Gemeinderat, 34. Sitzung vom 22.03.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 97
Es ist schon klar: Wohnbau ist wichtig, und das haben wir auch schon in vielerlei Hinsicht bei vielen Debatten auf der unterschiedlichsten Ebene betont, aber er kann nicht um jeden Preis auf jedem Areal stattfinden. Nicht nur Wohnbau ist wichtig, wenn ich eine nachhaltige Stadtentwicklung möchte, dann muss auch die Infrastruktur passen. Nur eine ordentliche Infrastruktur schafft in diesem Bereich auch Attraktivität. Dazu sind dieselben Kritikpunkte, die wir bei vielen anderen Stadtentwicklungsprojekten auch sehen, zu nennen. Es wird ein isolierter Wohnstadtteil mit zunächst einmal 1.000 Wohnungen geschaffen, wieder einmal ohne ausreichende Nahversorgung. Im Vorlagebericht, der dem Plan auch beiliegt, wird sogar selber angemerkt, dass die Versorgung mit zum Beispiel Schuleinrichtungen in diesem Gebiet nicht ausreichend ist. Oder Verkehr: Die derzeitige Verkehrsanbindung ist nicht so, wie sie sein sollte. Der Fachbeirat schreibt sogar in seiner Stellungnahme, dass die Stationen, wie sie derzeit dort platziert sind, dem künftigen Bedürfnis nicht gerecht werden. Selbst beim Grünraum hagelt es Kritik wegen der mangelnden Vorsorge.
Das vorliegende Projekt wird also in ein Gebiet gezwängt, das in dieser Form nicht geeignet ist. Selbst die Vorplanung des Projektes wird vom Fachbeirat kritisiert, und zu Recht wird auch darauf hingewiesen, dass für ein kooperatives Verfahren dieser Größenordnung mindestens zwei Teams zur Auswahl hätten stehen müssen. Der Fachbeirat moniert außerdem, dass in einem Bereich von dieser Größe ein städtebauliches Verfahren durchzuführen gewesen wäre.
Was mir fehlt, und das ist nicht nur bei diesem Projekt der Fall, sondern bei vielen anderen Stadtentwicklungsgebieten, ist die große Vision, die Wien hat, wie sie sich die Stadt künftig vorstellt, und sich auch zu fragen, wie sich das Gebiet in den Rest der Stadt einbettet. Wo sind die Bezugspunkte, wo ist das große gemeinsame Ganze? Leider orientiert sich die Stadtpolitik wieder nur an Teilaspekten, anstatt zu vernetzen und das Ganze aus einer größeren Perspektive zu betrachten.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit des großen Ganzen auch gleich die Möglichkeit nutzen, ein weiteres wichtiges Mosaiksteinchen in die Debatte einzubringen, das, wenn ich an die Stadt der Zukunft denke, ein wichtiger Bestandteil sein sollte, und zwar die Wiener Stadtlandwirtschaf. Hier sind mir die Impulse, die seitens der Stadtregierung kommen, zu wenig. Ob das jetzt die Widmungsfrage generell ist oder die Fernwärmepreise, mit denen gerade die Gärtner auch zu kämpfen haben. Wenn wir die Stadtlandwirtschaft innerhalb der Stadtgrenzen erhalten möchten, braucht es auch ein klares Bekenntnis. Dazu bringe ich auch einen Antrag ein.
Weiters bringe ich abschließend noch einen zweiten Antrag ein, für mich die Mutter aller Stadtplanungsgedanken, die Idee der kurzen Wege. Sie wird seitens der Stadt Wien viel gepredigt, aber an der Umsetzung hapert es aus unserer Sicht massiv. Gerade in den Außenbezirken spürt man von kurzen Wegen leider nicht viel. Dementsprechend bringe ich auch hier noch einen Antrag betreffend Stadt der kurzen Wege ein. Ich bitte Sie, entscheiden Sie sich für die Zustimmung unserer Anträge, für eine Stadtplanung, die sich an der Zukunft orientiert, mit dem Blick fürs Gesamte mit wohlüberlegten und zusammenhängenden Maßnahmen und somit, wie wir, gegen das vorliegende Plandokument. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Pawkowicz.
GR Mag. (FH) Alexander Pawkowicz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Gemeinderatsvorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Das gegenständliche Aktenstück ist für mich geradezu ein Paradebeispiel für politische Willkür im Planungsressort. Ich habe das in dieser Art und Weise eigentlich überhaupt noch nicht erlebt, weder in den zweieinhalb Jahren, die ich jetzt im Gemeinderat bin, noch davor, wie man so offensichtlich die Vorschriften der Bauordnung und der Stadtplanung aushebelt, um hier mit, ich sage es noch einmal, politischer Willkür vorzugehen.
Bevor ich ins Detail dazu gehe, vielleicht nur ganz kurz für diejenigen unter Ihnen, die jetzt mit Stadtplanung sonst nicht so bewandert sind, eine kurze Skizze, wie das normalerweise ablaufen soll und abläuft: Wenn eine Flächenwidmung entsteht, schreibt die Stadtplanung normalerweise vor, dass man, bevor es zu einer Widmung kommt, eine entsprechende Grundlagenforschung betreibt, in der die Infrastrukturerfordernisse erhoben werden, in der erhoben wird, wie viele Menschen in Zukunft auf einem bestimmten Gebiet wohnen sollen, wie die Verkehrsverhältnisse in diesem Gebiet sind, wie die soziale Infrastruktur ist. Und wenn alle diese Grundlagen erhoben sind, dann macht auf dieser Basis die MA 21 einen entsprechenden Planungsentwurf und schickt den dann in die öffentliche Auflage, schickt den in die verschiedenen Kammern, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, die können alle ihre Stellungnahme abgeben. Wenn dieses ganze Procedere erledigt ist, dann kommt das Plandokument in den Bezirk, der kann seine Stellungnahme abgeben, beziehungsweise in die öffentliche Auflage, damit auch die Bevölkerung weiß, was los ist. Das ist der eine Teil. Es gibt also ein langes Procedere, bevor so ein Plandokument veröffentlicht wird.
Damit in der Zwischenzeit nicht irgendjemand, der davon Wind kriegt, vielleicht noch geschwind etwas nach der alten Rechtslage baut, gilt dann zusätzlich in diesem Zeitraum ab der öffentlichen Auflage eine Bausperre in der Dauer von sieben Monaten. Das ist etwa das Zeitfenster, von dem man annimmt, dass der Gemeinderat dann einen Beschluss fasst. Soweit das normale Procedere.
Bei diesem Aktenstück schaut die Geschichte ganz anders aus. Der Beginn war ja noch ganz normal. Im Jahr 2016, nämlich genaugenommen vom 21. April 2016 bis 2. Juni 2016, vor zwei Jahren, war dieses Plandokument in der sogenannten öffentlichen Auflage. Damals, vor zwei Jahren, sind die Menschen, die dort wohnen, informiert worden: Achtung, da könnte eine neue Widmung kommen. Damals, vor zwei Jahren, hat man die Bezirksvertretung gefragt, was sie davon hält. Damals, vor zwei Jahren, haben die verschiedenen Stellen, die
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