Gemeinderat, 38. Sitzung vom 25.06.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 149
Das ist deshalb auch ein Hohn, weil man sich natürlich fragen muss: Wie kommt das zu Stande? Wie kommt die geringere Verschuldung zu Stande? Sie kommt nicht zu Stande, weil Sie große Reformmaßnahmen getroffen haben, Strukturreformen getätigt haben, Effizienzsteigerungen vorgenommen haben, sondern sie kommt zu Stande, weil Sie auf Grund der besseren Wirtschaftslage mehr eingenommen haben und weil sie halt bei einigen Ausgaben mehr angenommen haben, als am Ende eingetroffen ist. Das ist der einzige Grund, warum es im heurigen Jahr weniger Schulden gibt, als es ursprünglich von Ihrer Seite geplant war.
Aus unserer Sicht ist es eine verheerende Bilanz, die sich natürlich auch auf den Gesamtschuldenstand dieser Stadt ausgewirkt hat. Als Renate Brauner vor mehr als 10 Jahren übernahm, hatte die Stadt einen Schuldenstand, und das muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen, von 1,39 Milliarden EUR. Mit ihrem Abgang hinterlässt sie nun einen Schuldenstand von 6,41 Milliarden EUR. Das ist mehr als eine Vervierfachung der Schulden dieser Stadt. Am Ende des heurigen Jahres werden wir wahrscheinlich an der 7-Milliarden-EUR-Marke kratzen.
Hier sind die Schulden, und das wissen Sie sehr gut, das wird immer nur unterschiedlich dargestellt, der ausgelagerten Magistratsunternehmungen, wie Wiener Wohnen, Wien Kanal und KAV, noch gar nicht eingerechnet, einem KAV - das ist schon angesprochen worden -, der gerade das Krankenhaus Nord mit einer immensen Kostenüberschreitung stemmen will. Nur damit es allen noch einmal klar ist und bildlich vor Augen geführt wird, die Kosten für das Krankenhaus Nord haben sich verfünffacht. Wir haben eigentlich ein Krankenhaus um den Preis von fünf Krankenhäusern gebaut. Man hätte mit dem Geld viel anderes tun können. Man hätte zum Beispiel die Kosten für 1.000 zusätzliche Lehrer - Bildung wurde schon angesprochen - für den Zeitraum von 25 Jahren finanzieren können, hätte man nicht so viel Geld im Krankenhaus Nord versenkt.
Zählt man diese Schulden, die Schulden der ausgelagerten Magistratsunternehmungen, noch dazu, liegen wir bei einem Schuldenstand von sage und schreibe 9,4 Milliarden EUR. Dieses Geld gibt es natürlich nicht geschenkt. Jeder, der privat einen Kredit aufnimmt, weiß das. Man muss natürlich für dieses Geld auch Zinsen zahlen. Die Zinslast lag 2010 vor Rot-Grün noch bei 15 Millionen EUR und 2017 liegt sie mittlerweile bei 66 Millionen EUR. Wenn man den Ökonomen glaubt, wird das Zinsniveau in Zukunft noch anziehen. Das heißt, diese Kosten werden natürlich in den nächsten Jahren weiter steigen. Zinsen sind der Preis für die Schulden dieser Stadt, Schulden, für die man sich aus unserer Sicht eigentlich kein Erfolgshonorar, keine Prämie und sicher auch keinen Versorgungsposten verdient hätte. Aber nicht so im grünen Wien. Hier versorgt sich das SPÖ-System wieder einmal selbst.
Was jetzt kommt, ist klar. Es wurde leider heute schon wieder angesprochen, nämlich die altbekannte Brauner-Budgetformel: „Wir mussten uns ja aus der Krise herausinvestieren.“ Wien macht seit 2008 durchgehend Schulden, und das nicht wenig. Ich frage mich: Hat die Krise etwa deutsche Städte, wie München oder Berlin, absichtlich ausgelassen? Hat die Krise vielleicht in Wien ihren Hauptwohnsitz? Saß die Krise etwa hier im Rathaus? Hat sich die Krise hier im Haus manifestiert? (GR Mag. Wolfgang Jung: Ja!) Denn die Krise, meine Damen und Herren, ist längst vorbei! Die Krise kann nicht länger als Ausrede verwendet werden. Die Einnahmen sprudeln. Die Konjunktur zieht an. Die Tage der Konsolidierung sind längst ins Land und in die Stadt gezogen. Trotzdem werden hier weiter Schulden gemacht. 410 Millionen EUR neue Schulden!
Schon längst wäre es an der Zeit gewesen, wieder ein Nulldefizit anzustreben, wieder schwarze Zahlen mit Weitblick für Wien zu schreiben. Der Bund gibt vor, wie es gehen kann. Der Bund handelt und Rot-Grün ist noch immer im Krisenschuldenmodus. Auf Bundesebene wird bereits für nächstes Jahr ein Nulldefizit angestrebt, und das trotz einer massiven Steuerentlastung und ohne neue Steuern einzuführen! (Beifall bei der ÖVP.)
Gespart wird im System und nicht bei den Menschen. Gespart wird bei der Verwaltung und durch die Rücknahme ineffizienter Maßnahmen. Erstmals seit 1954 wird dadurch der Bund weniger ausgeben, als er einnimmt.
Sparen ist aber natürlich auch kein Selbstzweck oder irgendein Fetisch, sondern Sparen hat eigentlich zwei sehr wichtige Aufgaben, nämlich Spielräume zu schaffen, für Entlastungen, wo es notwendig ist, und für Investitionen im Zukunftsbereich. Einige wurden schon angesprochen. Die Wiener Wirtschaft hätte zum Beispiel eine Entlastung in vielen Bereichen bitter notwendig. Die Einnahmen ließen es auch zu, weil sie sprudeln in der Stadt Wien. Mittlerweile beträgt der Gesamtgebührenüberschuss unter Rot-Grün zum Beispiel bei Wasser und Müll über 1 Milliarde EUR. Selbst die Einnahmen aus den Ertragsanteilen an den Gemeinschaftlichen Bundesabgaben erreichen ein Rekordniveau von 6,02 Milliarden EUR und damit ein Plus von 98 Millionen EUR im Vergleich zum Vorjahr. Das zeigt ein Mal mehr, und da gebe ich auch der Kollegin von den NEOS recht, wir haben in Wien sicher kein Einnahmenproblem, sondern wir haben ein Ausgabenproblem in dieser Stadt. Es sprudeln die Einnahmen. Die Wienerinnen und Wiener werden trotzdem über Gebühr belastet. Trotzdem werden hunderte Millionen Schulden gemacht.
Aber auch von dem vielzitierten Investieren oder Herausinvestieren, wie Sie es nennen, ist keine Rede, wenn man sich die Zahlen ansieht. Die Investquote ist nämlich eine traurige, sinkende Kurve in dieser Stadt, eine Kurve, mit der in den letzten Jahren Jahr für Jahr die Schulden gerechtfertigt wurden. Aber tatsächlich ist die Investquote am Tiefstand. Lag die Quote vor Rot-Grün noch bei 15,95 Prozent, liegt sie heute bei 11,1 Prozent. Also gar keine Spur vom großen Herausinvestieren von Rot-Grün. Die Vervierfachung der Schulden in den letzten Jahren, und da kann man in diesem Haus vielleicht auch einmal ehrlich sein, ist nicht dadurch entstanden, weil man irgendwo investiert hat, sondern weil man Löcher gestopft hat, ein Riesenloch beim Krankenhaus Nord, ein Riesenloch bei der Mindestsicherung, ein
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