Gemeinderat, 50. Sitzung vom 25.04.2019, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 36
en Untersuchungskommission gerne konstruktiv mitarbeiten. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kickert. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrte Zuhörer und Zuhörerinnen auf der Galerie, ich hoffe, Sie können mit Ihrem Fachwissen als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenanstaltenverbundes und in anderen Gesundheitsberufen einiges an dieser Diskussion mitnehmen, möglicherweise auch die Erkenntnis, dass nicht alle so viel über das System wissen wie Sie, die Sie in diesem System arbeiten.
Ich möchte ein bisschen zurückgehen auf das Thema dieses Sondergemeinderats, einberufen von der FPÖ, mit dem sehr umfassenden und skandalisierenden Titel des drohenden Kollapses oder der Befürchtung. Die Stichworte, die dazu gebracht wurden, waren großer Schwerpunkt auf die Untersuchungskommission, die Sie als Vertuschungskommission bezeichnet haben, die Problematik Gangbetten, die Problematik Wartezeiten in Ambulanzen, die Problematik von zu wenig KassenärztInnen und dann die Behauptung, dass das Personal überlastet wäre. In diesem Bausch-und-Bogen-Angriff gegen das Wiener Gesundheitssystem ist kein einziger Vorschlag dazu gekommen, wie etwas besser oder anders gemacht werden könnte. Es ist nicht einmal in sämtlichen Wortmeldungen, auch teilweise von der Opposition, die sich aber in ihren Beiträgen zu dieser Diskussion stark an dem orientiert hat, was ausgemacht ist, kein einziges Mal, darauf hingewiesen worden (VBgm Dominik Nepp, MA: Es kommen noch fünf Redner von uns! Ich sage es nur! Sie können gespannt zuhören!), wie dispers und wie schwierig das Gesundheitssystem mit seinen zersplitterten Zuständigkeiten ist. Der Hinweis vom Vizebürgermeister war jetzt, es kommen noch fünf Rednerinnen und Redner. Ich weiß jetzt gar nicht, ob ich hätte gendern sollen. Aber ich bin tatsächlich gespannt auf deren Ausführungen. Wir werden dann sehen, ob es sich lohnt, sich noch einmal zum Wort zu melden.
Ich gehe jetzt auf die Problematiken ein, weil es ist nicht so, dass auch ein halbwegs gut funktionierendes oder ein sehr gut funktionierendes System nicht besser gemacht werden könnte. Jetzt müssen wir sagen, ja, wir haben Problembereiche im Gesundheitswesen. Niemand, nicht einmal diejenigen, die das, was an Standard und an Leistungen erbracht wird, verteidigen, stellt das in Abrede.
Die Tatsache, dass Gangbetten immer wieder vorkommen, ist evident, ebenso das Ziel, diese Gangbetten möglichst nie notwendig zu machen. Gleichzeitig müssen wir aber auch sagen, in dem Moment, in dem städtische Krankenhäuser niemanden abweisen, der eine stationäre Aufnahme braucht, kann es zu zeitweiligen Spitzen kommen. Was jetzt versucht wird, ist ein halbtägiger Abgleich von Belegungsdaten, um genau das zu verhindern, dass Personen, die an Krankenhäuser zugewiesen werden oder mit Krankentransporten dort hingebracht werden, in ein Krankenhaus kommen, das keine freien Betten mehr hat. Die Zahlen, die mir vorliegen, sind eineinhalb Jahre alt. Ich bin schon gespannt, ob dieses neue System des halbtägigen Bettenabgleichs eine Verbesserung bringen wird. Die Hoffnung besteht. Das wäre sozusagen der Problembereich Gangbetten, der selbstverständlich angegangen wird. Es wird selbstverständlich nicht hingenommen, dass die durchschnittlichen sechs Personen pro Tag am Gang liegen müssen. Das ist klar. Das ist ein Ziel, das von sämtlichen Verantwortlichen im Krankenhausbereich und im Gesundheitswesen geteilt wird.
Der zweite Punkt, der heute schon öfters angesprochen worden ist, sind die Primärversorgungseinheiten, das Primärversorgungssystem. Da wird immer darauf hingewiesen, dass Wien zu wenig hat und einen Nachholbedarf daran hat, die eigenen gesetzten Ziele zu erreichen. Stimmt. Aber warum ist das so? Das liegt daran, dass die gesetzlichen Voraussetzungen und die Absprachen zwischen den zuständigen Stellen, nämlich der Sozialversicherung und der Ärztekammer, bis vor Kurzem nicht vorgelegen sind. Das größte Hindernis für die Einrichtung von Primärversorgungseinheiten ist die Anschubfinanzierung, der Start, das finanzielle Risiko, das Ärztinnen und Ärzte eingehen, wenn sie sich zusammenschließen und das machen. Dieses Problem wurde erst vor Kurzem, nämlich vor 14 Tagen, behoben, indem es endlich die Vereinbarung zwischen der Ärztekammer und der Sozialversicherung zum Gesamtvertrag gibt. So ist es möglich, diese Primärversorgungseinheiten zu finanzieren. Diese Verhandlungen haben fünf Jahre lang gedauert. Das heißt, jetzt der Stadt Wien vorzuwerfen, dass sie nicht genügend Primärversorgungseinheiten eingerichtet hätte, geht ein bisschen an der Tatsache vorbei, dass die alleinige Verantwortung oder die alleinige Bereitstellung der Möglichkeiten nicht bei der Stadt Wien oder dem Land Wien liegt. Also, mit dem Beschluss des Gesetzes 2017 und mit der Einigung jetzt, 2019, zum Gesamtvertrag zu diesen Primärversorgungseinheiten ist eine Grundlage geschaffen, damit wir möglichst schnell und vielleicht doch noch im Laufe der nächsten eineinhalb Jahre nachziehen können, um unsere eigenen Ziele, die wir 2015 festgesetzt haben, auch zu erreichen.
Da möchte ich jetzt kurz eingehen auf die Wortmeldung oder den Antrag vom Kollegen Gara von den NEOS, nämlich eine Art verpflichtendes Mitdenken der Primärversorgungseinheiten in Stadtentwicklungsgebieten. Da spricht im Prinzip nichts dagegen. Das Einzige, was ich dazu sage, ist, es gibt nichts, was eine Ansiedlung von Primärversorgungseinheiten in Stadtentwicklungsgebieten verhindert. Die Infrastruktur, nämlich die räumliche Infrastruktur, die bei Erstellung von Flächenwidmungsplänen bereits vorliegt, nämlich diese Rahmenbedingungen, schließt die Errichtung oder das Einrichten von Primärversorgungseinheiten nicht aus. In allen jetzt geplanten Erdgeschoßzonen können sich neben kommerziellen Nahversorgungseinrichtungen auch Primärversorgungseinrichtungen einmieten. Das Raumangebot ist da. Dass es bisher nicht genützt worden ist, liegt - jetzt wiederhole ich mich wieder - daran,
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