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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 26.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 99

 

Es wäre jetzt auch irgendwie naheliegend, eine Bilanz zu machen, eine Leistungsbilanz heißt das dann immer beim Abschied, sozusagen eine Liste vorzulesen, was alles gelungen ist, welche Projekte gelungen sind. Nichts würde sich für mich falscher anfühlen, als das zu tun, und darum möchte ich etwas ganz anderes versuchen. Ich will heute eigentlich darüber reden, wie ich Maria Vassilakou kennen und lieben gelernt habe. Ich will darüber reden, was ich von ihr gelernt habe, und ich will am Schluss dann auch darüber reden, in welchem Punkt ich absolut nicht ihrer Meinung bin, damit es bis zum Schluss spannend bleibt.

 

Wie kennen wir also Maria Vassilakou? Ich habe in den vergangenen Tagen - einige werden es bestätigen können - in diesem Haus Leute gefragt: Wenn ihr an die letzten Jahre denkt und an Maria Vassilakou und ihre Arbeit, was fällt euch denn ein? Und von allen ist immer sofort gekommen: Mut. Mut. Marias einzigartiger Mut. Wir kennen keine Frau, die so mutig ist. Damit verbunden waren dann immer einige der großen Projekte, wie Mariahilfer Straße, Parkraumbewirtschaftung, die 365-EUR-Jahreskarte - es ist heute schon einiges angesprochen worden.

 

Zunächst erschien mir das auch sehr passend - Mut, mutig -, weil das erste Mal, dass ich auf Maria Vassilakou aufmerksam wurde, war, als ich 2005 nach Wien gezogen bin. Ich komme aus Niederösterreich, bin einer dieser Zuagrasten da, und damals steckte Wien mitten in einem Gemeinderatswahlkampf und es gab eine Kandidatin, die damals den Wiener Mut plakatiert hat. Das war Maria Vassilakou.

 

Ich war damals ziemlich beeindruckt von dieser jungen Frau, die die Wiener Politik, bestehend aus alten Männern in noch älteren Nadelstreifanzügen, so mutig aufgemischt hat. Heute habe ich jetzt lange nachgedacht: Ist Mut, mutig sein, das richtige Wort, um Maria in all ihren Facetten überhaupt beschreiben zu können? - Ich glaube, es greift viel zu kurz, vor allem, weil ich einen der klügsten Sätze dazu von ihr, von dir, Maria, gelernt habe. Wir haben einmal über eine Politikerin gesprochen, die heute nicht im Raum ist - ich betone, die heute nicht im Raum ist -, und Maria hat damals zu mir gesagt: „Weißt du, in der Politik verwechseln sehr viele Leute mutig sein mit tollkühn sein, und das endet meistens schlecht.“ - Das ist ein Satz, den ich mir ins Stammbuch geschrieben habe.

 

Mutig ist also vielleicht gar nicht das richtige Wort, aber ich weiß, was viele, mit denen ich in den letzten Tagen geredet habe, gemeint haben: Es ist die Beharrlichkeit, es ist das unglaubliche politische Talent und Gespür, es ist der Zug zum Tor, und das ist natürlich etwas, das in den letzten Jahren in Regierungsfunktion auch sichtbar wurde. Aber es war schon davor da. Ich kenne Maria persönlich ungefähr seit dem Sommer 2008, und Maria war immer, es ist heute auch schon - es ist lustig wie viele Punkte du selbst angesprochen hast, die in meiner Rede vorkommen, und wir haben sie getrennt voneinander vorbereitet - angesprochen worden, Maria war immer eine Pionierin. Es wurde schon angesprochen, die erste Vizebürgermeisterin, die erste Spitzenkandidatin, die erste Klubobfrau mit Migrationshintergrund, aber auch Pionierin in all dem, für das sie ganz selbstverständlich gestanden ist: Menschenrechte, Offenheit, Gerechtigkeit, Klimaschutz in einer Zeit, in der Klimaschutz nicht im Zentrum der politischen Debatte stand.

 

Und wenn ich dieses „mutig“ jetzt für mich anders zusammenfassen darf, also wenn ich zusammenfassen darf, was Maria Vassilakou in den letzten Jahren geschafft hat, dann ist es für mich das: Sie hat Fragen gestellt, deren Zeit gekommen ist, aber die sich niemand zu stellen traute. Sie hat Debatten angestoßen, die laut waren, die wild waren, die mit unfairen Mitteln geführt wurden, die Widerstand hervorgerufen haben, aber die so notwendig und dringend waren. Sie hat diese „Brauch ma ned, haumma scho“-Mentalität in Wien durchbrochen, und das war eine Leistung, die so vieles in dieser Stadt überhaupt erst möglich gemacht hat. Maria Vassilakou hat damit neue Standards in der Stadt gesetzt, und dafür will ich heute Danke sagen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich möchte auch inhaltlich zwei Bereiche ansprechen, zum einen die Stadtplanung - du hast sie selbst schon angesprochen -, und da will ich jetzt einen Mann zitieren, Dietmar Steiner, der letztes Jahr im Falter Folgendes gesagt hat: „Es klingt ein wenig pathetisch, aber es ist so. Eine bedeutende Epoche der Wiener Stadtplanung geht mit dem angekündigten Rücktritt von Maria Vassilakou zu Ende.“ - Und weiter hat er geschrieben: „Die Resultate ihrer Politik, das ist das Schicksal jeder Stadtplanung, werden wir erst in den folgenden Jahren erkennen. Vassilakou hat die Vision einer nachhaltigen Stadt verfolgt und etabliert, dafür zu Recht internationalen Beifall erhalten und bewiesen, dass nur eine grüne Stadtplanung zukunftsfähig ist. Ich glaube, wir sind alle gut beraten, diese Vision, diesen offenen Blick weiterzuführen.“

 

Ein anderes Thema ist der Klimaschutz, der heute, wie schon gesagt, im Zentrum der Debatte steht. Es war Maria Vassilakou, die 2009/2010 mit der Forderung der radikalen Verbilligung der Öffis als Klimaschutzmaßnahme aufhorchen hat lassen. Das wurde damals als Extrawürstel, für die man kein Geld habe, belächelt, aber im Ergebnis heißt es, dass Maria Vassilakou schon Klimapolitik gemacht hat, bevor wir alle das überhaupt so nannten, und immer Klimapolitik für alle in der Stadt. Heute sehen wir im Ergebnis, dass wir in einer Stadt leben, in der es mehr Jahreskarten als Autozulassungen gibt. Heute gibt es eine eigene Abteilung für Energieplanung, die noch vor einigen Jahren kritisiert und als unnötig bezeichnet wurde. Heute gibt es nach heftigen Debatten ein vollkommen neues Bild von dem, was Straßenraum sein kann und wem er gehört.

 

Maria Vassilakou hat Debatten angestoßen und Denkräume aufgemacht, sie hat keine Auseinandersetzung gefürchtet, und wir Jungen und wir Neuen, die jetzt nach dir kommen, wir können darauf aufbauen, und dafür sind wir unglaublich dankbar, Maria. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

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