Gemeinderat, 25. Sitzung vom 26.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 134
zu müssen. Im Jahr 2000 waren darüber hinaus 17,4 Prozent der Wiener Arbeitslosen nicht-österreichische Staatsbürger. Jetzt sind es 40 Prozent. Das sage ich nicht, weil ich der Meinung bin, man kann alles auf die bösen Ausländer schieben und damit ist der Politik schon Genüge getan. Aber es zeigt, dass wir uns ganz massiv der Problematik, die sich daraus ergibt, stellen müssen, dass wir die richtigen Schlüsse ziehen müssen und nicht einfach tun, als wäre nichts passiert und business as usual weiterbetreiben sollen. Wien hat mittlerweile 21 Prozent der österreichischen Wohnbevölkerung, 22 Prozent der österreichischen Beschäftigten, 36 Prozent der österreichischen Arbeitslosen und 56 Prozent der Mindestsicherungsbezieher! Das ist eine Bankrotterklärung Ihrer rot-grünen Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Und, Frau Stadträtin, täglich grüßt das Murmeltier in der Tat, weil Sie sagen uns auch immer wieder, wir tun unser Bestes. Ich fürchte mittlerweile, das könnte sogar stimmen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, meine Damen und Herren, Frau Stadträtin, machen Sie den Weg frei, damit in dieser Stadt endlich auch das Richtige passiert. Weitere Jahre Rot-Grün mit dieser Wirtschaftspolitik können wir uns jedenfalls nicht leisten!
Ich darf zum Abschluss meiner Rede noch drei Anträge einbringen, die uns ein ganz wesentliches Anliegen sind. Zwei davon sind gut bekannt, und ich kann Ihnen jetzt schon sagen, Sie werden sie immer wieder vor sich liegen haben, bis wir vielleicht einmal Konsens über diese, wie wir glauben, ganz, ganz wichtige Frage des Zusammenlebens in dieser Stadt finden, einerseits betreffend Demonstrationen in Wien, andererseits betreffend Sonntagsöffnung. Die Anträge sind bekannt. Wir würden uns freuen, wenn Sie einmal über eine Zustimmung diesbezüglich nachdenken. (Beifall bei der ÖVP.)
Und ein dritter Punkt zu einem Procedere, das es vielleicht möglich macht, nicht in diesen Trott zu verfallen „Und täglich grüßt das Murmeltier“, was Rechnungsabschlüsse und Voranschläge des Budgets betrifft. Wir glauben nämlich, dass es Sinn macht, wenn wir diese Rechnungsabschlüsse und Voranschläge jeweils auch schon in den Ausschüssen vorbesprechen. Diesbezüglich soll es von unserer Seite hier mit diesem Antrag eine Initiative geben. Wir würden uns freuen, wenn man auch diesem Antrag nähertritt. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Redezeit war 14 Minuten, Restredezeit ist 11 Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Huemer. Ich erteile es ihr. Selbstgewählte Redezeit 7 Minuten.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Und auch die ZuseherInnen via Livestream möchte ich herzlich begrüßen!
In gewisser Weise finde ich die Kritik am Wiener Budget von Seiten der Opposition sogar beruhigend, denn sie zeigt ganz klar, dass Wien mit seiner sozialen Politik, mit seiner sozialen Sicherungspolitik, mit seiner sozialen Wirtschaftsförderungspolitik ganz richtig liegt. Als Grüne möchte ich jetzt ein bisschen tiefer in die Materie blicken und nicht nur die Zahlen hin und her schupfen, sondern auch dahinter schauen, welche Entwicklungen wir derzeit zu bewältigen haben. Ich möchte ganz konkret den digitalen Wandel herauspicken, denn dieser digitale Wandel, der wirft, wie wir sehen können, schon einen ziemlich langen Schatten voraus. Wir haben momentan zwar eine stagnierende Arbeitslosigkeit, aber wir sind auf einem sehr, sehr hohen Niveau. Wir haben eine Unterbeschäftigung, eine unfreiwillige Unterbeschäftigung, die sich zum Beispiel in einer wachsenden Teilzeitbeschäftigung sichtbar macht. Und wir haben sichtbare Folgen auch in zunehmend unsicherer Beschäftigung. Das ist keine leichte Ausgangssituation, mit der wir hier zu tun haben. Das, was mit Plattform- und Gig-Ökonomie bezeichnet wird, führt zu einem sehr, sehr großen Wandel, nicht nur in der Wiener Ökonomie und der Wiener Arbeitswelt. Dieser Wandel ist de facto auch schon da. Es geht darum, diese Digitalisierung nicht als Naturgesetz zu begreifen, sondern ganz klar als eine gestaltbare Situation, und diese gestaltbare Herausforderung nehmen wir als rot-grüne Stadtregierung an.
Ich möchte Ihnen das einmal verdeutlichen, mit welcher Situation wir es zu tun haben. Sie kennen wahrscheinlich die Studie vom IHS. Sie hat in Anlehnung an die Oxford-Studie herausgefiltert, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für Tätigkeiten ist, in Zukunft digitalisiert und damit wegrationalisiert zu werden. Das IHS hat angenommen, es wird zukünftig 9 Prozent der Arbeitsplätze betreffen. Das sind über 300.000 Jobs, die wegfallen könnten. Das ist eine ziemlich hohe Zahl. Wenn wir die Rationalisierungswahrscheinlichkeit sogar noch höher drehen, dann sind wir bei noch mehr Jobs. Also wir haben hier eine riesige Aufgabe vor uns, die Arbeitsplätze, die vorhanden sind, neu- und umzuverteilen. Wir haben einen riesengroßen Job zu machen, die Menschen auf diese neue Arbeitswelt auch vorzubereiten. Denn das zeigt diese Studie auch, dass von der Digitalisierung nicht nur, aber ganz besonders Menschen mit geringen formalen Qualifikationen stark betroffen sind: Hilfsarbeitskräfte, HandwerkerInnen, MaschinenbedienerInnen. Wir wissen, wenn Sie die Medien und Zeitungen lesen, dass das selbstfahrende Auto nicht so weit weg ist, dass Algorithmen Zeitungsartikel als JournalistInnen quasi schreiben. Sie wissen auch, dass Roboter operieren können, 3D-Roboter bauen Brücken. Es gibt hier eine Entwicklung, da können wir einfach überhaupt nicht antizipieren, wir wissen nicht, was hier noch auf uns zukommt. Wir müssen offen bleiben, und wir müssen wachsam sein. Wir müssen die Frage der Umverteilung ganz, ganz oben auf unsere Agenda stellen.
Ich finde es daher sehr, sehr zynisch, wenn in Anbetracht dieser wirtschaftlichen Veränderungen, die wir hier zu bewältigen haben, ein Angriff auf das Sozialsystem, insbesondere von Seiten der ÖVP, aber natürlich auch von der FPÖ, permanent betrieben wird. Die Mindestsicherung wird ständig angegriffen. Allmählich kommt auch die Notstandshilfe unter Beschuss. Ich habe den Eindruck, die ÖVP will ein Verarmungsprogramm, ein Hartz IV, wie wir es aus Deutschland kennen. Und von dem wir die Folgen auch schon ganz klar und eindeutig
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