Gemeinderat, 18. Sitzung vom 16.12.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 99
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Taucher. Ich erteile es ihm.
GR Mag. Josef Taucher (SPÖ): Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter!
Meiner Meinung nach ist heute ein guter Tag für Wien, ein guter Tag für die Demokratie, weil wir einen Schritt weitergekommen sind. Einige meiner Vorrednerinnen haben es schon angesprochen: Dieser Masterplan Partizipation ist uns ja nicht sozusagen gestern aus dem Ärmel gefallen, sondern wir haben jetzt schon länger daran gearbeitet. (GR Mag. Manfred Juraczka: Ein bisschen schon ...)
Sie haben nicht mitgearbeitet, aber wir haben schon länger daran gearbeitet, hier ein Modell zu entwickeln, und dieses auch in öffentlichen BürgerInnenveranstaltungen sozusagen zurückgespielt, schon den ersten Entwurf. Ich habe jetzt schon die sechste Version dieses Masterplans für eine partizipative Stadtentwicklung.
Wir haben das in der Urania vorgestellt. Irgendeine meiner Vorrednerinnen hat gemeint, dann hat man nichts mehr gehört. In der Planungswerkstatt hat es danach auch Diskussionen dazu gegeben. Es hat Online-Foren gegeben, dazu Blogs und, und, und. Es ist also sehr viel gesammelt worden.
Wir haben diesen Masterplan zum Teil auch mit Siedlervereinsobleuten abgestimmt und mit der Plattform oder mit der Aktion 21 - früher hat sie Plattform Wiener BürgerInneninitiativen geheißen, jetzt Aktion 21 - ebenfalls abgestimmt. Ich habe viele Gespräche mit denen gehabt. Es ist also nicht so, dass wir das im Kämmerchen entwickelt haben oder von heute auf morgen, sondern es war ein langer und auch hier schon partizipativer Beteiligungsprozess, wie dieser Masterplan entstanden ist. Das zum Ersten.
Dass man sagt, es ist zu wenig - klar, weißt eh, es ist wie beim Fleischhauer: Darf's ein bisserl mehr sein, ein bisserl mehr ins Brot hinein? Das ist, glaube ich, zu kurz gegriffen. Wir haben in den Blogs und aus den Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger, die sich beteiligt haben - ich rede hier nicht von der Bürgerschaft, so wie „die Bürger“, wie die FPÖ das immer nennt: „die Bürger“. Sie reden ja auch immer nur von bestimmten Gruppen. Natürlich haben da auch nur bestimmte Gruppen teilgenommen, weil nie 1,8 Millionen Menschen an solchen Prozessen teilnehmen, sondern halt Multiplikatoren, Interessierte, und so weiter.
Da ist es ganz klar: Einer der wichtigsten Punkte ist die Information gewesen. Sie wollen informiert werden. Es ist ja heute auch von meinem Vorredner gekommen. Die Leute sagen: Wie kommen wir Anrainer dazu? Wir wissen überhaupt nichts, und warum sagt uns keiner etwas? Jetzt wird da schon wieder gebaut, und dann wird eine Straße gebaut. Manche Anrainer sagen, ui, da wird ein Baum gepflanzt, meine Aussicht ist nicht gut! Also, die Information ist das Hauptproblem für viele Menschen in der Stadt, nämlich immer nur dann, wenn sie selbst betroffen sind.
Auch darauf geht der Masterplan ein, indem er die frühzeitige Information der AnrainerInnen in einem Umkreis von 500 m ab den Grenzen des Bauprojektes oder der Widmungsgrenze einbezieht und diese Haushalte sozusagen auch anschreibt. Also das Informieren ist ganz, ganz wesentlich. Das schreiben wir hier fest, und damit erfüllen wir einen Bürgerinnen- und Bürgerwunsch in dieser Stadt: Informationsweitergabe!
Zweitens sagt man: Na ja, jetzt gibt es eine Flächenwidmung, jetzt habt ihr mich informiert, ich habe überhaupt keine Vorstellung, wie das dann ausschauen soll. Oder wer kann schon einen Plan lesen? Es beschäftigt sich ja nicht jeder so wie wir mit Plänen. Dann gibt es Planungsausstellungen. Ich bin jetzt also schon in dieser Beteiligungsschleife, die meine Kollegin Jennifer Kickert angesprochen hat, in diesem Dreischritt: Informieren, Beteiligen und Rückmelden.
Das heißt, es gibt Planungsausstellungen vor Ort, Infopoints vor Ort. Das haben wir auch schon erprobt, denn der Masterplan Partizipation ist ja für die MA 21 Stadtplanung jetzt schon eine interne Richtlinie, wie sie bei vielen Dingen handelt. Also auch das haben wir erprobt. Die Leute können hinkommen, können sich Projekte anschauen, können dort Feedback geben, und sie bekommen natürlich auch Rückmeldung zu diesem Feedback. Also Dreischritt: Information, Einladen/Mitreden, Rückmeldung. Das ist diese Schleife, die da drinnen ist - nur zum Verständnis.
Was hier in der Diskussion wirklich frappant ist, ist, wie dieser Begriff Beteiligung unterschiedlich verwendet wird; ich will es einmal sanft ausdrücken. Die einen, wie Frau Olischar, verwenden ihn für direkte Demokratie, die anderen für Mitbestimmung, die Dritten für Mitplanung. Das ist also alles in diesem Beteiligungsbegriff drinnen.
Das ist nicht immer ganz richtig, auch weil man viel hineinpackt. Wir wissen schon, dass unsere Demokratie wichtige Säulen hat, also die direkte Demokratie oder die repräsentative Demokratie wie wir hier. Diese informellen Beteiligungsmethoden, wie wir sie heute nennen, Partizipation oder Beteiligung, das ist schon sozusagen eine dritte Säule in der Demokratie. Das ist jetzt also nicht eine Volksbefragungssäule, wie sie in der Verfassung da oder dort verankert ist oder wie man sie auch in Wien verankert hat - na ja, die Juristen und die Verfassungsrechtler werden das wissen -, hier geht es um freiwillige Möglichkeiten der Information, der Mitsprache und auch der Rückmeldungen. Ich glaube, das sind Basiskriterien, wie man in einer modernen Demokratie im 21. Jahrhundert mit Bürgerinnen und Bürgern umgeht.
Dass das dann noch zu wenig sein kann, da bin ich Ihrer Meinung. Es kann sozusagen immer zu wenig sein. Dass es manchmal auch nicht funktioniert, bin ich auch Ihrer Meinung. Wir beschreiben das ja auch im Masterplan sehr gut. Dort, wo wir frühzeitig beteiligen und wo es frühzeitig einen Prozess des Dialogs gibt - vielleicht muss man da noch etwas einfügen, Frau Kickert hat es ohnehin gesagt, sozusagen einen Dialog auf Augenhöhe -, auch das hat sich, glaube ich, im 21. Jahrhundert geändert.
Ich kann mich erinnern, wie ich anfangs in die Politik gekommen bin, waren das sozusagen Top-down-Kommunikationen: Da ist irgendwer oben auf einem
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