Gemeinderat, 20. Sitzung vom 02.03.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 105
Weise Sie für Ihre eigenen Projekte werben! Sie sollten sich vielleicht generell einmal Ihre gesamten Werbeaktionen im Radfahrbereich anschauen! Dort sieht man nämlich so gut wie überhaupt nie einen Sturzhelm, obwohl es doch sehr vernünftig wäre, auch wenn es für Erwachsene nicht vorgeschrieben ist. Sturzhelme zu tragen, wäre einfach im Sinne der Sicherheit.
Ich sage es Ihnen noch einmal: Nehmen Sie Ihre Verantwortung für die Sicherheit im Verkehr wahr, und gestalten Sie Ihre Publikationen kompromisslos in diesem Sinn und nicht im Sinne eines Reisebüroprospektes für irgendeine Bobo-Clique.
So. Jetzt kommt der schon erwähnte Antrag, den ich Ihnen vorlesen möchte:
„Die Frau Amtsführende Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung wird aufgefordert, zum Zweck der Steigerung der Sicherheit des Radverkehrs vor allem hinsichtlich großer, schwerer und schneller Fahrräder wie Lastenfahrräder, FAXIs, und so weiter, insbesondere mit Elektroantrieb, ein Maßnahmenpaket zu schnüren und je nach Kompetenzlage direkt oder gemeinsam mit dem BMVIT umzusetzen, das insbesondere folgende Punkte und Problembereiche umfasst: Einführung einer Kennzeichenpflicht für alle kommerziell genutzten Fahrräder, Sicherheit auf Fahrradwegen, die auf Grund der Anlageverhältnisse für schnelle und/oder in den Abmessungen über das übliche Maß eines konventionellen Fahrrades hinausgehen, Sicherheit beim Fahren gegen die Einbahn mit Fahrrädern, die auf Grund ihrer Breite für einen Begegnungsverkehr in den fraglichen Straßen nicht geeignet sind, Unterbindung der Benützung von für den Lasten- und Personentransport vorgesehenen Fahrrädern in Fußgängerzonen sowohl zur unmittelbaren Kundenakquisition als auch zur allgemeinen Werbung.“
Ich habe auf der letzten Seite einer Publikation der Mobilitätsagentur diesen Spruch gelesen: „Setzt Freude in Gang!“ - Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren: Setzen Sie Freude in Gang! Stimmen Sie diesem Antrag zu! Das wird Interesse der Radfahrer und der Wiener sein! (Beifall bei der FPÖ.) .
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Valentin.
GR Erich Valentin (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter!
Verkehrsdebatten in unserem Haus sind immer dadurch gekennzeichnet, dass sie im hohen Maße emotional geführt werden und in dem Maß, in dem sie emotional sind, oftmals nicht auf sachlicher Basis stattfinden.
Ich denke mir, Verkehrspolitik ist im hohen Maße nicht für Emotionalität geeignet, wenn man - wohlgemerkt! - ein sinnvolles Ergebnis erzielen will. Vielmehr muss man sich die Fragen stellen: Wem nützt es? Wie nützt es? Ist die Stadt funktionsfähig? Ist Mobilität in der Stadt gegeben oder nicht?
Ein früherer Stadtrat dieses Ressorts hat einmal den Begriff der „intelligenten Mobilität“ gewählt, und zwar in der Hoffnung, dass diese Bezeichnung dazu führt, dass man sich mit Fakten und weniger mit Klischees auseinandersetzt. - Deshalb möchte ich am Beginn meiner Worte - und ich kann versichern, dass es nicht allzu lang dauern wird - mit einigen Klischees aufräumen.
Kollege Juraczka sagt, dass wir uns an Niederösterreich ein Beispiel nehmen sollen. (Zwischenruf von GR Mag. Manfred Juraczka.) Na ja, ich bin sehr dafür, dass eine Metropole für das Umland Funktionen übernimmt. Dafür bin ich sehr, denn es können nicht überall ein Burgtheater, eine Staatsoper oder die Bundesmuseen stehen. Und ich bin auch dafür, dass Niederösterreicher im hohen Maße die Kunst unserer Ärztinnen und Ärzte in unseren Spitälern lukrieren. Ich bin auch sehr dafür - das ist ja überall in Europa so -, dass wir auch einen Teil der Arbeitsplätze für Niederösterreich stellen.
Aber ich meine, dann sollte zumindest gewährleistet sein, dass wir bei der Mobilität eine vernünftige Aufteilung haben. Wenn man jedoch im Land Niederösterreich seit Jahrzehnten - was ich nach vielen Verhandlungen bestätigen kann - zwar die Steuern der Leute nimmt, die sich ins Umland verlagert haben, weil dort der Grund billiger ist und weil man sich dort das Eigenheim mit einem Garten und einem kleinen Swimmingpool leisten kann, aber der Frage gleichgültig gegenübersteht, wie die Leute zu ihrem Arbeitsplatz kommen, dann erfährt man das, was man jeden Tag auf den Straßen und Autobahnen rund um Wien sieht, nämlich dass nichts mehr geht.
Wenn jeden Tag 270.000 bis 280.000 Personen einpendeln, dann muss in Niederösterreich auch klar sein, dass man dort nicht nur die Verantwortung dafür trägt, dass diesen Menschen in den Ortschaften und Gemeinden Baubewilligungen zur Verfügung gestellt werden, sondern auch dafür, dass die Leute sinnvoll zu ihrem Arbeitsplatz kommen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Im Hinblick darauf werden wir darüber nachdenken müssen, vielleicht auch eine andere Organisation der Politik zu schaffen, damit diese Verantwortung nicht an den Landesgrenzen aufhört. - Das gehört jetzt nicht zu dieser heutigen Debatte, aber ich denke mir, dass unser jetziges Politikmodell offensichtlich nicht geeignet ist, dass solche Fragen ohne diesen schädlichen Lokalpatriotismus und gewisse Egoismen gelöst werden.
Daher also auch ein dringender Appell nach Niederösterreich: Ja. Man kann sich wünschen, dass die U-Bahn nach Klosterneuburg fährt. Ja. Man kann sich wünschen, dass es eine Ausdehnung der Zone 100 gibt. Dann muss man aber auch einen entsprechenden Anteil dafür zahlen, und das ist eindeutig die Aufgabe der niederösterreichischen Politik! Das soll man in der Debatte auch nicht verschweigen, weil das auch ein Teil der Wahrheit ist, meine Damen und Herren! (GR Dominik Nepp: Bisher haben Sie sich nicht durchgesetzt!)
Nein, wir haben uns nicht durchgesetzt, das sage ich ja auch! Vielleicht würden wir uns mehr durchsetzen, wenn auch in Niederösterreich mehr Sozialdemokraten munter werden! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Vielleicht! Probieren wir es einmal aus! Aber ich gebe zu, Kollege: Ja. Wir haben uns nicht durchgesetzt, weil dort jemand sitzt, der Nein sagt. Und so lange die dort Nein sagen und kein Geld für diesen wichtigen Teil des Lebens hergeben, wird es auch nicht gehen.
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