Gemeinderat, 16. Sitzung vom 25.11.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 26
einen Seite einen Chef und auf der anderen Seite stehen sie mit einem Bein letztendlich immer im Gefängnis, weil das Risiko zu groß ist. Sie haften persönlich (Beifall bei den NEOS.), und das ist in Wien auch einzigartig. In anderen Städten, weil wir letztens auch einmal von Stockholm gesprochen haben, ist das nicht so. Da übernimmt die öffentliche Hand auch dieses Risiko. Das haben wir in Wien nicht. Dadurch entsteht natürlich auch eine Art von Zwei-Klassen-Gesellschaft, die ein unterschiedliches Risiko hat. Auch darüber müssen wir sprechen.
Wenn Sie gesagt haben, na ja, am Personalstand hat sich nichts geändert. Da haben Sie vollkommen recht, an den Köpfen nicht. Aber es hat sich sehr wohl etwas im Bereich der Arbeitszeitäquivalente geändert. Das ist ja ein Thema, mit dem bin ich ja auch schon öfters in Diskurs mit der Frau Stadträtin gewesen, das Thema der Ärztearbeitszeiten vor und nach der Umstellung. Da haben wir unterschiedliche Meinungen. Letztendlich muss man auch sagen, auch der Rechnungshof hat gesagt, eigentlich konnte der KAV diese Zeiten mit den bestehenden Systemen gar nicht erfassen. Eigentlich ist die Qualität dieser Daten sehr mäßig. Das ist auch eines meiner Probleme, über das wir diskutieren müssen, denn wenn wir Planungen auf Basis von mäßigen Daten machen, dann wird es in Zukunft vielleicht nicht so funktionieren, wie wir uns das vorstellen. Durch diese mäßigen Daten bei der Anzahl der Stunden, die Ärzte konkret im Spital verbringen, kommen wir eben auf diese Differenz von knapp 25.000 Arbeitsstunden pro Woche, und das ist natürlich ein Unterschied. Die Köpfe sind die gleichen, das ist richtig. Aber die Arbeitsleistung muss trotzdem erfüllt werden. Insofern geht sich das unterm Strich nicht aus.
Ein zweiter Punkt. Auch wenn ich über einen Masterplan, über ein Spitalskonzept 2030 spreche, brauche ich natürlich valide Ausgangsdaten. Aber wir haben auch keine konkrete Erfassung jeder Art von medizinischer Dienstleistung in den Ambulanzen, weil es natürlich gedeckelt ist. Das heißt, wir wissen eigentlich in Wirklichkeit nicht genau, welche Art von Dienstleistungen wo wie erbracht werden, und da, meine ich, ist es natürlich schwierig, dann auch Planungen zu machen. Das ist etwas, was ich durchaus sehr vielen externen Beratern vorwerfe, und das ist genau das Problem, wo dann die Mitarbeiter vor Ort sagen: Aber das stimmt ja in der Praxis nicht, das läuft bei uns ja so nicht, das funktioniert ja so nicht, unsere Prozesse schauen ja ganz anders aus. Darüber müssen wir reden. Das ist etwas, was ich eben massiv kritisiere, dass diese Menschen vor Ort dann in die Evaluierung dieser Konzepte in der Form, wie es eigentlich notwendig wäre, einfach nicht mit einbezogen werden. Das ist auch ein Punkt, wo ich sage, ja Masterplan, Spitalskonzept 2030, die Richtung mag zwar stimmen. Aber ich halte es für extrem wichtig, dass wir im jetzigen Zustand auch eine Evaluierung machen und sagen, okay, wo stehen wir tatsächlich, können wir diese Kapazitäten in der Form auch tatsächlich umsetzen, passt das? Denn das, was eben passiert, und das kritisiere ich massiv, ist, wir schieben das massiv in den privaten Bereich hinaus. Sie stehen hier und sagen: Wir wollen eine öffentliche Gesundheitsversorgung. Wir wollen nicht privatisieren. Aber Sie tun genau das! Sie tun genau das, weil wir eben keine Finanzierung aus einer Hand haben. Ich weiß schon, das ist nicht Thema des Landes Wien. Das ist ein Bundesthema. Allerdings, Beate Meinl-Reisinger hat es zuerst schon erwähnt, über das diskutieren wir die ganze Zeit und wir müssen diesen Gordischen Knoten letztendlich durchschlagen. Wir können es uns in dieser Form nicht leisten. Daher werden wir hier auch einen Antrag einbringen, wo es darum geht, dass man Wien als Modellregion nutzt, um die Finanzierung aus einer Hand auch entsprechend modellhaft zu gewährleisten und ich sage einmal, in einem ersten Schritt, nicht komplett, aber in einem ersten Schritt, wo zumindest der Bereich der Spitalsambulanzen und der niedergelassene Bereich, also die extramurale Versorgung, aus einem gemeinsamen Topf finanziert werden. Warum? Weil Spitalsambulanzen und der extramurale Bereich ja kommunizierende Gefäße sind. Die einen versuchen, die Patienten dort abzuschieben und umgekehrt. Für die Kassen ist es natürlich bequem zu sagen: Bitte geht’s in die Spitalsambulanz, dann kostet mich das nichts, weil für die ist das gedeckelt. Und genau das kann es ja nicht sein. (Beifall bei den NEOS und von GRin Ingrid Korosec.)
Das heißt, wir haben ein Gesundheitssystem mit einem Konstruktionsfehler, einem massiven Konstruktionsfehler, einem Webfehler, und wir können nicht so weiter tun und sagen, wir machen da jetzt ein Spitalskonzept 2030, alles wird gut. Wir konzentrieren die Ressourcen, und alles wird gut. Nein, das wird es nicht, weil wir, wenn wir nicht im gleichen Maße den niedergelassenen Bereich, verschiedenste Versorgungseinrichtungen von Einzelpraxen, von Gruppenpraxen, von PHCS, wie immer man sie auch bezeichnet, wenn wir das nicht gemeinsam planen, denken und finanzieren, wird es nicht funktionieren. Das ist mein Kritikpunkt.
Ich möchte allerdings auch positive Beispiele erwähnen. Ein positives Beispiel ist, und das hatten wir Anfang der Woche auch im Vorstand des Psychosozialen Dienstes diskutiert, das Pilotprojekt zur Kooperation der KostenträgerInnen im Rahmen der psychiatrischen Versorgung in Wien. Das macht ja genau das, Finanzierung aus einer Hand. Und ich denke, wenn man dieses Beispiel heranzieht, sollte man in Wien auch den nächsten Schritt gehen und sagen, okay, versuchen wir auch genau dasselbe, indem wir den Bereich der Spitalsambulanzen und den extramuralen Bereichen an verschiedenen Versorgungseinrichtungen einmal zusammenfassen. Versuchen wir, das aus einer Hand zu finanzieren. Um das geht es mir. Es geht mir nicht um eine fundamentale Kritik, dass alles schlecht ist, überhaupt keine Rede. Aber ich glaube, dass es Zeit ist, dass wir einmal mit diesen Ausreden, die jahrzehntelang auf Bundesebene, auf Landesebene getätigt werden, aufhören und sagen, okay, wir stellen uns dann ein zukunftsfähiges Wiener Gesundheitssystem vor, das nachhaltig ist, das eine öffentliche Gesundheitsversorgung auch entsprechend sicherstellt in Kooperation mit anderen Gesundheitsein
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