Gemeinderat, 47. Sitzung vom 24.01.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 74
nicht unter 40 Grad gekommen sind. Insofern hat Birgit Hebein völlig recht, es ist, neben vielen anderen, eine zutiefst soziale Frage.
Wir stehen jetzt wirklich vor der riesen, riesen Aufgabe - es war eine Entwicklung, die sich 300 Jahre lang aufgebaut hat, es war nämlich nicht die Industrielle Revolution, wie wir es in der Schule lernen, es war die industriell-fossile Revolution, wir hätten sozusagen dieses Wirtschaftswachstum ohne am Anfang Kohle und dann Öl nicht aufbauen können -, jetzt, in einem kleinen Augenblick der modernen Geschichte - in elf Jahren nämlich schreiben wir 2030 und dann sind es noch wenige Jahre bis 2050 -, gänzlich ohne fossile Energieträger auskommen zu können. Das ist eine ungeheure Aufgabe.
Jetzt müssen wir alle Partner suchen und sagen: Sag’ einmal, du in Oslo, wie machst denn du das? Und du in Bern, wie machst denn du das? Und andere sagen: Hey, wie macht denn ihr das mit dem öffentlichen Verkehr? - Ah, 365-Ticket, das könnten wir auch.
Das alles reicht noch längst nicht, aber ich glaube, dass solche Treffen, auch auf den verschiedensten Magistratsebenen, wichtig sind. Wie bauen wir Häuser, die erschwinglich sind, aber trotzdem heizen und kühlen, weil wir in Zukunft kühlen werden müssen, und dies nicht mit den Klimarex-Geräten, die wahnsinnig viel Strom brauchen, weshalb wir im Sommer auch die kalorischen Kraftwerke anwerfen müssen, was wir derzeit, wenn wir Sommerspitzen haben, tun? Wie machen wir das? Auch regulativ, wie machen wir das? Wie machen das andere Städte?
Insofern bin ich sehr froh und möchte mich, nicht zu viel, aber doch bei einigen wenigen, bedanken. Bei der MA 20, die hervorragende Kontakte knüpft: Da ist jetzt bei diesem Energienetzwerk Barcelona dabei, da ist Helsinki dabei, da ist Frankfurt dabei, da ist München dabei, da ist Stuttgart dabei, da ist Paris dabei, da ist Utrecht dabei. All diese Städte probieren das, stoßen aber auch an Grenzen, auch an Grenzen der Akzeptanz. Etwas ist uns nicht gelungen - fast würde ich es als Versagen bezeichnen -, nämlich zu verhindern, dass es auf der ganzen Welt brutal heißer wird mit all den Verwerfungen. Das hat auch mit der Frage zu tun, wo ich parken kann und ob ich etwas dafür bezahlen muss. Es gibt da also Zusammenhänge und es ist gar nicht leicht. Die Frage muss lauten: Wie habt denn ihr das gemacht?
Die Pariser Bürgermeisterin wird zu Recht gelobt, ich lese aber auch die Kritik und die Zustimmungsraten, die sie hat. Da schreien nicht alle Bravo, wenn sie autofreie Innenstadt sagt. - Wie machst denn du das? Mit großem Respekt schaue ich in die Schweiz, wo sie mit einer gewissen Schweizer Präzision Energieraumpläne entwickeln und seit Jahren implementiert haben, die wir heuer versuchen. Sie werden hoffentlich heuer oder spätestens im Jänner/Februar nächsten Jahres die Energieraumplanung übersetzt bekommen.
Deswegen bin ich so dafür und kann eigentlich kaum verstehen, wie man dagegen sein soll, in ein Netzwerk von Städten zu gehen, die ähnliche Probleme haben, in dem man sich trifft und sagt: Sagt einmal, wie macht denn ihr das? Wir haben das Problem, wie geht denn ihr damit um? - Aha! Voneinander lernen und nicht die Weisheit mit dem Löffel geschluckt zu haben.
Das Zweite ist das Energieeffizienz-Programm: Ich will jetzt gar nicht mit Kollegen Wölbitsch herumpolemisieren, das Polemisieren ist mir irgendwie zu fad, ich sage es, wie es ist: Ich kann mich erinnern - das ist der Vorteil, wenn man schon sehr lange hier im Haus ist -, der SEP ist ja schon viel älter, als die Grünen in der Regierung sind, es gab 2007 einen großen einseitigen Artikel in der Aufmachergeschichte der deutschen „Zeit“, in dem gesagt wurde: Schaut nach Wien - nicht wegen des leistbaren Wohnens wie dieser Tage -, was die da zusammenbringen, nämlich ziemlich präzise. Herr Kollege Wölbitsch, schauen Sie sich das an, da stehen hinten seitenweise konkrete Maßnahmen. Angestrebtes Energiesparziel, Federführung: Wer soll das tun? Aufwand: Was kostet das? Umsetzungsschritte, Priorisierung. Was also wollen Sie mehr?
Auch als Oppositionspapier, mit dem uns zu Recht die NEOS im produktiven Sinne quälen: Hallo, habt ihr eigentlich gelesen, auf Seite sowieso habt ihr gesagt, das ist - wo ist denn das, wieso macht ihr das nicht? - Wenn man das so genau macht, wäre es eine Utopie, zu glauben, das alles optimal abrennt. Nein, es rennt nicht alles optimal, die Umsetzung ist im Detail überall schwierig. Das ist also sehr präzise gehalten und gibt vor allem einem Magistrat auch im eigenen Wirkungsbereich - die eigenen Schulen, die eigenen Kindergärten, die eigenen Amtshäuser, der eigene öffentliche Verkehr, und, und, und - eine klare Richtschnur, wie die Energieeffizienz gesteigert wird. Das ist, auch aus einer Jahrhundertperspektive, in der der Energieverbrauch wächst, wächst, wächst, schon beachtlich, da klar zu sagen: Wir brauchen in relativ kurzer Zeit eine Reduktion um, ich glaube, 32 Prozent und eine CO2-Reduktion um 40 Prozent. Das müssen wir aber hinbringen, und nicht, indem es im Winter kalt ist, sondern indem es im Winter weiter 20 Grad hat und warm ist, aber trotzdem durch den Ersatz von fossiler Energie durch Intelligenz.
Eine einzige Kritik darf ich Ihnen unpolemisch rüberschieben: Wenn diese Bundesregierung eine einzige Maßnahme setzen könnte, um den gesamten Klimadiskurs völlig zu ändern, dann würde sie eine Steuerreform machen, die in der Tat Niedrigverdiener entlastet und den Rohstoff Umwelt und CO2 besteuert. Das haben erfolgreich so verarmte Länder wie die Schweiz, so desolate Länder wie Schweden, mit dem Effekt, dass das CO2 dort zurückgeht und eine Energieeffizienz-Industrie boomt. Das wäre die Aufgabe jeder vernünftigen Regierung, und ich bedauere das sehr, dass das von der derzeitigen Regierung nicht im Ansatz passiert. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Abschließend: Ich bin froh und dankbar, dass es dieses sehr präzise Programm gibt. Ich bin froh über eine Opposition, die uns akribisch darauf hinweisen wird, wo wir welche Schritte einhalten - das werden wir schon selber erzählen -, aber wo wir sie auch nicht einhalten, auf dass wir dann zerknirscht von dannen ziehen und sagen, Gara oder Emmerling hat recht. Das werden wir
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