Gemeinderat, 27. Sitzung vom 28.09.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 102
Mir kommt immer wieder ein bissel vor, ich befinde mich im Kreis der Dichter und Erfinder, wenn ich Ihre Anschuldigungen höre, was in Wien alles an Skandalösem passiert, weil ich kann das nämlich nicht feststellen. Ich lebe gerne in Wien, ich liebe Wien, ich arbeite gern hier, ich verbringe gern hier meine Freizeit, und das tun ganz, ganz viele Menschen, weil Wien eine Stadt der Chancen und Möglichkeiten ist, der Vielfalt, die einzige wirkliche Großstadt, die einfach ein Potenzial hat, wo es Berufsmöglichkeiten gibt, wo was ausprobiert werden kann, wo es wirtschaftliche Perspektiven gibt, wo es ganz viel engagierte Menschen gibt, wo es Angebote und auch Unterstützung gibt. Wien ist eben eine Stadt mit Lebensqualität, mit Sicherheit und mit Zukunft. Und das Thema Zukunft ist etwas, was ganz, ganz wichtig ist.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf etwas lenken, was aktuell gerade auch sehr diskutiert wird, nämlich das Thema Landflucht. Während Wien eine lebende, atmende, pulsierende Stadt ist, ist das Landleben eher von Tristesse begleitet. (VBgm Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Das ist eine Frechheit! Das ist ja unglaublich!) Sie können das so sehen. Aber schauen Sie sich die Studie der Universität BOKU an. Die prognostiziert bis 2030 10 Prozent Abwanderung, Abwanderung von Menschen in den städtischen Raum, insbesondere nach Wien. Und wissen Sie, was die Triebfeder für diese Menschen ist? Es ist die Perspektive auf eine Zukunft. Es ist die Perspektive auf Jobs. Es ist die Perspektive auf Kinderbetreuung. Es ist die Perspektive auf Ausbildung. Es ist die Perspektive auf Bildung. Und selbst der Umweltminister und auch Landwirtschaftsminister aus der ÖVP hat einsehen müssen, das Problem ist das eigene Rollenbild, das Problem ist das Frauenbild, denn es sind primär junge Menschen und es sind primär Frauen, die das Land verlassen. Wien ist eine Stadt der Frauen, es ist eine Stadt für Frauen. Und weil Sie ansprechen oder offenbar nicht sehen wollen, was wir im rot-grünen Wien alles schaffen, ein paar Beispiele:
Wir haben ein neues Regierungsprojekt umgesetzt, den Wiener Gleichstellungsmonitor, er ist heute schon erwähnt worden. Was zeigt der? Er zeigt eine Entwicklung. Vielleicht können Sie das, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, nicht wahrnehmen, weil es Sie ja eigentlich noch ganz neu und ganz kurz gibt und es mit dem Raum-Zeit-Kontinuum zusammenhängt, um Stillstand beziehungsweise Bewegung zu beobachten. Also vielleicht fehlt Ihnen da noch die Möglichkeit. Jedenfalls betrachtet dieser Gleichstellungsmonitor eine Perspektive von 2013 bis 2016 und wir können sehr wohl sehr, sehr gute positive Entwicklungen feststellen: Die Einkommensschere in Wien hat sich verringert. Die Vereinbarkeit hat sich verbessert. Frauen sind viel mehr noch in Spitzenpositionen vertreten, als sie das noch vor drei Jahren waren, absolut positive Entwicklungen. Wir schauen darauf, dass es eine finanzielle Sicherheit für Frauen gibt, dass es ein eigenständiges und unabhängiges Leben gibt, dass es soziale Sicherheit gibt. Soziale Sicherheit beispielsweise mit der baldigen Umsetzung auch der Wiener Mindestsicherung, die, um ein Beispiel hier zu nennen, auch die Alleinerzieherinnen vor Armut schützt. Denn Armutsgefährdung für Alleinerzieherinnen ist ein ganz großes Thema, weil die Väter ihre Kinder im Stich lassen und weil auch der Staat in seiner Unterhaltszahlung hier sehr nachlässig ist. Also es gibt hier viel zu tun.
Ein weiteres positives Beispiel für die Wiener Stadtregierung für die Frauenpolitik in dieser Stadt ist beispielsweise die rot-grüne 365-EUR-Jahreskarte. Die Jahreskartenbesitzer haben sich seit 2013 verdoppelt und der Anstieg der Frauen, die eine Jahreskarte haben, ist exponentiell höher gestiegen als der der Männer. Wir haben hier eine ganz positive, eine ganz starke Entwicklung. Die Verkehrspolitik ist eine Sozialpolitik, ist eine Gleichstellungspolitik, ist eine Gerechtigkeitspolitik. Also wenn Sie hier etwas anderes wahrnehmen, dann kann ich das nicht erkennen, warum.
Jedenfalls sind Sicherheit, Gerechtigkeit Aspekte, die uns in Wien ganz wichtig sind, für die wir hier arbeiten. Eine Entwicklungspolitik à la ÖVP würde eigentlich eher ins vorige Jahrhundert gehen, und Stichwort Arbeitszeitverlängerung, Richtung Arbeitsschutzabbau, Richtung Umweltschutz am Altar des schnöden Mammons opfern. (GR Mag. Manfred Juraczka: Also so modern wie Sie …) Wien ist die Stadt der Frauen. Schauen Sie auf diese positiven Entwicklungen! Schauen Sie sich den Wiener Gleichstellungsmonitor an! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr VBgm Mag. Gudenus. Sie haben das Wort.
VBgm Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Danke sehr, Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ja, das gerade abgelegte Meisterstück war ein Paradebeispiel an Realitätsverweigerung, an rot-grüner Realitätsverweigerung. Zu sagen, Tristesse herrscht auf dem Land, und das aus dem Munde einer Grünen, also das ist wirklich unfassbar, was man sich heute hier anhören muss! Unfassbar! (Beifall bei der FPÖ.)
Tristesse herrscht auf dem Land, deswegen Landflucht und dergleichen. Ja natürlich, es stimmt, es gibt eine Zuwanderung nach Wien, auch aus Österreich, aus dem ländlichen Raum, das stimmt, so wie sie auch aus dem Ausland vorhanden ist. Aber diese Zuwanderung nach Wien findet nicht wegen Rot-Grün statt, sondern trotz Rot und Grün, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die findet nicht wegen Ihrer Frauenpolitik statt, sehr geehrte Frau Kollegin Huemer! Nein. Sie findet auch nicht wegen Ihrer Sozialpolitik statt, sondern trotz Ihrer fehlgeschlagenen Politik von Rot und Grün! (Beifall bei der FPÖ. - Aufregung bei GR Christian Oxonitsch.)
In einer Sache sind wir einer Meinung: Ich bin auch gerne in Wien, ich bin wirklich gerne in Wien, wir alle lieben Wien! Und das ist genau für uns die Triebfeder, Politik für Wien zu machen, eben dagegen einzutreten, dass Rot und Grün weiter diese Stadt gegen die Wand fahren und gegen die Bürger agieren, im Endeffekt die Bürger zu zweiter Klasse degradieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre grünen Floskeln bringen überhaupt nichts! Vielfalt, Offenheit, Toleranz, all das
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