Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 112
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kugler. Ich erteile ihr das Wort.
GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Frau Stadträtin!
Sie wissen, dass das Thema Gesundheit von der Weltgesundheitsorganisation sehr breit definiert wird, und das vorige Poststück hat auch eine gewisse Breite. Darum möchte ich zum Thema Gesundheit und Soziales einige Themen ansprechen, und ich bitte die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die heute hier sind, wirklich zu versuchen, mir in vielen Themen zu folgen. Ich habe heute acht bis neun Anträge mit - je nachdem, wie es sich von der Zeit her ausgeht -, und das erste und wichtigste Thema möchte ich gleich am Anfang ansprechen.
Wenn jemand von Ihnen auf der Straße eine Schwangere sieht, dann wird er sich hoffentlich für sie freuen, und bisher ist es mir auch immer so ergangen. Seitdem ich mich jedoch genauer mit der Situation hinsichtlich der Geburtenplätze, die Wien anbietet, auseinandergesetzt habe, ist mein erster Gedanke, wenn ich eine Schwangere sehe: Um Gottes willen, die Arme! Hoffentlich hat sie sich bereits angemeldet!
Sie kennen ja die Zahlen - ich habe sie auch ganz genau gesehen -, und diese Zahlen sind nicht neu: Bereits im Juli 2016 war in der Zeitung zu lesen, dass es mit den Plätzen für Gebärende eng wird. Und wir wissen auch - auch die Patientenanwältin Pilz hat das festgestellt -, die Beschwerden von Schwangeren, die abgewiesen werden, weil zu wenige Plätze vorhanden sind, häufen sich. Und dann beginnt natürlich für die Schwangere ein Hürdenlauf. Man kann es sich vorstellen: Man ruft in der 20. Woche an, sagt, ich möchte gerne bei Ihnen gebären, doch da heißt es, tut mir leid, wir haben keine Zeit! - Dann ruft man woanders an, wo man weiß, da ginge es auch, und wird dann vielleicht gleich in den Kreißsaal verbunden. Dort herrscht Stress, dort sagt man, bitte, bei uns ist es voll! - Der Nächste sagt dann, na, kommen Sie halt vorbei, reden wir darüber, und auch dort ist dann kein Platz. Und wir wissen - und das sind eigentlich sehr ernste Zahlen, die besorgniserregend sind -, dass, wer sich heute in Wien für eine Geburt im Juli anmelden möchte, keinen Platz mehr bekommt. Und es ist nicht nur der Juli, es ist auch im August und im September schon sehr, sehr eng.
Diesbezüglich haben wir von der früheren Stadträtin Wehsely ein Geschenkspackerl bekommen, denn dass sich das alles nicht ausgeht, ist ein Planungsfehler, und dieser Planungsfehler ist grob fahrlässig. Die Hebammen haben mir berichtet, dass es in den Wiener Krankenhäusern bereits Gefährdungsanzeigen gegeben hat. Sie können sich vorstellen, was eine Gefährdungsanzeige bedeutet: Da wird intern weitergeleitet, wir schaffen das nicht mehr, wir sind überlastet, wir können die Sicherheit der Patientinnen nicht garantieren, wir können die Sicherheit der Neugeborenen nicht garantieren, wir können unserem Arbeitsethos nicht entsprechen, und wir können die Qualität der Arbeit, wie wir sie gerne abliefern möchten, nicht gewährleisten.
Das hat den Grund, dass gesundheitspolitisch nicht gut geplant wurde. Wir wissen einerseits, dass die Geburten ansteigen, wir haben uns über 5.000 mehr Geburten als Todesfälle im Vorjahr gefreut. Wir wissen, dass die Zahl der Geburten in Wien im Vorjahr um 5,7 Prozent angestiegen ist. Wenn wir das wissen, müssen wir darauf reagieren. Der KAV kennt diese Zahlen und muss sie in seine Planung mit einbeziehen. Das ist nicht geschehen. (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: … wir das schon gemacht haben!) Im Gegenteil: Stattdessen … (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Wir haben schon reagiert! Wir haben aufgestockt!) - Das Problem ist weiterhin da! Und Aufstocken heißt ja nicht, bei den Abteilungen anzurufen und ihnen mitzuteilen, dass sie jetzt überbelegen müssen! (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Nein, mehr Personal!) Das ist ja wieder ein Teil der Fahrlässigkeit! (Amtsf. StRin Sandra Frauenberger: Mehr Personal!) Anstatt dass man das Problem behebt, wird die gynäkologische Abteilung, die Geburtsabteilung im Hanusch-Krankenhaus gesperrt, aber mit den Alternativen und mit jenen Abteilungen, wo ausgebaut werden soll, ist man noch nicht so weit. Der Kreißsaal in Hietzing wird im August umgebaut - obwohl man weiß, dass der August einer der geburtenstärksten Monate ist.
Jetzt hat man gesagt, na ja, Direktor Janßen musste eh gehen. Das haben wir gewusst, aber der war nicht der Einzige, der an diesen Dingen schuld ist.
Nun, wie kann man das Problem lösen? - Hierzu habe ich heute zwei Anträge mitgebracht, denn das eine ist: Was kann man langfristig tun? Und das andere ist: Was muss man akut tun, damit für diesen Sommer die Wienerinnen einen Platz haben, an dem sie sich wohlfühlen und ihr Kind in Sicherheit und Ruhe gebären können?
Erstens: Was kann man langfristig tun? - Da habe ich Vorschläge betreffend drei Elemente mitgebracht. Das Erste ist, man muss überlegen: Wie könnte ein geburtshilfliches Gesamtkonzept aussehen, das mit einbezieht, dass Wien wächst, und das mit einbezieht, dass zum Beispiel eine Risikoschwangerschaft gewisse Dinge braucht, die das eine Krankenhaus hat und das andere vielleicht nicht?
Damit das funktionieren kann, braucht es auch eine zentrale Geburtsanmeldestelle, und die Frau Stadträtin hat uns das Ende März auch in Aussicht gestellt. Es ist wichtig und dringend, dass das bald umgesetzt wird, denn die Geburtenplätze für den Sommer sind ja jetzt akut ein Problem. Für die zentrale Geburtsanmeldestelle können wir nicht länger warten. Und ich glaube, dass man, wenn man schon von einer zentralen Stelle spricht, vielleicht immer in Klammern dazusagen muss: Das darf nicht heißen, dass Frauen hier einfach zugeteilt werden, sondern so eine zentrale Stelle muss, soweit es möglich ist, die Wünsche, die Bedürfnisse der einzelnen Frau berücksichtigen. In anderen Ländern gibt es das schon lange und hat sich das auch sehr, sehr gut bewährt.
Ein dritter Punkt für die langfristige Planung ist die Frage der Hebammen mit Kassenvertrag. Ich weiß nicht, ob Sie die Zahlen kennen: Es gibt in Österreich 250 Hebammen mit einem Kassenvertrag. Und wie viele in
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