Gemeinderat, 32. Sitzung vom 25.01.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 102
und die Aufstiegschancen so schlecht sind, dann frage ich mich schon, wo da die sozialdemokratische Bildungspolitik bleibt, wenn es solche Zahlen in dieser Stadt gibt.
Das Thema der Deutschklassen sehen wir von unserer Seite recht pragmatisch. Natürlich gibt es Schulstandorte, die solche Herausforderungen haben, wie 98 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund, dann vielleicht noch ein paar Flüchtlingskinder und ein paar Kinder mit Beeinträchtigungen, sodass es einfach nicht möglich ist, in einem Klassenverband guten, qualitativ hochwertigen Unterricht überhaupt abzuhalten. In solchen Schulen ist es natürlich sinnvoll, wenn man kleinere Gruppen herauslöst, in denen man spezifisch die deutsche Sprache übt. Da reichen nicht ein paar Stunden die Woche, wie es jetzt der Fall war, sondern da braucht man auf jeden Fall einen Intensivcrashkurs. Ich verstehe auch nicht, warum man dann versucht, die Augen davor zu verschließen, dass es diese Probleme gibt und Gegenmodelle als Ghettobildung oder sonst etwas an die Wand malt, wenn es durchaus sinnvolle Maßnahmen an gewissen Standorten sein können.
Das heißt, wir sind positiv oder leicht vorsichtig optimistisch bezüglich dieser Förderklassen und Fördergruppen. Natürlich wird es noch darauf ankommen, wie genau diese ausgestaltet werden. Ich teile natürlich die Sorgen darüber, wie groß diese Gruppen sein werden, da Sprachunterricht nur in Kleingruppen Sinn macht und nicht in großen Klassenverbänden, und natürlich auch darüber, woher wir die zusätzlichen Räumlichkeiten bekommen. Unterricht am Gang ist eine Katastrophe, und im Bereich der Sprachförderkurse wird das dann oft so gehandhabt werden. Das heißt, da braucht man natürlich ambitionierte Lösungen. Ich erwarte mir von Rot-Grün aber auch, dementsprechend den nötigen Schulraum zu schaffen und dieses Konzept bestmöglich umzusetzen. Im Endeffekt geht es darum, dass Kinder die deutsche Sprache erlernen und dadurch den Bildungsaufstieg schaffen. Sieht man sich Österreich an, so ist es katastrophal, dass hier die zweite Generation an Menschen mit Migrationshintergrund um so viel schlechtere Bildungsaufstiegschancen hat als in anderen Ländern. Das macht mich schon sehr wütend und auch sehr nachdenklich, denn das ist nicht die Chancengerechtigkeit, die ich mir im Bildungssystem vorstelle. (Beifall bei den NEOS.)
Zum letzten Punkt, der vom Kollegen Vettermann genannt wurde, zum Chancenindex: Ja natürlich, der Chancenindex ist eine wichtige Maßnahme, eine wichtige Antwort. Ich hoffe auch, dass es das Budget dafür weiterhin geben wird, auch das Budget aus dem Integrationstopf. Aber genau beim Chancenindex, Chancenbonus erwarte ich mir schon auch, dass die Stadt im eigenen Kompetenzbereich der Kindergärten, der Volksschulen mal selber solche Modelle umsetzt und nicht nur immer vom Bund fordert, gebt uns mehr Geld für die Problemschulen, sondern eben auch im eigenen Kompetenzbereich der Kindergärten und Volksschulen solche Modelle etabliert. Denn die Defizite, die es nach der Volksschule gibt, sind im Bereich der Pflichtschulen sehr schwer aufzuholen. Das heißt, hier muss man investieren, hier braucht man bessere Konzepte im Bereich der Volksschulen und im Bereich der Kindergärten. Darum mache ich mich auch sehr stark dafür, diesen Chancenbonus im Bereich der Pflichtschulen und Kindergärten einzuführen und hoffe, dass wir da mittelfristig zu einem neuen Konzept kommen - das auch sehr gerne gemeinsam. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, darf ich auf der Galerie des Gemeinderatssaales Vertreterinnen und Vertreter des Mentoring-Programms der ÖVP-Wien recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Berger-Krotsch, und ich erteile es ihr.
GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal, auf der Galerie und via Livestream!
Herr GR Berger! Ich denke, es zeugt von großer Seriosität und nicht von Nervosität, wenn Stadtschulratspräsident Himmer oder hier jetzt in der Debatte unser Bildungssprecher Heinz Vettermann oder heute Früh schon und generell unser StR Jürgen Czernohorszky Ansagen, die uns vom Bund vielleicht ein bisserl unausgegoren hergeknallt werden, kritisch hinterfragen. Ich sehe da keine Nervosität, sondern einfach die Aufgabe, uns genau anzusehen, was da vorgelegt wird. Wir werden da auch weiterhin sehr kritisch hinschauen.
Noch einmal zum Herrn Stadtrat, weil Sie gesagt haben, er ist noch nicht so lange da: Morgen haben wir ein Jahr Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky, der wie ein Eilzug in diesem Jahr Schulprojekte vorangetrieben hat. - Keine Angst, das Ressort ist in guten Händen. Ich bin sehr stolz auf die rot-grüne Bildungspolitik, zu der auch GR Vettermann, aber auch David Ellensohn schon viel und sehr richtig gesprochen haben.
Ich möchte hinzufügen, dass StR Czernohorszky gesagt hat, dass er bereits 18 Jahre in der Bildungspolitik in Wien tätig ist. Ich glaube also, wir müssen keine Nervosität aufkommen lassen, sondern wir nähern uns wirklich mit großer Seriosität dem Thema Bildung für die Wienerinnen und Wiener.
Abschließend ein Appell, besonders auch in Richtung ÖVP, an Kollegin Schwarz: Sie wollen ein Maßnahmenpaket für eine Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen, und da möchte ich unterstreichen, was Heinz Vettermann und David Ellensohn schon gesagt haben, nämlich das Integrationskonzept fortzuführen. Das würde, in Personen festgehalten, bedeuten: 150 PädagogInnen mehr für Sprachführung, 53 SchulsozialarbeiterInnen und 125 Personen für begleitende integrative Maßnahmen. Ich glaube, das wäre wichtig, da muss man dran bleiben. Oder will die ÖVP das einfach abschaffen? - Ich sehe das nicht so. Es ist wichtig für die Wienerinnen und Wiener, für den Schulstandort Wien. - Deshalb: Zustimmung zum Akt und überhaupt zum Antrag. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
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