Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.06.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 103
tionsmaßnahme oder eine positive Hilfsmaßnahme, und so stelle ich mir das Leben auch vor.
Oder die Geschichte von Emma, sechsjährig, die ein Jahr Volksschule im Ausland und ein Jahr Volksschule in Österreich gehabt hat und am Anfang, am ersten Tag ihrer Volksschulzeit, kein Deutsch konnte, nach einem Jahr das aber schon konnte. Sie kann auch bis 100 rechnen und kann das, was viele Kinder mit sieben in diesem Zahlenraum nicht können. Trotzdem muss sie am Ende dieser 1. Klasse, die sie mit den anderen deutschsprachigen Kindern schon ein Jahr lang in der Volksschule verbracht hat, eine Feststellungsprüfung ihres Sprachzustands machen, und könnte dann dazu gezwungen werden - weil sie die Sätze vielleicht nicht ganz richtig formuliert -, dass sie noch ein drittes Mal eine 1. Klasse machen kann. Das sind Formen von Integrationsmaßnahmen, die ich sinnlos finde. Das ist eine Form von Deutschklassen, die ich auch sinnlos finde. Das finden übrigens auch alle Pädagogen sinnlos. (Ruf bei der FPÖ: Die Bildungsministerin nicht!)
Ja, das ist ein Problem, da gebe ich Ihnen recht, das ist nämlich noch das Ergebnis der alten schwarz-türkis-blauen Ex-Bundesregierung, und deshalb muss ich das auch hier anmerken, dass das die Nachwirkungen einer alten Bundesregierung und auch der jetzigen sind, die die Wiener Kinder bis in die nächsten Jahre spüren werden. Sie alle werden es spüren, wenn die Kinder keine gut integrierten Kinder sein können, weil sie immer daneben sind. (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Das sind sie ja jetzt schon!)
Noch schlimmer aber als diese Verordnung, nämlich der Deutschklassen, ist die verheerende Gymnasialreifefeststellung in der 3. Klasse Volksschule. Mit 8 bis maximal 9 Jahren sollen Kinder geprüft werden. Kinder, die noch nie in ihrem Leben eine Schularbeit alleine geschrieben haben, bekommen von einer unbekannten Person einen standardisierten Text vorgetragen und sollen dann darauf geprüft werden, ob sie in zwei Jahren in der Lage sein werden, ins Gymnasium zu gehen oder nicht. Das ist zu diesem Zeitpunkt völlig sinnentleert. Es ist falsch, und das wissen alle. (StR Maximilian Krauss: Sie bestimmen das nicht, was falsch ist!)
Achtjährige Kinder können klein sein oder können schon fast jugendlich ausschauen. Alle Konzepte von Lehrenden sagen, dass das viel zu früh ist, um festzustellen, wie dieses Kind sich in Zukunft entwickeln wird. Stattdessen sollten alle Kinder bis 14 gemeinsam unterrichtet werden, damit sie eine Chance haben, sich gemeinsam je nach ihrer körperlichen Verfasstheit zu entwickeln, und nicht schon mit 8 Jahren in die Klugen und in die weniger Begabten aufgeteilt werden. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) - Das wollen wir nämlich nicht.
Es ist frustrierend, zu sehen, wie wir hier im rot-grünen Wien positive Projekte setzen, die dann durch bundespolitische Entscheidungen torpediert werden. Da gibt es das Schulprojekt „Respekt: Gemeinsam Stärker“, über das ich nicht mehr reden werde, weil Sie das schon kennen, oder die „Werkstadt Junges Wien“, an der heuer 20.000 Kinder teilgenommen haben, von Kindergarten bis erwachsen. Das alles sind Projekte, die helfen, gut gemeinsam zusammenzuleben.
Noch erstaunlicher, liebe Kollegen der ÖVP und FPÖ, sind für mich aber die Anträge, die Sie hier im Gemeinderat stellen. Als hätten Sie auf Bundesebene viele der Maßnahmen nicht längst einführen können: die tägliche Turnstunde, die Finanzierung für ein gescheites Betreuungsverhältnis, einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Jahr, den die GRÜNEN schon seit zehn Jahren fordern, die Attraktivierung des Kindergartenberufsfeldes, was im Wesentlichen einen besseren Betreuungsschlüssel und Geld für Subventionen und Teambesprechungen bedeutet. Das heißt, es geht immer wieder um Geld, Geld, Geld, um Finanzierung vom Bund in die Stadt, die nicht geleistet wird. Mehr Schulsozialarbeit an höheren Schulen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, aber wo ist die Finanzierung aus dem Bund für diese Sachen? Warum hat die Bundesregierung bis jetzt die Finanzierung von solchen sinnvollen Maßnahmen verweigert, liebe KollegInnen?
Ich sage es immer gerne, Wien übererfüllt die sogenannten Barcelona-Kriterien. Wir haben das heute sicher auch schon gehört, 33 Prozent Abdeckung wären notwendig; in Wien gibt es für die Kinder von 1 bis 3 Jahren sogar 70 Prozent Abdeckung und 95 Prozent Abdeckung von 4 bis 6 Jahren. Kein anderes Bundesland schafft das.
Ich möchte mich hier noch kurz bei allen sehr engagierten Lehrenden bedanken, die es trotz aller administrativen Hürden schaffen, für Kinder und Jugendliche Tag für Tag da zu sein, bei all den BetreuerInnen in Nachmittagsbetreuungen und Jugendzentren, die kreativ Lösungen suchen und auch in schwierigen Situationen AnsprechpartnerInnen für die Jugendlichen sind, und bei all den KindergartenpädagogInnen, die ihren Humor und ihre Kreativität einbringen, damit unsere Kinder einen gemeinsamen guten Start haben. Danke an sie alle, wir als grüne Stadtregierung werden weiter das Menschenrecht auf Bildung - und zwar für alle in dieser Stadt - verteidigen. Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit ist 7 Minuten gewesen, fraktionelle Restredezeit der GRÜNEN ist 10 Minuten. Als nächster zu Wort gemeldet ist StR Maximilian Krauss, ich erteile es ihm, selbstgewählte Redezeit 6 Minuten.
StR Maximilian Krauss: Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrter Herr Stadtrat, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Berner, wenn Sie gesagt haben, Sie besuchen gern und regelmäßig die Schulen als Politikerin, da sage ich Ihnen schon, Politik hat in der Schule nichts verloren, außer vielleicht bei Schuldiskussionen, da habe ich Sie noch nie gesehen. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie aber glauben, dass Sie Kinder mit Ihrer Ideologie belästigen müssen, dann unterlassen Sie das bitte in Zukunft! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Und wenn Herr Chorherr zuvor gesagt hat, wie toll in Wien die Betreuung nicht ist (Zwischenruf bei den GRÜNEN.) und wie großartig - pardon, was ist? (Ruf: Herr Ellensohn!) - Herr Ellensohn, Entschuldigung, ich muss
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