Gemeinderat, 25. Sitzung vom 26.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 114 von 134
Pichlbauer und mir geschrieben! (Die Rednerin hält das von ihr genannte Werk „Gesunde Zukunft - Österreichs Gesundheitsversorgung Neu“ von Ingrid Korosec und Ernest G. Pichlbauer in die Höhe.) Da steht das alles drinnen. Man hätte sich schon sehr, sehr viel Geld ersparen können. Die Bürgerinnen und Bürger wären mit der Gesundheitspolitik zufrieden, aber offensichtlich hat man es nicht gelesen oder es war nicht von der richtigen Partei geschrieben worden. Vielleicht lesen Sie es jetzt. Es ist alles noch so, dass man es umsetzen könnte, und der Erfolg wäre da. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit betrug 14 Minuten. Fraktionelle Restredezeit 11 Minuten. Als Nächste ist Frau GRin Meinhard-Schiebel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Selbstgewählte Redezeit 7 Minuten.
GRin Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die vergangenen Jahre sind mir in unvergesslicher Erinnerung, was die Sitzungen hier betrifft. Ich habe gerade zum Thema Gesundheit so vieles an Angriffen, Unterstellungen und Beschuldigungen gehört, dass mir heute noch die Ohren klingen. Mir ist klar, dass Sie als Opposition selbstverständlich die Aufgabe haben zu kritisieren. Es gibt ja auch etwas wie berechtigte Kritik, absolut. Es gibt aber auch Anwürfe, die medial gut ankommen, und das reicht Ihnen dann. Denn eines müssen Sie nicht: den Wahrheitsbeweis antreten. Und eines müssen Sie noch viel weniger: Ihre Versprechungen erfüllen. Da ich mir nicht sicher bin, ob es ein guter Deal wäre, wenn Sie die Verantwortung übernehmen würden, da bin ich sehr froh, dass es so nicht ist.
Zu den Fakten: Ja, das Gesundheitssystem in Österreich ist ein sehr gutes, das in Wien ist es ebenfalls. Ja, das Gesundheitssystem ist in einer teilweisen Krise, weil es vor ungeheuren Herausforderungen steht. Einerseits muss es einer Medizin, die tatsächlich durch Forschung und Lehre zu ungeheuren Fortschritten führt, gerecht werden. Wer heute an einer Krebserkrankung leidet, hat Chancen, sie zu bewältigen. Das war vor einigen Jahren noch kaum in dieser Dimension vorstellbar. Wien ist weltweit bekannt für seine Spitzenmedizin. Darauf können wir stolz sein. Wir sollten besser stolz sein, anstatt sie durch den Kakao zu ziehen.
Andererseits muss eine Metropole wie Wien tatsächlich mehr und mehr PatientInnen versorgen, und das bei zirka 28 Prozent PatientInnen, die nicht in Wien leben, mit einer Krankenhausstruktur, die für ganz andere Dimensionen gebaut wurde, mit ganz anderen Voraussetzungen. Damals war der Wohnort das Kriterium, lange Krankenhausaufenthalte waren eine Selbstverständlichkeit und im niedergelassenen Bereich gab es andere Voraussetzungen, aber sie hatten auch eine ganz andere Bevölkerungsdichte.
Wer Krankenhaussysteme in anderen Ländern kennt, vor allem in den Vorbildländern im Norden, weiß, dass moderne Medizin heute Krankenhäuser anders ausstattet als noch vor zehn Jahren. Schwerpunktsetzung heißt, Spezialeinrichtungen zu schaffen, in denen höchste Expertise gebündelt ist, und das nicht im Spital ums Eck. Schwerpunktsetzung heißt, Belagstage in Krankenhäusern zu verringern, weil es einen Unterschied gibt zwischen Akutversorgung und langfristiger Pflege. Schwerpunktsetzung heißt auch, Tageskliniken statt Langzeitaufenthalt mit medizinisch gesehen langen Leerläufen.
Ich komme nicht umsonst aus einer der größten Trägerorganisationen, nämlich aus dem Österreichischen Roten Kreuz, in dem das System der Triage schon seit langer Zeit eine Selbstverständlichkeit ist. Bei einem Einsatz zu unterscheiden, wer medizinisch gesehen zuallererst Hilfe braucht, wer warten kann, weil keine Lebensgefahr besteht, jemanden, der andere Versorgung und Betreuung braucht, dorthin zu leiten, das ist sinnvoll. Das ist ökonomisch klug, und das wird dort nicht als Vernachlässigung, Böswilligkeit oder Unwissenheit hingestellt.
Dass ein riesiges System wie das Krankenhaussystem in Wien Schritt für Schritt den Weg geht, PatientInnen richtig zu leiten, ist zugegebenermaßen ein steiniger Weg. Ich kann jeden Menschen verstehen, der das Gefühl hat, dass es ungerecht ist, in einer überfüllten Ambulanz zu sitzen. Ich kann verstehen, dass jeder Mensch zu Recht Kompetenz, Geduld und Zuwendung erleben will, denn krank sein macht Angst, Unfall ist eine extrem belastende Situation, warten müssen verstärkt diese Angst und bis zum Zorn ist es eben nicht weit.
Ich kann jeden Menschen, der medizinische Hilfe leistet oder in der Pflege arbeitet, verstehen, wenn der immer größer werdende Druck zu Ungeduld führt, aber auch zu Fehlern und zu Auseinandersetzungen. Auch ich wünsche mir, dass wir als PolitikerInnen darauf dringen, dass das System möglichst rasch, möglichst effizient diesen schwierigen Wandel schafft, weil wir den Menschen gegenüber verantwortlich sind.
Krankenhäuser sind aber leider keine Greißlerei, wo man alles bekommt. Die Greißlerei ist zu teuer geworden. Sie kann sich nicht mehr halten, weil sie zu teuer einkaufen muss und daher zu teuer verkaufen muss. Sie geht ökonomisch zugrunde. Sie können mir jetzt auf den Kopf werfen, dass ein Supermarkt nicht zu vergleichen ist mit einem Gesundheitssystem, aber dass ein Gesundheitssystem auch ökonomischen Gesetzen folgt, das werden Sie nicht leugnen können. Und möglichst viele Menschen zu versorgen, und das mit den vorhandenen finanziellen Mitteln, das können wir uns nicht ersparen.
Da wir bis heute auf Bundesebene keinen Weg gefunden haben, durch ein gerechtes Steuersystem dort Mittel zu lukrieren, wo sie in Hülle und Fülle vorhanden sind, werden wir die Finanztöpfe kaum füllen können. Im Gegenteil, mit weniger Geld muss mehr geleistet werden. Es sei denn, man würde zustimmen, dass Menschen höhere Beiträge zahlen, um das System zu unterstützen, oder gar durch Privatisierung einfach einen Trennstrich zu ziehen. Genau das aber widerspricht unserem Verständnis von sozialer Gerechtigkeit.
Statt also Menschen vorzumachen, dass alles besser wäre, wenn nur andere Parteien am Ruder wären, sollten Sie genauso wie wir daran arbeiten, dass das Gesund
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