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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 102

 

sehr klar differenzieren kann. Gerade bei der Weiterentwicklung im Gesundheitsbereich gibt es eine Reihe von Bereichen, wo wir in der Theorie durchaus einer Meinung sind, wo du auch unsere Unterstützung hättest. Theorie ist aber das eine und Umsetzung ist das andere, und die Umsetzung fehlt. (Beifall bei der ÖVP. - Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Ja, das stimmt!)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren der rot-grünen Regierung! Sie behaupten immer, eine gut verwaltete Stadt im Gesundheits- und Sozialbereich zu sein, aber mit diesem Mythos müssen wir einmal aufhören. Bei meiner Kritik möchte ich jetzt gar nicht auf Einzelheiten eingehen, sondern ich möchte den Gesundheits- und Sozialbereich insgesamt beleuchten, nämlich in Bezug darauf, wie wirtschaftlich, wie effizient, wie sparsam und vor allem wie transparent in allen Bereichen gearbeitet wird.

 

Kollege Gara! Du bist noch relativ kurz in diesem Haus. Als du vorhin geredet hast, habe ich mir gedacht: Als ich da angefangen habe, hätte ich genauso gehandelt wie du heute, weil man da noch sagt, es muss alles relativ leicht gehen. Du hast von der Finanzierung aus einer Hand gesprochen. In dem Buch, das ich mit Pichlbauer geschrieben habe, das, glaube ich, schon mehr als zehn Jahre alt ist, da ist das auch gefordert worden. Wien hätte durchaus etwas tun können, anstatt sich nur auf den Bund auszureden. Dabei bin ich durchaus der Meinung, dass der Bund auch versagt hat, gar keine Frage, aber man hätte ja in Wien ein Pilotprojekt machen können. Es wurde nicht gemacht.

 

Daher muss ich dir gegenüber einige Bereiche auch heute wieder erwähnen. Wenn ich das Krankenhaus anschaue: Da muss man schon sagen, du hast ja etwas übernommen, wo jahrelang vieles sehr vernachlässigt wurde, und es ist mir schon klar, dass man das nicht von einem Tag auf den anderen verändern kann. Mir fehlen aber die konkreten Weichenstellungen, die man wirklich schon sehen könnte. Das ist eben nicht der Fall. Das Krankenhaus Nord kostet mittlerweile schon das Dreifache der am Anfang geplanten Summe. (GR Christian Oxonitsch: Wie kommt ihr auf das Dreifache? - Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Ist eine Übertreibung!) Damals hat man gesagt, 2012 wird es eröffnet, jetzt redet man von 2018, und ich behaupte heute schon, 2018 wird das Krankenhaus Nord noch nicht wirklich bezogen sein, sondern es wird 2019 oder 2020 sein, wenn überhaupt.

 

Tatsache ist auch, dass das Wiener Gesundheitsressort und die KAV-Führung dilettantisch versagt haben. Obwohl man von solchen Großprojekten in der Vergangenheit hätte lernen können, setzte man sich arrogant über die Verbesserungsvorschläge hinweg und alle Vorschläge der Oppositionsparteien wurden eigentlich immer ignoriert. Wenn man etwas zugegeben hat, dann erst dann, wenn es schon gar nicht mehr anders gegangen ist. Vorher hat man gemauert, gemauert und alles schöngeredet.

 

Meine Damen und Herren, die von mir genannten Kosten von 1,2 Milliarden EUR, die das Krankenhaus Nord, wie ich annehme, sicher kosten wird, aber auch die Jahreszahlen sind keine Zahlenspiele. Zahlen ja, Spiele nein. Dafür ist der Hintergrund viel zu ernst, denn wir müssen uns immer darüber im Klaren sein, dass es immer um Menschen geht, die unter derartigen Missständen zu leiden haben. Auf der einen Seite sind die Patienten, auf der anderen Seite sind die Mitarbeiter, die großartig ihre Arbeit leisten, wobei du durchaus viel Zeit in Anspruch genommen hast, um hier eine gewisse Befriedung herbeizuführen. Wir haben ein tolles Gesundheitssystem, aber das darf nicht auf Rücken der Patienten und auf Rücken der Mitarbeiter alles passieren. Wenn 30 Prozent fehlen, dann kann es nicht funktionieren. Daher hat man eben viele Burn-outs, und so weiter, aber das weißt du ja ganz genau. Diese Missstände, meine Damen und Herren, sind nicht etwa Folge von unvorhergesehenen Umständen und Geschehnissen, nein, die kommen von diesem dilettantischen Management an der Spitze des KAV.

 

Ich bin darüber entsetzt, Frau Stadträtin, dass du heute in der Fragestunde die personellen Veränderungen praktisch bis zum Jahr 2019 hinausgeschoben hast. Ich verstehe schon, dass auf der einen Seite die neue Organisation ihre Zeit braucht, aber auf der anderen Seite ist eine personelle Besetzung ein Interregnum. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bis 2019 in dieser Art weitergeht.

 

Als du begonnen hast, haben wir zuerst einmal gemeint, beim Krankenhaus Nord machen wir einen Kassasturz. Wir haben damals gleich am 26. Jänner einen Antrag eingebracht, in dem wir gefordert haben, dass wir bis Ende Feber Informationen darüber bekommen, wie es mit den Kosten und mit der Zeit ausschaut, also eine wirklich genaue Analyse, Kassasturz: Wie gehen wir weiter? Was ist passiert? Der Antrag wurde natürlich sofort, wie wir es gewöhnt sind, von der Regierungspartei abgelehnt, zack, wurde abgeschmettert. Wir haben dann einige Wochen später noch einmal einen Antrag gestellt, mit Zuweisung. Der ist dann angenommen worden. Du hast uns dann auch einen schriftlichen Bericht geliefert. Da muss ich schon sagen, das war wie unter Wehsely, du bist uns eigentlich die Antworten schuldig geblieben. Es war ein Bericht, aber er war nicht so, dass man sagt, es war ein Kassasturz und von da weg können wir jetzt gemeinsam handeln.

 

Zweiter Bereich, die Verbesserung der Betriebsabläufe in KAV-Spitälern: Zum Beispiel das Gangbettenunwesen, das ja nach wie vor nicht beseitigt ist. Nicht nur, dass ein Bett im KAV ungefähr das Dreifache kostet gegenüber den Ordensspitälern, nämlich 20.000 EUR auf der einen Seite und über 60.000 EUR auf der anderen Seite, gehören Gangbetten bei Ihnen zum System und zum Alltag. Ein trister Alltag, kann man nur sagen, denn dass Patienten oft Stunden, manchmal sogar Tage auf kahlen, unwirtlichen Spitalsgängen liegen müssen, im Lärm, im Licht, ohne ein Minimum an Privatsphäre! (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger schüttelt den Kopf.) Meine Damen und Herren, wo bleibt da die Menschenwürde? Das ist physische Folter im modernen Wien. Wir haben dich aufgefordert, Frau Stadträtin, das raschest abzustellen. (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Haben

 

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