner Vorrednerin eingehe! Über die Löwenschule haben wir ja auch schon sehr ausführlich diskutiert und gesprochen.
Worum geht es? - Es geht um TeenSTAR. Das haben Sie erwähnt. Der ehemalige Bildungsminister Faßmann hat dazu eine ganz klare Stellungnahme abgegeben und hat begonnen, Spielregeln zu erarbeiten. Er hat das wirklich als ein Projekt gestartet, damit Sexualpädagogik stattfinden kann, ohne dass man Kinder durch Sexualpädagogik in welche Richtung auch immer leiten kann.
Das Problem ist nur: Es hat dann einen Misstrauensantrag gegeben, und Herr Minister Faßmann konnte das Projekt nicht fertigstellen. Das heißt, dass es hier einen Stillstand gibt, hat wohl nicht die Volkspartei zu verantworten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es ist aber natürlich überhaupt kein Thema, dass Sexualkundeunterricht an der Schule wichtig ist. Es gibt allerdings viele, viele Stimmen - das müssen auch Sie akzeptieren! -, die teilweise kritisieren, dass das Ganze in die eine oder andere Richtung drängt. Da Frau Kollegin Faymann gerade sehr böse schaut, sage ich: Es gibt Eltern, die sagen, wir haben das Gefühl, dass unsere Kinder durch den Sexualunterricht durch Vereine, die sozusagen unterlaufen sind und keiner Kontrolle unterliegen, in eine linke Ecke oder in eine rechte Ecke gedrängt werden. (GRin Martina Ludwig-Faymann: In eine linke sexuelle Ecke?) Ja, das gibt es, tut mir leid! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, das gibt es! Entweder das Ganze ist zu konservativ oder zu liberal. Es gibt also immer beziehungsweise jedenfalls sehr oft etwas, was Eltern kritisieren.
Andererseits gibt es auch von den Lehrern den einen oder andere Kritikpunkt. - Sie sagen auch selbst, dass das ein Bundesthema ist, und daher hätten wir gerne, dass die Bundesregierung zu einem Runden Tisch mit den Stakeholdern, den Elternvertretern, den Lehrervertretern, einlädt und bespricht, wie Sexualkundeunterricht in Zukunft ganz wertfrei aussehen kann. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zur Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Emmerling. - Bitte.
GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Ich muss, wenn ich das höre, jetzt leider auch so böse schauen, tut mir leid!
Ich glaube, wenn wir hier prinzipiell darüber reden, ob Sexualunterricht in der Schule gut ist oder schlecht ist, dann ist das eh relativierend, ob wir das prinzipiell brauchen. Aber es ist absolut unverständlich, wenn wir davon
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