Gemeinderat, 44. Sitzung vom 27.11.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 100
Wien hier in Wien in den Bezirken zu sorgen. Ich möchte Ihnen nämlich einen Fall schildern. Es ist ein sehr trauriger Fall von einer Mutter aus meinem Heimatbezirk Favoriten, ein Fall, der an mich herangetragen wurde. Ich habe der Mutter dann empfohlen, damit schlichtweg zu einer Zeitung zu gehen und damit vielleicht auch die notwendige Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu legen. Leider wollte die Mutter nicht in die Öffentlichkeit, weil sie vor dem Mutterschutz Bedienstete der Stadt Wien war und daher Nachteile bei einem beruflichen Wiedereinstieg gefürchtet hat. Aber ich möchte Ihnen das einmal kurz vorlesen: „Im Juni dieses Jahres besuchte ich mit meinen Kindern den Tag der offenen Türe in der Musikschule des Hansson-Zentrums. Da meine beiden Volksschulkinder den Wunsch geäußert hatten, Klavierspielen zu lernen, beobachteten wir Schüler und eine Klavierlehrerin. Die Lehrerin war sehr bemüht und die Schüler, die zirka 16 Jahre alt waren, konnten wirklich gut Klavier spielen. Auf meine Anfrage bei der Direktorin der Musikschule, wo man sich am besten einschreiben könnte und an welchen Tagen ab September noch etwas frei wäre, wurde mir gesagt, dass ich meine Kinder zwar anmelden könne, aber frühestens in zwei Jahren wieder ein Platz frei wäre. Viele Kinder beginnen im Volksschulalter und bleiben dann natürlich bis zur Volljährigkeit bei der gleichen Lehrerin, was auch verständlich ist. Mir wurde weiters auch gesagt, dass seit vielen Jahren Klavierunterricht dermaßen beliebt ist, sodass das Angebot bei Weitem an Stunden und Lehrern nicht ausreicht. Ich finde es so schade, dass man den Kindern keine musikalische Ausbildung im Bezirk ermöglicht. Da ich drei Kinder habe, reicht mein monatliches Budget leider nicht für einen Privatunterricht. Mit freundlichen Grüßen.“ Nachdem dies auch nicht der einzige Fall sein wird, wenn dort der Dame mitgeteilt wird, dass die Wartezeit zumindest zwei Jahre beträgt, glaube ich, fragen sich viele Eltern hier in Wien, die ihre Kinder in die Musikschule schicken möchten, durchaus zu Recht: Haben hier die Verantwortlichen im Rathaus in der Vergangenheit in der Pendeluhr geschlafen? Wie beschämend ist es eigentlich für eine Stadt wie Wien. Ich habe vorher von dem Herrn Gemeinderatsvorsitzenden gehört, die europäische oder überhaupt die Weltkulturhauptstadt. Das lasse ich jetzt so einmal dahin gestellt, was der Herr Reindl da gesagt. Aber wie beschämend ist es dann eigentlich für eine solche Kulturhauptstadt, in der auch weltbekannte Künstler und Komponisten wie ein Mozart, ein Beethoven, ein Schubert und wie sie alle heißen, gewirkt haben, wo es nicht einmal ausreichend Plätze, Stunden, Personal und Ressourcen gibt, damit hier Klavierunterreicht stattfinden kann.
Und, Frau Stadträtin, Sie selbst haben es auch im Juni dieses Jahres gesagt, dass immerhin drei von vier Touristinnen und Touristen als Antwort geben, wenn sie gefragt werden, warum sie nach Wien kommen, Kunst und Kultur. Das ist ein Asset, das wir nicht nur schützen und erhalten, sondern auch zukunftsfähig machen müssen. Ja, bei den Worten bin ich ganz bei Ihnen. Die Vergangenheit zeigt uns leider anderes. Und ja, ich persönlich finde es auch blamabel, dass die Stadt Wien das nicht hinbekommt. Wenn wir aber in die österreichischen Bundesländer hinausschauen, hat mittlerweile fast jede 1.000 Seelen Einwohner Dorfgemeinde eine Musikschule oder zumindest eine Filiale oder eine Niederlassung, wo Musikschulunterricht stattfinden kann? Wie traurig ist es eigentlich auch für die Wiener SPÖ, die nicht ausreichend Möglichkeiten schafft, damit Musikschulunterricht in den Institutionen der Stadt Wien stattfinden kann. Stattdessen müssen die Wienerinnen und Wiener auf teuren Privatunterricht ausweichen oder unter Umständen auf Grund der wirtschaftlichen Gegebenheiten im Elternhaus dann gar kein Musikschulunterricht möglich ist. Meine Kollegin Nittmann hat das auch vollkommen richtig angesprochen, dass das Erlernen eines Musikinstrumentes, wo es nicht nur um die Fähigkeit des Beherrschens eines Instruments an sich geht, ja auch sehr viele positive Nebeneffekte hat. Beispielsweise wenn ich jetzt wieder das Klavierspielen hernehme, da werden die gleichen Gehirnregionen bedient beziehungsweise beansprucht wie bei der Mathematik. Was bedeutet das, wenn man Klavier spielt? Dass sich das jetzt auch entsprechend auf mathematische Leistungen auswirkt, man diese damit verbessern kann und somit auch das Potenzial der Kinder an sich hier bessern oder das Potenzial steigern kann. Und ich sage es Ihnen ganz offen: Bald bei jeder Gemeinderatssitzung unterhalten wir uns hier herinnen über millionenschwere Fördermaßnahmen, wo man irgendwelche Personen empowern muss oder sonst irgendetwas. Aber wenn Volksschulkinder wissen, dass sie ein Musikschulinstrument lernen möchten, dass sie Leistung erbringen möchten, dass sie sich Fähigkeiten aneignen möchten, dann müssen wir sagen: Ja geht nicht, gibt‘s nicht, kommst in zwei Jahren wieder. Meine Damen und Herren, das ist eigentlich sehr traurig für die Stadt Wien und für Österreich an sich! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich nehme mich ja auch gerne selbst als Beispiel. Ich habe mit acht Jahren in der Volksschule mit Musikschulunterricht begonnen, nicht in Wien, weil ich in Wien wahrscheinlich keinen Platz bekommen hätte. Aber hätte mir mit acht Jahren jemand gesagt, geht nicht, gibt‘s nicht, dann hätte ich mir etwas anderes gesucht. Und ich sage auch ganz offen, das wäre wahrscheinlich nicht im Bereich der Musik gelegen, sondern das wäre dann etwas Sportliches gewesen. Da wäre ich zum Judotraining, zum Fußballtraining oder sonst irgendwas gegangen. Und das ist eigentlich sehr, sehr schade, dass wir uns hier als Stadt wirklich sehr viel Potenzial entgehen lassen, wo wir gewissermaßen doch, wie ich meine, einen Ruf zu verlieren haben.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, möchte ich mit einem Appell an die Stadträtin schließen: Bitte treten Sie an den Herrn StR Czernohorszky heran! Führen Sie ein eingehendes Gespräch mit ihm! Suchen Sie bitte den Dialog mit ihm! Ich ersuche dringend darum, dass die Musikschulen in Zukunft die Dotation erfahren, die sie verdienen. Aber wie man am konkreten Fallbeispiel auch sehen kann, dass die Musikschulen auf jeden Fall auch die Dotation erfahren, die sie brauchen. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
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