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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 24.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 74

 

Schriftführer GR Christian Unger: „Mitte der 1990er Jahre erfolgte die Übernahme ganztägiger Schulformen in das Regelschulwesen. Die Stadt Wien ist als gesetzliche Erhalterin der öffentlichen Pflichtschulen seit dem Schuljahr 1994/95 verpflichtet, an ganztägigen Schulformen für die Bereitstellung des für den Betreuungsteil erforderlichen Personals vorzusorgen.

 

Die Stadt Wien hat sich bedauerlicherweise von Anfang an geweigert, das Freizeitpersonal an Wiener Pflichtschulen als Vertragsbedienstete der Stadt Wien anzustellen. Die direkte Anstellung der Freizeitbetreuer bei der Stadt wäre insofern sachgerecht und naheliegend gewesen, als das Land Wien Dienstgeber der Pflichtschullehrer ist, und somit die Dienstgeberrolle sowohl für die Lehrer als auch für die Freizeitbetreuer in eine Hand gefallen wäre. Die Stadt Wien hat die Bereitstellung vielmehr dem von der Stadt beherrschten und zu 100 Prozent mit Steuergeld finanzierten Verein Wiener Kinder- und Jugendbetreuung übertragen. Basis für diese Arbeitskräfteüberlassung war ein Übereinkommen zwischen Stadt Wien und dem Verein, das mit Beschluss des Gemeinderates vom 19.5.1995 genehmigt wurde.

 

Im Zuge des Ausbaus ganztätiger Schulformen wuchs die Zahl der angestellten Betreuer auf weit über 1.000 Personen an. Dass die Vereinskonstruktion angesichts der öffentlichen Aufgabe, die zu erfüllen ist, und angesichts der großen Anzahl an Bediensteten nicht adäquat ist, gestand die Stadt Wien mittlerweile selbst ein. Im Akt zur Gründung einer Bildung im Mittelpunkt GmbH, der im September 2018 im Gemeinderat beschlossen wurde, heißt es: ‚Durch die mittlerweile erreichte Größe des gemeinnützigen Vereins mit seinem bedeutenden Geschäftsbetrieb hat sich gezeigt, dass ein Verein nicht mehr die am besten geeignete Rechtsform und Organisationsstruktur für die Besorgung der vom Verein erbrachten Leistungen ist.‘

 

Es ist unverständlich, warum im Jahr 2018 nicht die direkte Anstellung der Freizeitbetreuer bei der Stadt in Erwägung gezogen wurde. Mittlerweile ist die ganztägige Betreuung von Schülern eine weitverbreitete Selbstverständlichkeit, sowohl in offener als auch in verschränkter Form. Es ist äußerst unzweckmäßig, wenn das pädagogische Personal von zwei unterschiedlichen Dienstgebern gestellt wird. Dies gilt umso mehr, als dieselbe Gebietskörperschaft im Hintergrund die Fäden in der Hand hält. Die Stadt Wien hat somit ausschließlich für den eigenen Bedarf eine Personalbereitstellungsgesellschaft gegründet, welche das aufgenommene Personal den Schulen der Stadt Wien zur Verfügung stellt.

 

Mit der neu errichteten Bildungsdirektion steht dem Land Wien mittlerweile eine gemischte Bundes- und Landesbehörde zur Verfügung, die sämtliche Lehrer an allen öffentlichen Schulen verwaltet. Die Bildungsdirektion Wien könnte daher auch für das Betreuungspersonal die Dienstgeberrolle für die Stadt Wien übernehmen.

 

Dennoch wurde Anfang 2019 der Verein in die zu 100 Prozent der Stadt Wien gehörige Bildung im Mittelpunkt GmbH überführt. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass diese Umwandlung zeitgleich mit einer Prüfung durch den Rechnungshof durchgeführt wurde, die nach Medienberichten eklatante Missstände im Verein zutage gebracht hat.

 

Die Auslagerung dieser wichtigen Aufgabe, deren Bedeutung durch den Ausbau ganztägiger Schulformen kontinuierlich zunimmt, an einen Verein beziehungsweise an eine GmbH erscheint unzweckmäßig und unwirtschaftlich. Sie ist nicht nur für die Bediensteten ein Nachteil, da ihr Arbeitgeber nicht die Stadt, sondern eine private Gesellschaft ist. An den Schulen führt die Ausgliederung zu vermehrtem Koordinationsaufwand, da die Direktoren gegenüber den von außen zugewiesenen Betreuern in keiner dienstrechtlichen Vorgesetztenrolle stehen. Gleichzeitig wird die Budgethoheit des Gemeinderates unterminiert und der tatsächliche Personalstand der Stadt Wien verschleiert. Darüber hinaus wird das Interpellationsrecht der Gemeinderäte beschränkt. Die einzigen Profiteure dieser Art von Ausgliederung sind offenkundig die leitenden Angestellten aus dem Dunstkreis der SPÖ, die, glaubt man den Medienberichten, von diesen Möglichkeiten zur Umgehung des Dienst- und Gehaltsrechtes zum eigenen Nutzen und zum Schaden für die Steuerzahler auch umfassend Gebrauch gemacht haben.

 

Die gefertigten Gemeinderäte stellen daher gemeinsam mit den Mitunterzeichnern gemäß § 36 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Stadt Wien nachfolgende Dringliche Anfrage:

 

1. Welche rechtlichen Einflussmöglichkeiten hatte die Stadt Wien auf den Verein Wiener Kinder- und Jugendbetreuung?

 

2. Wer hat diese Kontrollrechte für die Stadt Wien wahrgenommen?

 

3. Haben die Organe der Stadt Wien von den medial kolportierten Gehaltserhöhungen und sonstigen finanziellen Vergünstigungen für die Geschäftsführerin Kenntnis gehabt oder diese sogar gebilligt?

 

4. Bezieht die ehemalige Geschäftsführerin mittlerweile eine Beamtenpension der Stadt Wien?

 

5. Wenn ja, wurden bei der Bemessung der Pension die Dienstzeiten der ehemaligen Geschäftsführerin beim Verein pensionserhöhend berücksichtigt?

 

6. Welche sachliche Rechtfertigung gibt es, dass Leitungspersonal eines von der Stadt Wien beherrschten und zur Gänze finanzierten Vereins gegenüber Bediensteten der Stadt Wien offenkundig finanziell oder dienstrechtlich eklatant besser zu stellen?

 

7. Warum wurde und wird das Betreuungspersonal demgegenüber nach dem Kollektivvertrag für die Sozialwirtschaft entlohnt, während eine Einstufung nach dem Vertragsbedienstetengesetz für die Betroffenen erhebliche Vorteile brächte?

 

8. In der Dezembersitzung 2018 des Wiener Gemeinderates wurde eine Zusatzsubvention von 1,3 Millionen EUR an den in Liquidation befindlichen Verein beschlossen. Diente diese Nachtragsdotation auch für die Finanzierung der nachträglichen Gehaltserhöhung oder der Abfertigungszahlung an die ehemalige Geschäftsführerin?

 

9. Welche rechtlichen Schritte unternehmen Sie, um den durch die zutage getretene Selbstbedienungsmenta

 

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