Gemeinderat, 35. Sitzung vom 27.04.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 124
Ich habe heute schon gesagt, ich halte auch den Prozess, wie es zu dieser Flächenwidmung gekommen ist und insbesondere wie man auch im Zuge der Debatte, die ja doch mehrere Jahre gedauert hat, mit der Diskussion zum Weltkulturerbe umgegangen ist, für eine reine Farce. Das ist nicht aus heiterem Himmel wie eine düstere Wolke gekommen, die UNESCO, die auf einmal da war, und plötzlich waren alle überrascht, das habe ich heute schon gesagt. Sie haben es von Anfang an gewusst, und spätestens die Diskussion zu Wien-Mitte hätte Ihnen bewusst machen müssen, wie sensibel dieser Ort dort ist und wie wichtig es ist, entsprechend auch der Begründung der UNESCO, um was es eigentlich geht, nämlich dieses einzigartige Ensemble da zu schützen. Sie haben es verabsäumt, Regelungen auf den Weg zu bringen, die präzisieren, was möglich ist und was nicht. Denn dieses Bekenntnis im völkerrechtlichen Vertrag zum umfassenden Schutz der Kulturgüter, und das Papier ist geduldig, braucht letztlich auch eine klare Regelung, wo sich auch Investoren auskennen und sagen, okay, das kann ich im Rahmen dieser Regelungen der UNESCO und das kann ich nicht. Sie haben in Wahrheit immer nur darauf gebaut, dass die UNESCO nichts macht. Und was ich besonders schäbig finde, und das möchte ich auch sagen: Sie haben im Wege einer medialen Auseinandersetzung durchaus auch diese Denkmalschützer, diese Bürgerinnen und Bürger, die sich für das UNESCO-Weltkulturerbe einsetzen, und auch Vertreterinnen und Vertreter der UNESCO diffamiert. Nichts anderes sind auch die Debattenbeiträge, die immer wieder gekommen sind, von diesen quasi verstaubten Personen, die nur eine Käseglocke drüberstellen wollen und sich jeglicher Modernisierung verweigern. Das ist nichts anderes als eine Diffamierung eines sehr ernsten Anliegens der Wienerinnen und Wiener und zeigt aber insgesamt den Umgang mit diesen Petenten! (Beifall bei den NEOS.)
Und das alles nur, um einem Investor den roten Teppich auszurollen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, es ist das gute Recht eines jeden Bauwerbers oder Investors, möglichst nach Höherem, nach Größerem zu streben und zu schauen, dass er eine ordentliche Rendite macht. Es ist meines Erachtens auch das gute Recht der Stadt, klare Regeln festzulegen, was geht und was nicht geht. Immerhin geht es ja auch bei der Flächenwidmung um einen hoheitlichen Akt. Wie gesagt, es ist ja auch eine rechtsstaatliche Verpflichtung, die aus diesem völkerrechtlichen Vertrag entstanden ist. Dass Wien hier landesgesetzlich im Wege der Stadtverfassung oder der Präzisierung einer Bauordnung niemals auch nur irgendwie auf dieses UNESCO-Weltkulturerbe Bezug genommen hat, ist in meinen Augen eine Schande. Weil sich für ein schönes Foto hinzustellen und zu sagen, wir sind so stolz, dass wir dieses Label haben, sich aber rechtsstaatlich eigentlich in keiner Weise daran gebunden fühlen, das halte ich tatsächlich für eine Farce und betrifft auch die Bundesebene. Auch da, glaube ich, ist es dringend notwendig, dass wir Ausführungsgesetze auf den Weg bringen. Diese Diskussion wurde übrigens im Zuge der Diskussion um Dresden auch in Deutschland geführt. Deshalb bringe ich jetzt den von mir heute am Vormittag schon besprochenen Antrag ein dahin gehend, dass der Wiener Gemeinderat die zuständigen Stellen des Bundes auffordert, schnellstmöglich ein Ausführungsgesetz zu diesem Staatsvertrag auszuarbeiten und zu beschließen, das dann auch im selbstständigen Wirkungsbereich der Gemeinde natürlich eine gewisse Rechtssicherheit bietet, nicht nur für die Stadt, sondern auch für die Investoren. (Beifall bei den NEOS.)
Dieser ganze Prozess ist der Sündenfall der GRÜNEN. Das ist der Sündenfall der GRÜNEN, weil Sie waren es, die ganz federführend hier diesem einen Investor den rot-grünen Teppich ausgerollt haben.
Ich habe an dieser Stelle hier schon öfters die Frage gestellt: Warum haben Sie das gemacht? Warum haben Sie ausgerechnet bei einem Investor sämtliche Ihrer Ideale verraten und sind einen Weg gegangen, der nicht nachvollziehbar ist, am wenigsten für Ihre eigenen Mitglieder? Denn die Rechnung haben Sie präsentiert bekommen. Die Rechnung haben Sie auch bei der Nationalratswahl präsentiert bekommen. Es ist für mich nach wie vor nicht nachvollziehbar, was Sie da geritten hat, in dieser Art und Weise sämtliche grüne Ideale zu verraten. Ich muss auch eines ganz klar sagen, ich habe das an der Stelle auch gesagt: Wir müssen noch einmal ernsthaft darauf schauen, wie es sein kann, dass hier der Planungssprecher der GRÜNEN nachweislich so enge Verbindungen, auch finanzielle Verbindungen, zu diesem Investor hat. Das habe ich an der Stelle gesagt. Und weil Sie sagen, es gibt keine finanziellen Verbindungen: Das ist nicht ganz so der Fall. 2010 gab es den sogenannten Freedom Wing, das Human Rights Project, eine Kunstinstallation im MuseumsQuartier. Als Sponsoren dieser Kunstinstallation, wo man auch Tische mieten konnte, wo dann Gelder geflossen sind, traten der Herr Tojner und der Herr Hemetsberger auf, und der Erlös kam dem Verein Ithuba von Christoph Chorherr zu Gute. 2010! Es ist sehr wohl eine finanzielle Verbindung da. Und es ist sehr wohl so, dass der Herr Chorherr und der Herr Tojner einander gekannt haben und das Ganze schon zu einem Zeitpunkt, als das Projekt nicht entwickelt war.
Sehen Sie, es ist einfach eine Frage des politischen Anstands, ob man eine Politik in dieser Stadt zulässt, die damit kein Problem hat, dass eigentlich sämtliche großen Bauwerber, die irgendeine Flächenwidmungsänderung in der Stadt erreichen wollen oder schon erreicht haben, als Sponsoren bei dem Verein des grünen Planungssprechers auftreten, der sich selber aufschwingt zu sagen, er sei der oberste Bauherr Wiens! Das geht nicht, und das habe ich an dieser Stelle schon öfters gesagt! Und, Herr Stürzenbecher, weil Sie gesagt haben, ich zeige immer alle an: In diesem Fall ist eine Anzeige ergangen, und ich bin überzeugt davon, dass die Staatsanwaltschaft hier auch Ermittlungen, es ist auch schon gestanden, aufgenommen hat, völlig zu Recht, weil das möglicherweise auch strafrechtlich relevant ist. Aber zumindest ist es eine Frage der politischen Kultur und der politischen Hygiene. Ich will nicht, dass in dieser Stadt so etwas Einzug hält, und daher stelle ich die Frage: Wann treten Sie zurück, Herr Chorherr? (Beifall bei NEOS und FPÖ.)
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular