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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 96 von 97

 

GR Mag. Günter Kasal (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Ich habe von dieser Stelle aus schon sehr oft darüber gesprochen, dass die Vergaberichtlinien von Wiener Wohnen geändert werden müssen. Warum müssen die geändert werden? Ich sage es anhand von zwei Beispielen. Stellen wir uns vor: Eine alleinerziehende Mutter, 40 Jahre, 2, 3 Kinder, lernt in zweiter Ehe einen Mann kennen, zieht nach Niederösterreich ins Umland oder vielleicht - so einen Fall habe ich einmal gehabt - in die Steiermark. Sie lebt dort zwei Jahre glücklich, dann unglücklich, möchte nach Wien zurückkommen. Sie hat immerhin 38 Jahre in Wien gelebt, lange Zeit davon auch gearbeitet. Diese Frau hat anhand der aktuellen Vergaberichtlinien von Wiener Wohnen keine Möglichkeit, wieder aus der Steiermark mit ihren Kindern zur Familie hierher zurückzukommen.

 

Anderes Beispiel, erst heute passiert: Ein Mann, 32 Jahre, ist vor 2 Jahren aus beruflichen Gründen in die Steiermark gezogen. Das Dienstverhältnis hat sich aufgelöst, er will wieder zurück - keine Chance mit 30 Jahren als Wiener! Da fällt mir immer wieder der StR Ludwig ein, der sagt, es gibt einen Wiener-Bonus. Nur, was ist der Wiener-Bonus? Wen betrifft das? Wenn das keine Wiener sind, die 38, 40 Jahre oder länger in Wien sind, aus privaten Gründen ein, zwei Jahre vielleicht einmal woanders leben und dann zurückkommen! Wem sollte der Wiener-Bonus zu Gute kommen, wenn nicht diesen Menschen?

 

Deswegen sage ich, es wäre wirklich notwendig, hier die Vergaberichtlinien von Wiener Wohnen nachhaltig zu überarbeiten, und bringe folgenden Beschlussantrag ein: „Der Amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung möge sich für eine Anpassung der Vergaberichtlinien von Gemeindewohnungen dahin gehend einsetzen, dass Wohnungswerber mit Staatsbürgerschaft bevorzugt behandelt werden.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ (Beifall bei der FPÖ. - GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Staatsbürger sind wir eh alle! Oder meint er das im Gegensatz zu den Staatenlosen?)

 

Jetzt komme ich noch zu einem anderen Thema im Wohnbauressort, zu einem Thema, das seit einem Dreivierteljahr die Medien beschäftigt, und zwar zu WBV-Göd. Sehr geehrter Herr Stadtrat! Ist er eigentlich da? Ich möchte ihn nicht immer ansprechen, wenn er nicht da ist. Scheinbar ist er nicht da. Wären frühere Sozialisten mit sozialen Wohnungen so umgegangen wie StR Ludwig hinter den Kulissen, dann würden heute wahrscheinlich sämtliche Gemeindewohnungen und ein Großteil des geförderten sozialen Wohnbaus in Wien längst der Finanzwelt angehören. Die Wohnbauvereinigung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst wurde bereits an das Umfeld des Heumarkt-Investors Michael Tojner verkauft, übergeben, wie immer man es nennen möchte. Die Anteile der Muttergesellschaft des Unternehmens wurden von einer Gruppe und dem Herrn Tojner erworben, allerdings - und hier kommt der Wiener Wohnbaustadtrat Ludwig in den Mittelpunkt -, allerdings, und das ist wirklich wesentlich, ohne die dafür notwendigen erforderlichen Genehmigungen. Das heißt, der Herr Stadtrat als Schutzherr des geförderten Wohnbaus in Wien verschläft hier seine Kontrollfunktion. Ein Rechtanwalt Dr. Franz Guggenberger von der Niederlassung der Kanzlei Hasch & Partner und sehr guter Bekannter des Herrn Tojner ist maßgeblich daran beteiligt.

 

Wir sprechen hier von einem Netzwerk, das bereits mehrere Genossenschaften aus der Gemeinnützigkeit herausführte. Das sind also wirklich schlechte Beispiele, die wir in Wien eigentlich nicht noch einmal erleben wollen. Buntes Wohnen wurde abverkauft, in Pannonia umbenannt, aus der gewerblichen Tochterfirma des Unternehmens geht das Heumarkt-Projekt hervor. Tojner fungierte als Berater des Unternehmens, wie die „Presse“ berichtete. Der Firma Riedenhof ist es ähnlich ergangen. Wohnungen wurden abverkauft, die Reste der Firma mit Tojners Wertinvest verschmolzen. In beiden Firmen war Guggenberger Vorsitzender des Aufsichtsrates. Tojner machte lukrative Geschäfte und viele, viele Sozialwohnungen gingen verloren.

 

Wie schaut es jetzt bei der WBV-Göd aus? Da hält der Herr Guggenberger persönlich Anteile an der Mutter der WBV-Göd und sitzt im Aufsichtsrat des Unternehmens. Michael Tojner agiert offiziell als Berater. Der aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende Stefan Gregorich, ein Parteifreund von StR Ludwig attestierte dem Anwalt Tojners, Marionette zu sein, das ist in der „Presse“ nachzulesen.

 

Was mit der WBV-Göd passieren wird, ist absehbar, sehr geehrte Damen und Herren. Sie wird das gleiche Schicksal erleiden wie Ihre Vorgänger, es wird zu einem Abverkauf der geförderten Wohnungen kommen. Diese Situation ist hochdramatisch, und was macht der Wohnbaustadtrat Ludwig, der Schutzherr der sozialen Wohnungen? Er macht nichts. Er macht gar nichts. Der neue Eigentümer der WBV-Göd ist nämlich ein Angehöriger des Baugewerbes, was per Gesetz verboten ist, es fehlen also die rechtlichen Voraussetzungen für diese Anteilstransaktion, und StR Ludwig beziehungsweise die MA 50 könnte eine Rückabwicklung der Anteilstransaktion verlangen. Das passiert aber nicht.

 

Eine Sonderprüfung durch den Revisionsverband beschäftigte sich monatelang mit der Causa und kommt zu klaren Ergebnissen, das Wirtschaftsministerium prüft und kommt zu denselben Ergebnissen. Was macht StR Ludwig? Die MA 50 leitet lieber ein Verfahren auf Entzug der Gemeinnützigkeit ein und begünstigt damit den zukünftigen Verlust der Sozialwohnungen. Dieser Entzug der Gemeinnützigkeit sollte aber erst die Ultima Ratio in so einem Verfahren sein. Seitens der Aufsicht, der MA 50, wurde nicht einmal ein Auftrag zur Mängelbehebung ausgeschrieben. Nein, die Gemeinnützigkeit, die Sozialwohnungen sollen offensichtlich sofort und gleich entzogen werden.

 

Warum sollen die gleich entzogen werden, sehr geehrte Damen und Herren? Ganz einfach: Der erwähnte Herr Gregorich, Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft, schätzt, dass für Investoren mindestens 100 Millionen EUR mit der WBV-Göd zu verdienen wären.

 

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