Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 98
Frau Stadträtin? Irgendwann einmal muss man doch vielleicht auch nachdenken: Na ja, vielleicht bin ja auch ich schuld? Nun weiß ich zwar, dass bei einem Streit nicht immer nur einer schuld ist, aber immer, wenn es darum geht, einen Schuldigen zu suchen, ist es nie die Frau Stadträtin.
Damit komme ich jetzt zum Nächsten, zum Management im Krankenanstaltenverbund. Das ist ja ebenfalls, um das jetzt einmal sehr nett zu formulieren, heillos überfordert. Wir finden dort jeden Tag einen neuen Managerposten. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: So?) Dort funktioniert überhaupt nichts, meine Damen und Herren. Vom Krankenhaus Nord haben wir heute schon gehört. Im Jahr 2006 hat man uns noch erzählt, spätestens 2011 oder 2012 würde dieses Krankenhaus eröffnet werden. Ein Jahr später waren wir dann bei Jahr 2013 oder 2014. Meine Damen und Herren, wir haben heute das Jahr 2016, aber von der Eröffnung sind wir weit entfernt. Nach derzeitigem Routenplan soll im Jahr 2018 eventuell eröffnet werden. Ich gehe davon aus, dass wir es in dieser Legislaturperiode nicht mehr zusammenbringen. Und wer ist dieses Mal schuld? Wieder jeder, irgendwer, kein Mensch, nur die Frau Stadträtin wie immer nicht.
Oder kommen wir zum nächsten Problem: Die stundenlangen Wartezeiten in den Ambulanzen. Wir haben heuer im Frühjahr teilweise Wartezeiten in Ambulanzen von 16 Stunden erleben müssen. Wir haben heute erleben müssen, dass wieder einmal alle schuld waren. Im Frühjahr haben, wenn ich mich recht erinnere, die Ferien herhalten müssen, weil man es da einfach nicht zusammengebracht hat, das Personal anzustellen, wo es gebraucht wird. Es kann doch wohl nicht sein, dass irgendwann einmal die Ferien schuld sind, dann der Mann im Mond schuld und was weiß denn ich, wer schuld ist, nur Sie, sehr geehrte Frau Stadträtin, nicht schuld sind. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe jetzt aktuell einen Fall am Schreibtisch liegen. Da hat jemand vor Kurzem, sprich, vorige Woche, in einer Augenambulanz neun Stunden gewartet. Also das sind ja Probleme, die noch immer da sind. Und Sie wollen mir jetzt hoffentlich nicht erklären, dass wir noch immer in der Ferienzeit sind. Sie werden es uns wahrscheinlich erklären, und wieder einmal wird jeder schuld sein, wie gesagt, nur nicht Sie.
Oder, wo wir heute ja ebenfalls schon waren, bei den Operationsterminen: Wir haben heute die Situation in Wien, dass man auf eine Hüftoperation elf Monate lang warten muss, sehr geehrte Frau Stadträtin. Sie nicken mit dem Kopf, Sie wissen ja ganz genau, dass es so stimmt. (Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ich nicke nicht mit dem Kopf, ich schüttle den Kopf!) Es ist unglaublich! Sie streiten heute mittlerweile auch nicht mehr ab, dass es Gangbetten gibt. Bis vor Kurzem haben Sie ja immer erzählt, das gibt es alles nicht; mittlerweile sagen Sie, ja, die Gangbetten sind zur Regel geworden. - Ja, das wissen wir, leider Gottes.
Oder das Pflegepersonal in Wien, das jetzt plant, eine eigene Gewerkschaft zu gründen, oder die Hebammen, die fehlen. Warum fehlen sie? Weil sie nach Niederösterreich gehen. Und warum gehen sie nach Niederösterreich? Weil sie dort mehr Gehalt erhalten. Sehr geehrte Frau Stadträtin, Sie haben mehr Baustellen als die STRABAG. (Heiterkeit bei der FPÖ. - Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Das war eine coole Wortmeldung!) Aus diesem Grund würde ich Sie ersuchen, meine Damen und Herren, vor allem Sie von der Sozialdemokratie: Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie am Nachmittag unserem Misstrauensantrag zu! - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner ist Herr GR Deutsch zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Christian Deutsch (SPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das Gesundheitssystem in Wien, die gesamte pflegerische und medizinische Versorgung der Bevölkerung ist bei allen Herausforderungen und bei allen Problemen, die es zu lösen gilt, immer noch die Beste in Österreich, wird international geschätzt und beachtet, und das lassen wir uns von Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Sicherheit nicht krankreden. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Einen europaweiten Vergleich brauchen wir auch in keinster Weise zu scheuen. Das Wiener Spitalskonzept, die Spitalsreform 2030 inklusive Medizinischen Masterplan bringt ohne Zweifel tiefgreifende Veränderungen in die Strukturen des Krankenanstaltenverbundes. Aber diese Herausforderungen nehmen wir auch an, um dieses öffentliche Gesundheitswesen längerfristig zu sichern, es zukunftsfit zu machen, das System effizienter zu gestalten, aber letztendlich auch den Kostendämpfungspfad im Sinne einer längerfristigen Finanzierung zu erreichen. Ich stelle fest, dass sich offensichtlich die ÖVP und die FPÖ von dieser bisher eigentlich gemeinsamen Übereinkunft verabschiedet haben.
Dass dieser enorme Transformationsprozess auch zu Schwierigkeiten führt, dass immer wieder in einzelnen Bereichen nachjustiert werden muss, ist ja nichts Neues bei der Aufgabe, die hier in Angriff genommen wurde. Das liegt ja auf der Hand und überrascht auch nicht. Die Frage ist nur, Kollege Seidl, wie man damit umgeht; ob man nämlich wie die ÖVP und FPÖ das Gesundheitswesen dafür verwendet, um zu skandalisieren (GR Wolfgang Seidl: Es ist ein Skandal!), die Bevölkerung zu verunsichern, um dann sagen zu können, die Bevölkerung ist verunsichert; oder ob man, wie es die Stadtregierung tut, vor allem danach strebt, der Bevölkerung die bestmögliche pflegerische und medizinische Versorgung zu geben und Probleme zu lösen.
Aber es ist doch beachtlich, wenn der Herr StR Blümel hier jetzt einen Baustopp für das Krankenhaus Nord fordert. Wie Sie das ökonomisch begründen, würde mich im Detail noch interessieren. (StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Bei Skylink war genau dasselbe Problem, dasselbe Thema!) Offensichtlich sind Sie daran interessiert, dieses Spitalskonzept 2030 zum Scheitern zu bringen und letztendlich das investierte Geld in den Sand zu
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