Gemeinderat, 13. Sitzung vom 19.10.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 24
pelt wird. (GR Christian Oxonitsch: Haben Sie sich die Rechnungsabschlüsse zu den Budgets der letzten Jahre angeschaut? In welchem Jahr ist denn das Budget überschritten worden?)
Für das Jahr 2016 steht im Voranschlag drinnen: 341 Millionen EUR. - Mir schwant Böses, wenn das genauso streng vollzogen wird wie im Jahr 2015. (Beifall bei der ÖVP. – GR Christian Oxonitsch: Aber wo ist das Budget, das überschritten worden ist? In welchem Jahr?)
Ein weiteres großartiges Rechenbeispiel ist die Veranschlagung der Kosten für die Grundversorgung 2016. Da wurden nämlich 47 Millionen veranschlagt, und trotz aller Warnungen, auch von unserer Seite, dass das angesichts der Flüchtlingswelle wahrscheinlich nicht ausreichen wird (GR Christian Oxonitsch: Das kann immer sein!), ist gesagt worden: Nein, nein, das wird schon alles passen! - Insgesamt werden es jetzt wohl zirka 116 Millionen EUR sein, die die Stadt Wien heuer aufwenden muss, auch wenn das Innenministerium 60 Prozent des Gesamtbetrags bezahlt, denn insgesamt wird es wohl um die 290 Millionen EUR kosten. Das ist eine Verschätzung um 100 Prozent! Ganz ehrlich: Die Risikomanager bei Lehman Brothers haben es auch nicht viel besser gemacht. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Es ist umgekehrt: Wir zahlen 40 Prozent! Ist die Stadt Wien schuld am Syrien-Krieg, oder wie?)
Und schließlich zum Thema Mindestsicherung: Wenn für 2015 bereits 544 Millionen EUR aufgewendet werden mussten, ist es doch ein bisschen fahrlässig, für 2016 lediglich 535 Millionen vorzusehen. Das haben wir damals schon gesagt. Und als die Zahlen für das 1. Halbjahr da waren, haben wir gesagt, okay, das wird wohl doppelt so viel werden, wie es bereits im 1. Halbjahr war. - Und da ist uns noch gesagt worden, das könne man nicht einfach verdoppeln.
Realitätsverweigerung pur, meine Damen und Herren! Denn es stimmt zwar, man kann es nicht einfach verdoppeln, weil es sich noch mehr als verdoppelt hat, auf 664 Millionen EUR. - Verschätzt um 130 Millionen EUR! Das ist keine Kleinigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Leider Gottes ist Rot-Grün damit auch verantwortlich für das Scheitern einer an sich guten sozialpolitischen Idee gewesen, denn die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ja eigentlich ein Konstrukt, das wir auch befürwortet und begrüßt haben. Auch Sie, Frau StRin Wehsely, die Sie dafür zuständig sind, haben ja damals bei der Einführung gemeint: „Das ist auch das Ziel der Mindestsicherung, nämlich dass sie ein Trampolin ist, ein Trampolin in Richtung Selbstständigkeit, und Selbstständigkeit wird durch Beschäftigung erreicht.“
Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Bei der Einführung haben diverse Experten, auch von der ÖVP, darauf hingewiesen, dass Missbrauchsgefahr besteht, wenn man nicht genügend kontrolliert. Das IHS hat damals gemeint, „mehr Druck auf Drückeberger“, dann könnte das funktionieren. Leider Gottes haben sich die Befürchtungen bewahrheitet. Das Beispiel von der Familie, die von Salzburg nach Wien gezogen ist, weil sie in Wien mehr fürs Nichtstun bekommt als in Salzburg fürs Arbeiten, ist mittlerweile eh schon allgemein bekannt. 77 Prozent bekommen die Mindestsicherung übrigens auf Transferleistungen aufbezahlt, nicht auf Erwerbseinkommen. Und Wien ist ein Bundesland, wo die Bezieher der Mindestsicherung deutlich länger in dieser verweilen als überall sonst. Mit 50 Prozent hat die Stadt Wien einen extrem hohen Anteil an Mindestsicherungsbeziehern, die diese über 20 Monate und länger beziehen.
Die Mindestsicherung ist unter Rot-Grün damit vom Sprungbrett zur Hängematte geworden, vom Sprungbrett in den Arbeitsmarkt zum arbeitslosen Grundeinkommen. Und das nicht unabsichtlich, sondern, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, vorsätzlich, wie ich Ihnen das letzte Mal schon gesagt habe, denn bei der Einführung hat GRÜN nämlich dagegen gestimmt, gegen die Mindestsicherung, und zwar mit dem Argument, dass sie zu niedrig ist. Ihr Ziel haben Sie vollkommen erreicht: Die BMS ist zu einem arbeitslosen Grundeinkommen verkommen, und die SPÖ hat sich entweder zu 100 Prozent über den Tisch ziehen lassen oder freudig mitgemacht. Jedenfalls: Eine Schande für eine ehemalige Arbeiterpartei! Denn: Wie wollen Sie den fleißigen Wienern und Wienerinnen erklären, dass man, wenn man hart arbeiten geht, fast genauso viel bekommt wie jene, die nichts tun? - Das ist nicht gerecht, auch nicht sozialpolitisch, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – GRin Mag. Barbara Huemer: Zahlen Sie bessere Löhne!)
Diese Art der Praxis von Rot-Grün führt nämlich auch dazu, dass es zu einer Entsolidarisierung der Steuerzahler mit den Transferleistungsbeziehern kommt. Das senkt die Arbeitsbereitschaft und zerstört damit den Sozialstaat - eine Errungenschaft, für die wir doch alle kämpfen sollten. Wer arbeitet, sollte nicht der Dumme sein!
In Wien ist jedoch genau das passiert. Und die Tatsache, dass die Mindestsicherung jetzt noch um 130 Millionen EUR mehr kostet als budgetiert, war ja einer der ausschlaggebenden Punkte für diesen Sondergemeinderat. Weiters: Verdoppelung der Neuverschuldung, Grundversorgung, Mindestsicherung - einige Beispiele aus dem vergangenen Jahr.
Wenn man noch weiter zurückschaut, wird es noch trauriger. Da gab es beispielsweise die Frankenkreditkrise: Um 300 Millionen EUR ist die Verschuldung der Stadt von einem Tag auf den anderen angewachsen, und dann wurde gesagt, diese Verluste entstehen ja nur auf dem Papier. - Also ich weiß nicht, ich habe vor Kurzem dem Film „The Big Short“ gesehen. Da geht es um die Finanz- und Wirtschaftskrise, wie diese entstanden ist. Dort sind ähnliche Aussagen gefallen, von Merrill Lynch bis hin zu Lehman Brothers. Also ganz ehrlich, da brauchen Sie sich nicht zu genieren, das geht genau in dieselbe Richtung.
Und bevor Sie jetzt sagen, das sei alles falsch, das alles stimme überhaupt nicht: Ich weiß, was Sie uns in Kürze sagen werden als Begründung, warum das alles so gekommen ist: Weil nämlich Wien wächst - deswegen wächst die Verschuldung -, das Wirtschaftswachstum geringer ist als angenommen und weil wir uns aus der Krise herausinvestieren müssen, aus jener bösen Krise,
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