Gemeinderat, 31. Sitzung vom 15.12.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 138
man gewohnt, dass man oft kritisiert wird, das geht sich nicht anders aus. Das gilt eh für alle Fraktionen.
So, der Reihe nach: Warum tun wir uns so schwer mit der FPÖ? Ich lese Ihnen hin und wieder die Verbrechen vor, die von der FPÖ begangen werden und lasse immer die ganzen Holocaust-Leugner aus. Ich rede immer von denen, die Geld gestohlen, falsche Zeugenaussagen gemacht haben, irgendjemand zusammengeschlagen haben, nur das. Heute muss ich es ein bisschen anders machen. Ich verspreche aber - denn das dauert heute sehr lange -, ich mache das nur sehr kurz, mit nur drei Beispielen, um zu zeigen, warum wir da tatsächlich ein Problem haben.
Wir sind beim Tagesordnungspunkt betreffend das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Wir alle wissen, die FPÖ hat ja dort ein Dauer-Abo. Logisch, weil es nun mal ganz, ganz viele Einzelfälle gibt. Ich sage ja nie, dass es alle wären. Andererseits ist ein Einzelfall eigentlich etwas, das man im Plural gar nicht verwenden sollte, es sind aber sehr viele Einzelfälle, und das DÖW hat daher sehr viel Arbeit. Ich nehme jetzt nur ein paar Beispiele heraus. Ich versuche, mich jetzt nicht darauf zu konzentrieren, was irgendjemand vor 20 oder 10 Jahren gesagt hat, sondern ich nehme nur heuer, jetzt, und ich biete am Schluss der FPÖ etwas an, wenn irgendjemand bis zum Schluss dem zuhört.
Wir hatten jetzt gerade die Angelobung des neuen Nationalrates. (GR Mag. Wolfgang Jung: Ohne GRÜNE!) Ein Nationalrat sitzt dort nicht drinnen. Also es sitzen mehrere da nicht drinnen, einer von der FPÖ sitzt nicht drinnen, der vorgesehen war, nämlich der Herr Johannes Hübner. Warum nicht? (GR Wolfgang Irschik: Die GRÜNEN sitzen gar nicht mehr drin!) - Richtig, aber kein einziger hat das Problem wegen Antisemitismus gehabt, und darum geht es jetzt, nicht? (Allgemeine Heiterkeit.) Das passt, ja genau, das passt mir. Sie finden das lustig, dabei reden wir über Antisemitismus, das ist weniger lustig.
Der Herr Johannes Hübner hat geglaubt, er muss blöde Witze machen über den Schöpfer der österreichischen Bundesverfassung, und hat mit antisemitischen Codes gearbeitet, hat ihn Herrn Kohn genannt. Sie wissen noch genauer als die meisten, zumindest als die durchschnittliche Bevölkerung, was das bedeutet, und Sie haben ihn ja dann dazu überreden können, das Mandat nicht anzunehmen - ein Antisemit, der das Mandat nicht annehmen durfte.
Die Freiheitlichen wollten gerade eben einen neuen Bundesrat angeloben lassen, einen 28-Jährigen, den sie nicht angeloben lassen konnten, weil er Probleme gemacht hätte rund um die Regierungsbildung, weil der Herr den rechten Arm nicht unter Kontrolle hat und mit dem Hitlergruß abgebildet wurde. Wird ja auch von niemandem bestritten, von ihm auch nicht, war so. Was hat man gemacht? Na, den verräumen wir mal. Das ist aber alles jetzt passiert. Da war es schon kalt, als das passiert ist. Das sind neue Sachen, antisemitische Vorfälle, aktuell, jetzt! (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Ja, furchtbar! Dann lassen Sie die FPÖ ein Zeichen setzen, damit klar ist, dass das innerparteilich verurteilt wird!) - Ja, aber kein Zeichen mit dem rechten erhobenen Arm.
Ich lese Ihnen nur noch ein Beispiel vor, nur damit man sieht, was für Leute da noch im Hinterfeld arbeiten. Es ist jemand von den freiheitlichen Arbeitnehmerinnen. Jetzt erwähne ich eine Frau, damit wir da nicht nur Männer haben, die den größeren Anteil an antisemitischen Ausfällen innerhalb der FPÖ einnehmen. Eine Dame aus Voitsberg, Renate P. - für diese Sache ist es aber wurscht, wie sie genau heißt - lässt sich über Flüchtlinge aus und sagt: „Wie man heute sehen kann, hat man diese Tiermenschen absichtlich gezüchtet, um die jetzt in die Kulturstaaten zu fluten. Die weiße Rasse soll zerstört werden.“ Das sind so Texte, die man dauernd findet auf den Facebook-Seiten. Dann geht es so dahin, und unten kommt: „Aber die Juden haben sich gewaltig verrechnet. Sie sägen an dem Stamm, worauf sie sitzen.“
So - das ist ganz neu. Das ist eigentlich nichts Besonderes. Man muss sich nicht anstrengen, um so etwas zu finden. Wenn Sie das jetzt am Handy googeln, finden Sie zehn solche Leute auf die Schnelle. Wie das dann ausschaut mit dem Hitlergruß, weiß man auch. Was alle von uns dazu gesagt haben, wissen wir auch. Diese Fälle hat es früher gegeben mit Nazi-Buchstabierungen mit einem ganzen Haufen anderer Leute. Die braunen Rülpser der FPÖ sind lange.
Jetzt gibt es eine Diskussion darüber und in Europa hat sich tatsächlich diesbezüglich etwas geändert. Sehr viele der Rechtspopulisten versuchen, ihren Antisemitismus zumindest nicht auffallen zu lassen. Das gibt es ja jetzt schon länger. Parteien, die früher, so wie die FPÖ, quer durch Europa damit aufgefallen sind, versuchen, es anders zu machen. Der Vater von Marine Le Pen ist diesbezüglich mehrfach verurteilt, die Tochter versucht, so zu tun, als ob es nicht so wäre. „Die Feinde meiner Feinde sind meine Freunde.“, heißt es dazu in einem Artikel von der Lucia Heisterkamp.
Für manche ist es nicht ganz klar, weil sie froh sind, wenn Antisemiten von einer anderen Religion angegriffen werden und irgendjemand denen beispringt. Das passiert, ja. Rechte Parteien, rechtsradikale Parteien quer durch Europa machen momentan nichts anderes, als so zu tun, als ob sie die Freunde Israels wären. Auf der jährlichen Europäischen Rabbinerkonferenz diesen März waren ein paar führende Geistliche, die etwas anderes gesagt haben. Ein Rabbiner dort hat gesagt - und es waren mehrere dort, die sich ähnlich geäußert haben -, er wird seiner jüdischen Gemeinde in Europa zur Flucht raten, wenn extremistische Parteien - gemeint sind Parteien wie die Partei von Marine Le Pen oder wie die FPÖ in Österreich - die Führung übernehmen, weil die natürlich wissen, wie das genau geht.
Jetzt sage ich Ihnen, was der Herr Präsident des Staates Israel, Reuven Rivlin, dazu sagt. Beim letzten Holocaust-Gedenktag hat Reuven Rivlin gesagt: Allianzen mit xenophoben und antisemitischen Gruppen sollen unterlassen werden, und man soll sich an die Verbrechen der Vergangenheit erinnern. Denn aus Vergangenem sollte gelernt sein, wie schnell Antisemitismus aufflammen kann, wenn seine VerfechterInnen erst einmal
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