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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 102

 

GR Michael Niegl (FPÖ)|: Sehr geehrter Vorsitzender! Werte Kollegen und Kolleginnen! Werte Zuseher zu Hause!

 

Die Flächenwidmung, die vorliegt, ist gut. Die Flächenwidmung ist aufgelockert und an die Umgebung angepasst. Die Nutzung ist angepasst, und man kann an und für sich über die Flächenwidmung nichts sagen, und deswegen werden wir dieser Flächenwidmung auch zustimmen.

 

Aber wir müssen uns ein Mal mehr mit einer Fehlplanung in unserer Stadt beschäftigen, und zwar betreffend ein Wohnbauprojekt, und diese Fehlplanungen sind ja im Planungsressort der VBgm.in Vassilakou eher die Regel als die Ausnahme. Dieses Fehlplanungsprojekt, das ich heute nun zur Tagesordnung besprechen möchte, ist allerdings fast schon ein Leuchtturmprojekt an Misswirtschaft und Fehlplanung, denn es wird nicht, wie sonst, nur Steuergeld verschwendet, sondern diesfalls sprechen wir auch von Gefahren für Bürger.

 

Ein Mal mehr müssen wir das Wohnbauprojekt Neu Leopoldau besprechen. Es ist dies ein Prestigeprojekt der rot-grünen Stadtregierung mit deutlich grüner Handschrift, welches auf der Altlast W20, dem ehemaligen Gaswerkgelände Leopoldau, errichtet wird.

 

Ignorieren wir einmal die Tatsache, dass der Untergrund schwerstens mit giftigen Chemikalien kontaminiert ist. Das wollen wir jetzt einmal gar nicht besprechen! Aber das Bauprojekt wurde von den grünen Planungsgenies direkt neben drei Betriebe gesetzt, welche ein erhöhtes Gefahrenpotenzial in sich bergen und somit unter die sogenannte Seveso-Richtlinie fallen. In der Seveso-Richtlinie 2012/18/EU der Union geht es darum, dass bei etwaigen Störfällen Verluste an Menschenleben und Schäden an der Umwelt und an Menschen minimiert werden.

 

Um welche Betriebe handelt es sich denn hier? - Erstens haben wir hier das Spitzenkraftwerk Leopoldau mit einem Heizöltank von 8.600 t, zweitens den Erdgasröhrenspeicher Leopoldau mit einem Speichervolumen von 650.000 m³, was 650 t Erdgas ergibt. Und falls jetzt vielleicht Gegenstimmen laut werden: Gemäß Art. 2 Abs. 2h der Verordnung der Europäischen Union fallen auch Erdgasröhrenspeicher unter diese Bestimmung.

 

Weiters gibt es hier die Busgarage der Wiener Linien mit einem Flüssiggastank von 100 t. Und auch wenn jetzt seitens der Wiener Linien behauptet wird, dass dieser ja nur mit 48 t befüllt wird: Es besteht die Möglichkeit, diesen mit 100 t zu befüllen und somit fällt auch das unter diese Richtlinie.

 

Dieser Umstand, dass sich Gefahrenbetriebe rund um die neue Siedlung befinden, wird einfach von den Dienststellen übersehen oder geflissentlich ignoriert. Warum, weiß ich nicht! Der Grund ist vermutlich Überforderung auf Grund der Einsparungen in der Stadt. Ich weiß es nicht. Dies geht aber auch aus den Beantwortungen auf Anfragen und Anträge an StR Ludwig und an StRin Ulli Sima hervor. Ich will Sie jetzt nicht mit diesen Antworten quälen, ich kann nur sagen: X Anträge und Anfragen wurden einfach vom Tisch gewischt, ignoriert, nicht behandelt und mit lapidaren Begründungen einfach abgelehnt. Herr Dr. Michael Häupl fühlt sich weder als Bürgermeister noch als Landeshauptmann für diese Causa zuständig. - Na bravo! Es geht ja eh nur um die Sicherheit der Bürger! Vielleicht hat er Wichtigeres vor. Kann ja sein!

 

Auf alle Fälle entspricht der jetzt gültige Flächenwidmungsplan leider weder den EU-Bestimmungen noch dem Bundesländerarbeitskreis Seveso, welcher nämlich Richtlinien für die Raumordnung festgelegt hat, um eben dieser EU-Regulation gerecht zu werden. Wir werden uns das dann anhand einer Skizze ansehen.

 

Ich darf vielleicht ein bisschen die EU-Richtlinie in Erinnerung rufen, damit man auch weiß, worum es da geht. Im Art. 2 steht extra, wie ich vorher gesagt habe, dass auch Gasspeicheranlagen in den Anwendungsbereich fallen. Interessant ist aber vor allem Art. 13. Darin geht es um die Überwachung der Ansiedlung. Normalerweise geht man davon aus, dass es Wohngebiete gibt, dann aber auch das Interesse von Industriebetrieben besteht, sich dort anzusiedeln. Normalerweise muss man eher die Betriebe, die sich neu ansiedeln wollen, von den Wohngebieten, öffentlichen Räumen und Verkehrsflächen fernhalten.

 

Diesfalls ist es aber genau umgekehrt. Komischerweise verhält es sich hier so, dass es bestehende Betriebe gibt und schlauerweise - ein Meisterstück der grünen Stadtplanung - ein Wohnbauprojekt mitten neben Gefahrenbetriebe hingesetzt wird!

 

Laut EU-Richtlinie geht es darum, dass die Mitgliedstaaten normalerweise verpflichtet sind, diese Entflechtung zwischen Wohngebiet, Erholungsgebiet und Verkehrsflächen zu schaffen, und zwar sowohl bei der Flächenwidmung als auch bei der Raumplanung. Diesfalls wird das aber maßgeblich unterschritten: Art. 13 Abs. 1, 2 und 3 sowie Art. 15 finden einfach keine Beachtung!

 

Wir gehen davon aus, dass es sich hiebei um Sicherheitsmaßnahmen zum Schutze von Menschen, von Gesundheit und Menschenleben handelt. Diese Argumentation ist also nicht ideologisch geprägt, dass man sagt, die Blauen sind schon wieder gegen unseren Wohnbau! - Nein! Hier geht es um die Sicherheit der Menschen, für die Sie verantwortlich sind! Wenn es dort Störfälle oder sogenannte Großereignisse geben sollte, dann sollen gewisse Abstände bestehen.

 

Es gibt in diesem Zusammenhang den Bundesländerarbeitskreis Seveso, von dem Sie wahrscheinlich gehört haben werden. Dieser Bundesländerarbeitskreis hat, basierend auf der EU-Richtlinie, Mindestsicherheitsabstände zu diesen Betrieben im Hinblick auf die Erstellung der Raumordnung festgelegt und Empfehlungen ausgesprochen, die tunlichst einzuhalten sind. Die geringstmöglichen Distanzen wurden auf Grund eines Mengenschwellenmodells erarbeitet.

 

Ich darf dieses Mengenschwellenmodell kurz erläutern: In einem mengenschwellenbezogenen Abstandsmodell werden Mindestsicherheitsabstände relativ einfach erklärt. Es geht dabei um den Gefahrenstoff, und im Hinblick auf den Gefahrenstoff werden ein unterer Mengenschwellenwert und ein oberer Mengenschwellenwert festgelegt, und zwar ein Abstand von mindestens 100 m

 

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