Gemeinderat, 21. Sitzung vom 07.04.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 112
heißt, diese Kinder haben überhaupt keine Chance, einen Platz in einem städtischen Kindergarten vor dem verpflichtenden Kindergartenjahr zu bekommen.
Das ist schon eine Sache, die man einmal andenken sollte, denn ich denke mir, dass das gegenüber den Kindern nicht besonders fair ist. Wenn man diesen Kindern früher die Möglichkeit gäbe, sich im Kindergarten zu integrieren - private Träger machen das übrigens nicht, es ist ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt Wien, dass sie sehr auf die Berufstätigkeit der Eltern geht -, wenn wir den Kindern die Möglichkeit gäben, in den Kindergärten früher einen Platz zu bekommen, dann hätten sie die Chance, schneller Deutsch zu sprechen. Denn je früher ein Kind damit anfängt, desto schneller geht es, und der Umstieg in die Volksschule wäre dann auch leichter.
Noch viel interessanter war aber die Nachfrage, nachdem wir das vermehrt gehört haben, dass, wenn ein Kind einen Ganztagesplatz im Kindergarten hat und ein Geschwisterl kommt, das Kind, das diesen Ganztagesplatz hat, den Anspruch auf diesen Ganztagesplatz verliert und automatisch spätestens um 14 Uhr abgeholt werden muss. Wir haben da eine Beantwortung bekommen, und die Antwort möchte ich jetzt gerne einmal vorlesen.
Da hat die Frau Stadträtin geschrieben: „Jedoch sind auch Eltern in der Karenz gefordert, ihr Leben mit mehreren Kindern so zu gestalten, dass sowohl die Bedürfnisse eines Neugeborenen wie auch jene eines Geschwisterkindes wahrgenommen werden, das bis um 14 Uhr den Kindergarten besucht.“ Seien Sie mir nicht böse, aber das ist ja in Wirklichkeit eine sehr freche Antwort! Das haben doch nicht Sie zu entscheiden, wie ein Familienmodell gelebt wird, und auch nicht Sie zu entscheiden, ob diese Familie, wo ein Geschwisterkind unterwegs ist, den Platz braucht oder nicht.
Daher bringen wir auch folgenden Antrag ein, dass es eben so ist, dass die Kinder, die schon einen Ganztagesplatz haben, unabhängig vom Familienmodell diesen Anspruch nicht mehr verlieren. Ich bringe dann alle Anträge insgesamt ein.
Das Nächste ist die Volksschule. Ich habe in einer Rede einmal gesagt, dass jedes Kind eine Begabung hat und dass jedes Kind soziale und musische Kompetenzen hat. Es gibt eine breite Palette an verschiedenen Begabungen. Es ist nicht eine Frage der Größe des Geldbörserls des Kindes, ob das Kind eine Begabung hat oder nicht. Was jedoch Rot-Grün geschafft hat, ist, dass es mittlerweile die Sache der Eltern beziehungsweise der Größe des Geldbörserls der Eltern ist, wenn es um die Förderung der Begabungen oder Kompetenzen der Kinder geht.
Jetzt haben wir eine neue Herausforderung, und die ist sehr aktuell. Jetzt ist es nämlich so, dass mittlerweile die Familien vor folgender Herausforderung stehen. Ihr Kind muss schon einen sehr, sehr großen Förderbedarf haben, damit er überhaupt in der Schule abgefangen werden kann.
Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen. Mich haben Eltern angerufen, und sie haben mir Folgendes erzählt: Ihr Kind geht in die 1. Klasse einer Volksschule, und es wurde durch die Lehrerin ein grobmotorischer oder feinmotorischer Förderbedarf festgestellt. Es wurde dann das mobile Team angefordert. Die haben festgestellt: Ja, es gibt einen Förderbedarf. Sie haben das Gespräch mit den Eltern gesucht und haben gesagt: Es gibt einen Förderbedarf, aber leider ist Ihr Kind nicht schlecht genug, sodass wir das in der Schule abfangen können.
Das heißt, die Eltern haben jetzt 500 EUR investiert - Erstinvestition -, nur um einmal diesen Förderbedarf abzufangen. Das heißt, wir haben mittlerweile die Situation, dass es auch schon eine Frage der Geldbörse der Eltern ist, um die Schwächen rechtzeitig auffangen zu können! Da muss ich mich wirklich fragen, ob wir da in die richtige Richtung gehen.
Mich hat dieses Thema nicht wirklich losgelassen, und ich habe dann mit Sozialpädagogen darüber gesprochen, wie denn jetzt unser Gesellschaftsbild ist oder woran es liegt, dass es mittlerweile - egal, ob es um Begabungen geht, egal, ob es um Förderbedarf geht - auf die Größe der Geldbörse der Eltern ankommt. Dann habe ich als Antwort bekommen: Wir sind einfach viel zu wenige für diesen Bedarf, den wir haben.
Das ist etwas, wo ich mir gedacht habe: Wie oft sind wir hier im Gemeinderat gestanden und haben gesagt, wir brauchen mehr Unterstützungspersonal, wir brauchen mehr Sozialpädagogen, wir brauchen mehr Personal an den Schulen! Wie oft? Ich habe beim, glaube ich, gefühlten hundertsten Mal zu zählen aufgehört. Und was ist von Ihnen gekommen? Nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein!
Lassen Sie mich noch kurz bei den Eltern bleiben. Anscheinend sind wir - und das müssen wir auch einmal sehr klar und sehr deutlich ansprechen -, anscheinend sind wir zur Zeit mit Eltern konfrontiert, die ein wenig mit der Elternrolle, mit dem Elternsein überfordert sind. Ich denke, dass wir hier als Politik sehr wohl Unterstützung geben müssen. Es ist für viele Eltern nicht klar, dass die Bildungsentscheidung eine Familienentscheidung ist. Es ist für viele Eltern nicht klar, dass es auch zum Elternsein gehört, die Kinder auf dem Bildungsweg zu begleiten und, so gut es geht, auch zu unterstützen.
Ein Ansatz wäre, dass man zum Beispiel das Elterngespräch, das Entwicklungsgespräch, das es in den Kindergärten gibt und das ja auf freiwilliger Basis besteht, verpflichtend einführt. Denn ich denke mir, dass wir von Anfang an die Eltern mit einbinden - und ich hoffe, dass besonders Sie von Rot-Grün auch der Meinung sind, dass die Bildungssache eine Familienentscheidung ist und nicht eine staatliche oder eine städtische Vorschreibung sein sollte -, dass wir von Anfang an die Eltern einbinden müssen.
Wenn wir dieses Elterngespräch oder Entwicklungsgespräch verpflichtend machen würden, dann wäre es für die Eltern irgendwann vollkommen klar, dass sie ihre Kinder auf diesem Weg begleiten. Auch diesbezüglich bringen wir einen Antrag ein.
Noch einmal kurz zu den Eltern, die sich für ihre Kinder engagieren. Wir wissen, dass die Stadt Wien immer sehr freudig und großartig Schulen umwidmet, die jetzt Halbtagsschulen sind, dass sie zu verschränkten Ganz
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