Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 149
so viel leistbares Wohnen wie möglich zum Wohle der Wienerinnen und Wiener schaffen werden. Deshalb empfehle ich, dem Rechnungsabschluss zuzustimmen. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Emmerling.
GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf jetzt den Reigen der Wohnbausprecher unterbrechen. Ich bin als Frauensprecherin hier, und auch für Sie als neue Frauenstadträtin ist es ja quasi die Premiere.
Wir unterstützen als NEOS ja prinzipiell schon alle sinnvollen Förderungen, die es im Bereich der Frauenförderung gibt, Frauenvereine, wenn es um spezielle Anliegen geht, Projekte zur Unterstützung von Randgruppen, um Sozial-, Familienberatung, egal jetzt, welcher Herkunft, sexueller Orientierung betroffene Frauen sind. Wir finden es auch gut, dass es das gibt und sehr wichtig und notwendig.
Was wir kritisch anzumerken haben, ist schon, dass die meisten Förderungen in diesem Bereich historisch gewachsen sind, oft nicht zielgerichtet sind und dass wir bei der Integration in den Arbeitsmarkt hier noch ein erhebliches Manko an Frauenförderungen haben. Da fehlt uns ein wesentlicher Punkt, dass wir bei Frauengruppen, die speziell vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind oder die einfach gefährdet sind, nicht zurück in den Arbeitsmarkt zu kommen, zu wenig ansetzen. Ich glaube, hier könnten wir auch im Bereich der Frauenförderung viel zielgerichteter fördern.
Trotz allem, und das sollte uns in dieser Diskussion schon bewusst sein, machen wir mit diesen Förderungen nichts anderes, als Symptome statt die Ursachen zu bekämpfen. Die Ursachen sind in einem jahrzehntelang geprägten traditionellen Rollenbild und aber auch jahrzehntelangen zu geringen Anstrengungen zu finden, wenn es um die Gleichbehandlung und die Chancengerechtigkeit von Frauen geht.
Natürlich ist da viel auf Bundesebene passiert, auch unter SPÖ-Regierungsbeteiligung. Was jetzt allerdings seitens der Regierung kommt, ist sogar der Schritt zurück, ein Schritt zurück hin zu einem rückwärtsgewandten Frauenbild. Man sieht es, es kommt ja hier auch ein Antrag herein, man möge eine geschlechtergerechte Sprache im Wirkungsbereich des Magistrats Wien aufgeben. Da steht: Nichtsdestotrotz: Die Verstümmelung der Sprache ist der falsche Weg, um Frauen zu ihren Rechten zu verhelfen.
Was ist denn der richtige Weg? (GR Mag. Wolfgang Jung: Buchstaben zu ändern?) Ich weiß schon, das ist auch Symbolpolitik. Da geht es nur darum, Symbole zu bekämpfen, das setzt nicht an den Ursachen an. Aber was ist Ihrer Meinung nach der richtige Weg für Gleichbehandlung und Chancengerechtigkeit? So wie Sie momentan in der Bundesregierung agieren, das kann es sicher nicht sein, das ist der Schritt zurück. Zum Beispiel mit dem Familienbonus, der keine nachhaltige familienpolitische Maßnahme ist. Auch die Abschätzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, die jetzt rausfällt, ist keine nachhaltige Familienpolitik und somit keine Politik für Frauen, das ist es nicht. Das zementiert nämlich das Bild der daheim beim Kind bleibenden Mutter ein.
Aber auch wenn wir uns den Bereich Beratung beziehungsweise Förderungen auf Bundesebene anschauen, gibt es Schritte zurück. Für die Sektion für Frauen und Gleichbehandlung, die den Gewaltschutzbereich und die Frauen- und Mädchenberatungsstellen fördert, steht eine Kürzung von 5 Prozent im Raum, konkret 1 Million EUR. Diese Maßnahmen werden gravierende Auswirkungen auf die Wirkungsbereiche dieser Einrichtungen haben.
Noch einmal: Es geht hier um Symbolpolitik, wenn wir von der Frauenförderung sprechen. Die tatsächlichen Ursachen sind viel tiefer verwurzelt und in einem viel größeren Kontext anzugehen. Natürlich spreche ich auch Sie als Stadträtin an, aber natürlich ist vieles auch auf Bundesebene gelagert. Das konkrete Problem beziehungsweise die Herausforderung ist, dass Frauen überwiegend in Teilzeitjobs arbeiten, aktuell 52 Prozent. Sie verdienen deswegen natürlich weniger Geld, sie haben dadurch eine geringe Pensionsleistung, das Ganze noch einmal verstärkt durch ihr niedrigeres Pensionsantrittsalter, das ihnen die besten Jahre im Job einfach wegnimmt. So kommt es, dass Frauen wesentlich stärker Gefahr laufen, in Altersarmut zu geraten als Männer. Warum? Weil Frauen zu einem überwiegenden Teil Kinderbetreuungspflichten wahrnehmen. Was braucht es daher? Rahmenbedingungen, damit Frauen in höherem Ausmaß am Erwerbsleben teilhaben und nicht in die Abhängigkeit vom Partner geraten, aber auch nicht in die Abhängigkeit vom Staat oder von der Stadt, die mit Förderungen hier subventioniert. (Beifall bei den NEOS.)
Bei diesem Problem, bei dieser Herausforderung ist maßgeblich der Bund gefragt, mit einem individuellen Karenzanspruch, zum Beispiel ein Jahr für die Mutter und ein Jahr für den Vater, damit Frauen endlich aus dieser Spirale herauskommen: Frauen bekommen meist ein niedrigeres Einstiegsgehalt, weil man annimmt, dass sie irgendwann einmal in Karenz gehen werden, sie fallen aus dem Erwerbsleben raus. Es muss die logische Folge sein, dass man annimmt, dass ein Vater genauso wie eine Mutter in einem jungen Alter in Karenz gehen könnte. Das ist wichtig. Es muss auch wichtig sein, dass es dadurch natürlich bedeutet, dass wir weniger Teilzeiterwerb für Frauen haben und dadurch ein höheres Einkommen. Dann haben wir noch das Trauerspiel der Unterschiede im Pensionsantrittsalter, die weiterhin festgeschrieben wurden. Bis 2033 haben wir nicht das gleiche Antrittsalter erreicht, da braucht es dringend eine höhere, viel frühere Anhebung.
Was kann Wien aber konkret machen, um an diesen Rahmenbedingungen zu schrauben und mit diesen Ursachen zu kämpfen? Wien braucht eine maßgeblich bessere Kinderbetreuung und Kindergartenplätze, und da gilt ganz besonders Qualität vor Quantität. Ich glaube, Wien hat einen Riesenschritt in die richtige Richtung gemacht. Wir haben bezüglich Quantität einen erheblichen Vorsprung, wenn wir uns andere Bundesländer anschauen. Aber wenn wir die Kindergärten als erste
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